Detaildaten zu Beinträchtigungen: FFH-Arten

Kammmolch - Triturus cristatus

Natura 2000-Code: 1166; Bearbeitungstand: III

Wirkfaktorengruppe: 4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
Wirkfaktor: 4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
Relevanz des Wirkfaktors:  regelmäßig relevant - besondere Intensität (3)

     Auswertekategorien:

  1. Empfindlichkeiten/Wirkungen (7)
  2. Regenerationsfähigkeit (0)
  3. Prognosemethoden (6)
  4. Relevanzschwelle (3)
  5. Erheblichkeitsschwelle (2)

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4. Relevanzschwelle

4.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Soweit die Art und deren Habitate nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen zu bewahren oder zu entwickeln sind, wird die Relevanzschwelle grundsätzlich bei jeder Barrierewirkung zwischen Teilhabitaten im Gebiet überschritten. Gleiches gilt, soweit eine projektbedingt erhöhte Mortalität eintreten kann.

Im Einzelfall gilt dies auch bei Zerschneidungswirkungen (Barriere und/oder Mortalität) zwischen dem Schutzgebiet und seiner Umgebung, wenn Hinweise auf dort vorkommende wesentliche Teillebensräume bzw. Teilbestände mit räumlich-funktionalen Beziehungen zum Gebiet vorliegen, sowie bei Zerschneidungswirkungen zwischen dem Schutzgebiet und anderen Schutzgebieten.

Für die Beurteilung einer etwaigen Betroffenheit von Beständen im Gebiet, sind Mobilität, Aktionsradien bzw. Ausbreitungspotenzial der Art zu berücksichtigen. Dabei sind die verschiedenen räumlich-funktionalen Beziehungen zwischen Teilhabitaten bzw. die unterschiedlichen Wanderbewegungen zu unterscheiden.

Um eine erhebliche Beeinträchtigung durch ein Vorhaben mit der rechtlich gebotenen Sicherheit ausschließen zu können, sind i. d. R. die oberen Angaben zu (saisonalen) Wanderleistungen heranzuziehen und auf die potenziell geeigneten Lebensräume im Untersuchungsgebiet zu übertragen. Vorhaben, die in größerem Abstand als diesem "Aktionsradius" geplant sind, können i. d. R. zu keinen relevanten Zerschneidungswirkungen führen.

Literaturangaben als Orientierungswerte für Aktionsräume, Wanderdistanzen bzw. Ausbreitungspotenzial sowie zu Flächenansprüchen sind - soweit für die Art nach aktuellem Auswertungsstand verfügbar - separat unter "Raumbedarf und Aktionsräume von Arten" zusammengestellt.

Qualifizierung der Quelle: E



4.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Bei der Bewertung von Literaturangaben für Aktionsräume und Wanderdistanzen ist zu differenzieren zwischen "Aktionsdistanzen" (Distanz zwischen den beiden am weitesten voneinander entfernten Fundorten), Mittelwerten für die Population oder bislang beobachteten Maximalwerten einzelner Individuen sowie der Tatsache, dass die Mobilität von der Feuchtigkeit bzw. der Niederschlagsmenge während der Untersuchungsperiode abhängig sein kann, aber auch vom Geschlecht und vom Alter (Jungtiere wandern oft weiter als Adulte). Weiter muss berücksichtigt werden, ob sich die Angaben auf Aktionsräume während mehrjähriger Untersuchungen oder auf Wanderdistanzen zwischen Laichgewässern während einer einzigen Fortpflanzungsperiode beziehen.

Qualifizierung der Quelle: E



4.03 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Die Mobilität des Kammmolchs ist im Durchschnitt vergleichsweise gering, wobei die in der Literatur genannten Werte nach der Zusammenstellung von Meyer (2004:186f.) meist bei 200 m und darunter zwischen Laichgewässern liegen. Weitwanderungen sind jedoch selten untersucht und dokumentiert, bislang bekannte Maximaldistanzen liegen bei 1.290 m, selbst Jungtiere wurden bei Wanderungen bis zu 860 m beobachtet.

Rimpp (2007:222) zitiert Untersuchungen, wonach einerseits adulte Kammmolche über Distanzen von bis zu 500-800 m zu ihrem angestammten Gewässer zurückkehren; anderere Untersuchungen zeigten aber auch, wonach neu angelegte Teiche, die mehr als 400 m von bestehenden Vorkommen entfernt sind, durch Kammmolche nicht angenommen wurden.

Nach Hachtel et al. (2006) zeigt der Kammmolch eine hohe Laichplatztreue.

Qualifizierung der Quelle: E


5. Erheblichkeitsschwelle

5.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Die Beeinträchtigungsintensität resultiert einerseits aus der artspezifischen Empfindlichkeit und andererseits aus der Intensität der Barrierewirkung bzw. Mortalität. Unterschiedliche Intensitäten können auch auf die funktionale Differenzierung verschiedener betroffener Teilhabitate zurückgehen.

Die absolute und relative Dimension der Barriere- oder Fallenwirkung sind wesentliche Größen der Beurteilung. Hierbei ist der Bezug sowohl zur (Teil-)Habitatfläche wie auch zu Größenordnungen bzw. Anteilen betroffener Individuen herzustellen.

