Erläuterung der Relevanzeinstufung

17 Forstwirtschaft u. Jagd >> Ausbringung von Pestiziden auf/über Waldflächen >> 8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)


Wirkfaktorengruppe:
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen
   
Wirkfaktor:
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)
   
Relevanz des Wirkfaktors: 
regelmäßig relevant (2)


Erläuterungen

Bei der Ausbringung von PSM handelt es sich per se um eine Bekämpfungsmaßnahme (gegen die Schadorganismen). Darüber hinaus sind häufig Nichtzielorganismen, ggf. auch geschützte Insektenarten mit betroffen, sowohl aufgrund einer Breitbandwirkung als auch aufgrund der Verdriftung (Luftdrift, Oberflächenabfluss, Versickerung).

Auch Überdosierungen oder unsachgemäßer Umgang können zur unerwünschten PSM-Ausbringung beitragen, z. B. wenn Restmengen achtlos weggeschüttet oder Geräte in Bächen gereinigt werden.

Häufig sind den Schadorganismen ähnliche Arten betroffen. Beispielsweise bemerkte Pretscher (2000) die Problematik der großflächigen Anwendung von Insektiziden in Hinsicht auf die Vorkommen von seltenen Schmetterlingen im betroffenen Gebiet.

Verschiedene synthetische Insektizide wirken auch auf Nicht-Zielorganismen aus den Gruppen der Spinnen, Wanzen, Ameisen, Wespen, Käfer. Damit steht auch weniger Nahrung für Fledermäuse und insektenfressende Vögel und Säugetiere zur Verfügung.

Häutungshemmer wirken unspezifisch auf die Chitinsynthese von Spinnen, Milben, Krebsen, Tausendfüßlern. Dipel ES (Bti Bacillus-thuringiensis-Toxin) vernichtet auf Blättern und Oberflächen sitzende Raupen von Schmetterlingsarten sowie auch andere Insektenarten und Spinnen.

Auch biologische Präparate, z. B. aus Neemextrakt, wirken generell auf die Arthropodenfauna (z. B. aus den Gruppen der Webspinnen, Käfer, Hautflügler).

Pyrethroide werden als Insektizide eingesetzt und sind allgemein nervensystemwirksam. Besonders giftig sind sie für Wasserorganismen wie Kleinkrebse und Fische, aber auch für Bienen und Wespen (Greenpeace o. J.). Letztere, oft langsam verendende Tiere werden häufig von Vögeln gefressen, wodurch es auch hier zu Schäden kommt.

Insektizide bekämpfen nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge (Nichtzielorganismen) und können damit aufgrund der folgenden fehlenden natürlichen Prädation zu einem vermehrten Verbrauch von Insektiziden führen. Des Weiteren führt der breitflächige Einsatz von Insektiziden zu einem Vorteil für (durch zufällige Mutationen entstandene) resistente Individuen, die sich daraufhin nicht mehr bekämpfen lassen und zu einem Einsatz anderer Insektizide führen können.

Interaktionen mit Prädatoren und Parasiten können die Toxizität von Pestiziden erhöhen (Schmidt 2007). Es wurden auch indirekte und zeitlich verzögerte Effekte beobachtet, z. B. verloren Salamander bei Trockenheit umso mehr an Körpergewicht, je höher die Pestizidkonzentration war, der sie im Larvenstadium ausgesetzt waren.

Mittelbar kann der Verlust von Insekten nach großflächigem Einsatz von Pestiziden zu relevanten Beeinträchtigungen bei Prädatoren (z. B. Vögel, Fledermäuse, Reptilien) führen (UBA & BFN 2018: 12). Bei Vogelarten, für die Schmetterlingslarven Nahrungsgrundlage sind (z. B. als Futter für die Jungvögel), kann dies den Bruterfolg von Vogelpopulationen stark verringern. Solche Herbizide und Insektizide, wie Organophosphate und Carbamate, haben auch in subletalen Konzentrationen schädliche Wirkungen bei Vogelarten, die ihnen besonders während der Reproduktionsphase ausgesetzt sind. Dazu zählen Veränderungen im Hormonsystem, Immunsystem und im Fütterungsverhalten und Reproduktionserfolg (Perritt Cravey 2005).

Auch bei Einhaltung der Anwendungsbestimmungen können beim großflächigen Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen erhebliche Beeinträchtigungen durch die Verknappung des Nahrungsangebots auftreten (UBA & BFN 2018: 13). Bei isolierten oder reliktischen Populationen kann Pestizideinsatz zu bestandesgefährdenden Beeinträchtigungen führen (UBA & BfN 2018: 11f.). Durch das Ausbringen von Pestiziden mit Luftfahrzeugen kann es (v. a. bei unsachgemäßer Anwendung) zu Beeinträchtigungen angrenzender Gebiete kommen (UBA & BfN 2018). Beeinträchtigungen können auch bei Arten auftreten, die Waldflächen als (Teil)Habitate ihres Lebenszyklus nutzen (z. B. Amphibien) und damit auch auf angrenzende Natura 2000-Gebiete wirken (UBA & BfN 2018).

Rodentizide sind durchweg für Säugetiere und Vögel giftig (BVL 2014: 10). Die meisten Rodentizide sind bioakkumulierend und dürfen nur in Köderstationen angewendet werden.


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