Auswahl: Wirkfaktoren


Wirkfaktorengruppe

Definition - Wirkfaktoren

3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren >> 3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes

Sämtliche physikalischen Veränderungen, z. B. von Bodenart / -typ, -substrat oder -gefüge, die z. B. durch Abtrag, Auftrag, Vermischung von Böden hervorgerufen werden können. Derartige Veränderungen des Bodens bzw. Untergrundes sind regelmäßig Ursache für veränderte Wuchsbedingungen von Pflanzen und folglich der Artenzusammensetzung, die einen Lebensraumtyp standörtlich charakterisieren. Darüber hinaus können bestimmte Bodenparameter auch maßgebliche Habitatparameter für Tierarten darstellen.

Die vollständige Beseitigung des Bodens (z. B. durch Versiegelung) wird unter Wirkfaktor 1-1 erfasst. Ebenso werden morphologische, stoffliche, hydrologisch-hydrochemische oder mechanisch bedingte Veränderungen bei den entsprechenden Wirkfaktoren berücksichtigt.

Vertiefende Ausführungen - Wirkfaktoren

3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren >> 3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes

Der Untergrund bzw. Boden bildet sowohl im terrestrischen wie auch im aquatischen (z.B. SCHLEUTER & TITTITZER 1988) und semiaquatischen Bereich entscheidende Rahmenbedingungen für die Ausbildung bestimmter Lebensraumtypen sowie die Besiedlung durch Tiere und Pflanzen. Veränderungen sind hier in den meisten Fällen relevant.

RASSMUS et al. (2003: 56 ff.) schreiben z. B.: "Durch Bodenabbau oder Bodenüberdeckungen werden ggf. Bodenschichten bzw. Bodenmaterial an der Bodenoberfläche exponiert, die gänzlich andere physikalische, chemische oder biologische Eigenschaften aufweisen als die natürlicherweise anstehende oberste Bodenschicht. Die Folgen können z. B. erhöhte Erosionsanfälligkeit, verringerte Infiltrationskapazität und verringerte Wasserspeicherung sein. Auch Veränderungen der Bodenschichtungen unterhalb des obersten Bodenhorizonts können zu Veränderungen des Wasser-, Stoff- und Lufthaushalts führen [...]".

Die meisten Lebensvorgänge im Boden spielen sich in den oberflächennahen Bereichen bis zu einer Tiefe von etwa 20-30 cm ab. Diese Bereiche sind daher für die Bodenfunktionen von ausschlaggebender Bedeutung, gleichzeitig sind sie dem Einfluss von Störungen am unmittelbarsten ausgesetzt (aber auch Veränderungen in bzw. bis in tiefere Bereiche können - z. B. durch Änderungen des Wasserspeichervermögens- und -abflussverhaltens - erhebliche Auswirkungen haben).

Es ist seit langem bekannt und hinreichend belegt, dass zahlreiche Tiere und Pflanzen spezifische Anforderungen an Bodenparameter oder die durch diese bedingte Artenzusammensetzung bzw. Struktur der Vegetationsdecke stellen. Dies gilt einerseits natürlich für die im Boden lebenden (hemi- und euedaphischen) Arten. So bilden Milben auf Sand-, Lehm- und Torfböden deutlich verschiedene Zönosen aus (z. B. CURRY 1978), Leitarten der Protozoenfauna wurden zur Differenzierung von Bodentypen und -arten eingesetzt (z. B. FOISSNER 1987). Andererseits ist auch für die Vegetation und oberflächig lebende Tierarten eine starke Bindung an Bodenparameter offensichtlich, deren Ursachen vielfältig sein können (Konkurrenz, Textur, Basengehalt u. a.). Beispiele sind auch in der Datenbank dokumentiert. Bei phytophagen Tierarten besteht oftmals über die Standortansprüche bzw. -toleranzbreite der Fraßpflanzen eine indirekte Abhängigkeit von Bodeneigenschaften.

Die meisten Lebensraumtypen des Anhangs I FFH-RL mit ihren charakteristischen Arten sind auf spezielle Bodenparameter angewiesen, deren Veränderung (z. B. durch Ab- oder Auftrag) zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungszustandes bis hin zum Wegfall des Lebensraumtyps an sich auf der betroffenen Fläche führen können. Beispiele sind Hoch- und Übergangsmoore (Torfböden), Trockenrasen basenreicher Standorte oder Heiden auf entkalkten Sandböden. Hierbei spielen auch das Alter der Böden bzw. die abgelaufenen Prozesse der Bodenentwicklung eine Rolle.

Auch im aquatischen Bereich kann die Veränderung des Substrates einen entscheidenden Einfluss auf die biologischen Funktionen, speziell die Besiedlung durch anspruchsvolle Arten haben. Dies ist z. B. im Rahmen der Untersuchungen zu verschiedenen Maßnahmen der Ufersicherung belegt, bei denen nicht nur Änderungen der Dynamik oder Morphologie, sondern auch direkte Substrateinflüsse (z. B. Lebendverbau, Steinschüttungen) bestehen (s. u. a. TITTITZER et al. 1989). Zu einigen Arten liegen spezifische Untersuchungen bezüglich der Substratansprüche vor (z. B. für die Groppe, s. BLESS 1982).

Die Prognose möglicher Auswirkungen muss speziell auf die Standort- bzw. Habitatansprüche der jeweiligen Lebensraumtypen, charakteristischen Arten bzw. direkt relevanten Arten nach FFH-RL u. VRL abgestellt werden; eine flächenbezogene Quantifizierung wird vorausgesetzt bzw. ist soweit wie möglich zu realisieren. In qualitativer Hinsicht bietet sich - soweit verfügbar - eine Darstellung der präferierten sowie der tolerierten Spannen bezüglich Boden- bzw. Substratparameter an. RASSMUS et al. (2003: 61) schreiben z. B.: "Die Prognose der Lebensraumeignung von neugeschaffenen bzw. umgestalteten Flächen muss im Einzelfall entsprechend den Anforderungen der Zielarten bzw. Zielzönosen erfolgen. Standardisierte Methoden sind nicht verfügbar."
ihre meinung

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