Wichtig für die Erheblichkeitsbeurteilung sind zudem die funktionale Bedeutung der einzelnen betroffenen Flächen bzw. räumlich-funktionalen Beziehungen sowie die zeitliche Dimension der Beeinträchtigung (Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer).

Soweit die Bestände der Art und ihre Habitate nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen zu bewahren oder zu entwickeln sind, wird die Erheblichkeitsschwelle grundsätzlich bei jeder signifikanten Barrierewirkung zwischen Teilhabitaten im Gebiet überschritten.

Im Einzelfall gilt dies auch bei Zerschneidungswirkungen (Barriere und/oder Mortalität) zwischen dem Schutzgebiet und seiner Umgebung, wenn dort wesentliche Teillebensräume bzw. Teilbestände mit räumlich-funktionalen Beziehungen zum Gebiet vorkommen. Dies gilt gleichermaßen für Zerschneidungswirkungen zwischen dem Schutzgebiet und anderen Schutzgebieten, sofern hier maßgebliche räumlich-funktionale Beziehungen bestehen.

Autobahnen und Bundesstraßen führen aufgrund ihrer Bauweise und ihres Verkehrsaufkommens (ohne weiterreichende Querungshilfen) grundsätzlich zu extrem starken Zerschneidungswirkungen. Aber auch kleinere Straßen können bereits bei relativ schwachen Verkehrsmengen hohe Zerschneidungswirkungen hervorrufen.

Für die Bewertung einer projektbedingt erhöhten Mortalität sind verschiedene artspezifische und populationsbezogene Parameter einzubeziehen. Dazu zählen die natürliche Reproduktionsrate und Sterblichkeit, durchschnittliches Lebensalter der Tiere, Bestandsgrößen und allgemeine Gefährdungssituation (vgl. auch Lambrecht et al. 2004 zu individuenbezogenen Beeinträchtigungen).

Tendenziell sind Arten mit hoher Lebenserwartung und geringerer Reproduktionsrate (K-Strategen) und/oder geringeren Beständen im Schutzgebiet bzw. einer allgemeinen Gefährdungseinstufung und ohnehin negativer Populationsentwicklung stärker beeinträchtigt als Arten mit geringer Lebenserwartung und hoher Reproduktionsrate (r-Strategen) und/oder großen Beständen im Schutzgebiet bzw. einer allgemein weiten Verbreitung und fehlenden Gefährdung in Deutschland.

Bernotat & Dierschke (2021) haben mit dem sog. Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI) ein einheitliches Klassifizierungssystem für die Einstufung von Arten hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit gegenüber zusätzlicher anthropogener Mortalität entwickelt. Über einen gestuften methodischen Ansatz wurden dabei sowohl verschiedene populationsbiologische Parameter wie die Mortalitätsrate, das maximale Lebensalter, das Alter beim Eintritt in die Reproduktion, das Reproduktionspotenzial, die Reproduktionsrate sowie Bestandsgröße und Bestandstrend der Arten als auch verschiedene naturschutzfachliche Parameter wie z. B. der Gefährdungsgrad, die Häufigkeit, der Erhaltungszustand und die nationale Verantwortlichkeit Deutschlands für die Arten berücksichtigt.

Daraus lassen sich nach einem einheitlichen und nachvollziehbaren Bewertungssystem - auch für Planungs- und Prüfungsentscheidungen - Hinweise zur Relevanz und Erheblichkeit des Verlustes einzelner Individuen ableiten. Die Differenzierung des MGI in 6 Haupt- bzw. 13 Unterklassen dient somit dazu, die Bewertung von Mortalitätsrisiken stärker zu objektivieren.

Qualifizierung der Quelle: E



5.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Der Kammmolch (T. cristatus) steht bundesweit auf der Vorwarnliste (Rote Liste V) (Kühnel et al. 2009:264) - vgl. auch die Gefährdungseinstufungen in den jeweiligen Bundesländern (Kühnel et al. 2009:265).

Nach Meyer (2004:184) wird das Höchstalter von Individuen in Gefangenschaft mit 28 Jahren angegeben (Bergmans & Zuiderwijk 1986), das Durchschnitts- und Höchstalter läge in der Natur allerdings wesentlich darunter. Auch die von ihm zitierten Miaud et al. (1993) ermittelten durch skeletochronologische Untersuchungen zwar ein Höchstalter von 17 Jahren, im Durchschnitt lag das Alter jedoch nur bei 4-5 Jahren.

Bernotat & Dierschke (2016) haben die Art im Mortalitäts-Gefährdungs-Index in die MGI-Klasse III.7 eingestuft, was einer "mittleren" Mortalitätsgefährdung entspricht.

Qualifizierung der Quelle: E



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Reports: aktueller Wirkfaktor   aktuelle Wirkfaktorengruppe   alle Wirkfaktoren
 

Qualifizierung der Quellen für FFH-Arten

Averallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art
Bin der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall
Cin der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird
Din der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe
Eeigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung)
Fkeine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt

Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"

-bislang noch nicht bearbeitet
Iderzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden
IIzudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden
IIIzudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden
ihre meinung

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dirk.bernotat@bfn.de