Auswahl: Wirkfaktoren


Wirkfaktorengruppe

Definition - Wirkfaktoren

6 Stoffliche Einwirkungen >> 6-3 Schwermetalle

Sämtliche Arten von Schwermetallemissionen wie Blei, Cadmium, Zink oder Quecksilber, die Pflanzen und Tiere schädigen können. Schwermetalleinträge sind meist an Staubimmissionen (vgl. Wirkfaktor 6-6) gebunden, können in Einzelfällen aber auch auf andere Quellen zurückgehen (z. B. bleihaltige Munition).

Schwermetallverbindungen oder andere Stoffe, die vorrangig endokrin bzw. hormonaktiv wirken, werden unter Wirkfaktor 6-8 (Endokrin wirkende Stoffe) gefasst.

Chemikalien mit dem Einsatzzweck "Bekämpfung von Organismen" werden beim Wirkfaktor 8-3 (Pestizide) behandelt.

Vertiefende Ausführungen - Wirkfaktoren

6 Stoffliche Einwirkungen >> 6-3 Schwermetalle

Schwermetalle resultieren u. a. aus Düngemitteln, Altlasten, Verkehrs- oder industriellen Emissionen (z. B. Müllverbrennung). Durch Ausbau, Vertiefung und Ausbaggerungen von Gewässern können sich vorhandene Belastungsquellen in den Sedimenten reaktivieren. Daneben ist auch die Belastung der Umwelt durch bleihaltige Munition (z. B. Jagd, Schießsport) oder Angelsport (Bleigewichte) relevant.

Schwermetalle sind zum Teil auch natürlicher Bestandteil von Böden und Gesteinen, wobei ein Teil der Schwermetalle als Spurenelemente lebensnotwendig ist. Je nach Art und Menge können sie jedoch auch unterschiedliche toxische Wirkungen auslösen. Schwermetalle können direkte oder indirekte negative Wirkungen auf Lebensräume und Arten ausüben und sich in Böden sowie Organismen akkumulieren. In der Umwelt dominieren als giftige Metalle v. a. Blei (Pb), Cadmium (Cd) und Quecksilber (Hg) (HEINRICH & HERGT 1994: 174f.). Organische Verbindungen wie Triethylblei oder Methylquecksilber sind bedeutend giftiger als anorganische. Blei wirkt auf die roten Blutkörperchen, die glatte Muskulatur und das motorische Nervensystem. Organische Bleiverbindungen wirken neurotoxisch (HEINRICH & HERGT 1994: 174f.), vgl. HARTMANN 2002). Cadmium kann in der Niere angereichert werden und verdrängt Calcium aus der Knochensubstanz. Da Cadmium kanzerogen, teratogen und mutagen ist, müssen auch geringe Cd-Emissionen vermieden werden (HEINRICH & HERGT 1994: 174f.).

Im terrestrischen Bereich wurden u. a. die Einschränkung der Entwicklung von Bodenpilzen bei hohen Kupfer- und Cadmiumgehalten (SCHULLER 1989), toxische Wirkungen auf diverse Gruppen der Bodenfauna wie Regenwürmer (z. B. NEUHAUSER et al. 1985) und damit im Zusammenhang stehende geringere Diversität oder vollständiger Ausfall von Populationen in hoch schwermetallbelasteten Böden (z. B. SCHWAB 1987) festgestellt. "Aus der hoch negativen Korrelation zwischen Blei in Blättern und der Artenzahl an streuzersetzenden Collembolen ist zu schließen, dass empfindlichere Collembolen-Arten höher schadstoffkontaminierte Laubstreu meiden und nur noch wenige robuste Arten übrig bleiben. Blei ist hier wiederum nur als Leitsubstanz für eine allgemeine Kontamination durch akkumulierbare Schadstoffe in der Streu anzusehen" (KEITEL & ZIMMERMANN 1989). IERADI et al. (1996) wiesen eine signifikante Zunahme der Blei- und Cadmium-Belastung in Leber und Niere von Hausmäusen an stark verkehrsbelasteten Straßen nach, parallel dazu eine deutliche Häufung genetischer Schäden bei zunehmender Verkehrsdichte, wobei eine signifikante Korrelation zwischen der genetischen Schädigung und der Cadmiumbelastung belegt werden konnte.

Auf die Belastung der Umwelt mit Bleischrot wurde in einer Reihe von Arbeiten hingewiesen (z. B. MOIJ 1990, SCHEUHAMMER & NORRIS 1995). KRONE et al. (2002) fanden bei der Untersuchung der Todesursache von Seeadlern in einigen Fällen Quecksilber- oder Bleiintoxikationen als Ursache. Dabei wurden u. a. letale Bleiwerte in der Leber von mehr als 30 ppm in Bezug auf das Trockengewicht registriert. Die Autoren schreiben: "Bleivergiftungen sind eine der häufigsten Todesursachen bei Seeadlern in Deutschland (KENNTNER et al. 2001). Die Quellen der Bleivergiftungen sind vermutlich angeschossene Wasservögel (Enten u. Gänse) und an- bzw. geschossene Wildtiere und bleihaltiger Wildaufbruch. Die Seeadler nehmen die bleihaltige Jagdmunition mit der Nahrung (Aas) auf oder jagen angeschossene und dadurch behinderte Tiere als leichte Beute."

Auch im aquatischen Belastungsbereich spielen Schwermetalle eine große Rolle. So wurde die Anreicherung von Schwermetallen mit möglichen toxischen Wirkungen bzw. der Folge von Chromosomenschäden bei Flussmuscheln registriert (s. NAIMO 1995, JAMIL et al. 1999, BADINO et al. 1991). Erhebliche Veränderungen und Verarmungen des Makrobenthos als Folge hoher Schwermetallkonzentrationen wurden in mehreren Arbeiten dokumentiert (z. B. CLEMENTS 1994, DAHMEN et al. 1998). Bereits geringe Abweichungen von der natürlichen Hintergrundkonzentration von Schwermetallen in Gewässern scheinen Änderungen der Zönosen zur Folge haben zu können. "Die Zusammenstellung von NOEC- [Anm.: = no observed effect concentration] bzw. Wirkungsschwellen für Wasserorganismen [...] zeigt, dass die NOEC-Werte für die empfindlichsten Arten im Bereich der Hintergrundkonzentration von Gewässern oder wenig darüber liegen [...]. Zum Schutz der aquatischen Lebensgemeinschaften ist die Belastung der Gewässer mit Schwermetallen so gering wie möglich zu halten" (LAWA 1998: 11). Entsprechend wurden von der LAWA Zielvorgaben zum Schutz aquatischer Lebensgemeinschaften für Schwermetalle entwickelt, wobei festgehalten wird: "Es ist nach heutigem Stand des Wissens davon auszugehen, dass bei Einhaltung der Zielvorgabe eine Beeinträchtigung der aquatischen Ökosysteme in der Regel nicht zu besorgen ist" (LAWA 1998: 11). Für unter dem Blickwinkel von Natura 2000 relevante Arten muss bei der Beurteilung erheblicher Beeinträchtigungen aber ggf. zusätzlich auf spezifische, für diese Arten vorliegende Werte/Anhaltspunkte zurückgegriffen werden, so wie eine artbezogen höhere Sensitivität gegeben sein könnte.

Aufgrund spezieller umweltrechtlicher Vorschriften (insbes. Des Immissionsschutz-, des Bodenschutz - und des Wasserrechts) werden bereits sehr weitgehende Anforderungen z. B. an den Betrieb von Anlagen bzw. die Durchführung von Vorhaben gestellt. Dementsprechend sind regelmäßig bestimmte Emissions- bzw. Immissionswerte einzuhalten, die eine Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen sicherstellen sollen.

Differenzierte gewässerspezifische Qualitätskomponenten bzw. Beurteilungswerte sind auch in den Anhängen der Oberflächengewässerverordnung (OGewV, Stand 20.06.2016) genannt. Diese werden u. a. zur Einstufung des ökologischen Zustands, des ökologischen Potenzials und des chemischen Zustands von Gewässern herangezogen.
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