FFH-VP-Info

Fachinformationssystem des BfN
zur FFH-Verträglichkeitsprüfung

Stand: 12. Januar 2023
Bundesamt für Naturschutz

Wirkfaktoren des Projekttyps

01 Straßen >> Straßen - Anbau von Fahrstreifen

Bemerkung: Dem Projekttyp werden Ausbaumaßnahmen bei Bundesfern-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen zugeordnet, welche der Schaffung zusätzlicher Fahrspuren dienen (der Anbau seitlicher Standstreifen ist ein gesonderter Projekttyp).

Infolge der Fahrbahnverbreiterung können sich eine Erhöhung der Durchschnittsgeschwindigkeit oder durch den Anziehungseffekt auch ein höheres Verkehrsaufkommen (Verkehrsfluss) ergeben. Als Auswirkungen werden im Folgenden solche aufgeführt, die die Wirkungen der bereits vorhandenen Straße verstärken oder neu hinzukommen.

Zu den möglichen anlagebedingten Vorhabensbestandteilen zählen neben dem Trassenkörper selbst u. a. die im Zuge der Baumaßnahmen ggf. neu angelegten Dammschüttungen; Auftragsböschungen; Einschnittböschungen; Stützmauern; Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen; Brückenbauwerke; Durchlassbauwerke für Wege und/oder Gewässer; Entwässerungseinrichtungen: Gräben, Mulden, Rohrleitungen; Abwasserbehandlungseinrichtungen: Absetzbecken, Regenklärbecken, Leichtstoffabscheider; Einrichtungen zur hydraulischen Wasserrückhaltung: Regenrückhaltebecken, Rückhaltegräben, Stauraumkanäle; Retentionsbodenfilter; Sickerbecken; Anschlussstellen; Park- und Rastanlagen; Unterhaltungswege; Lärmschutzwände oder -wälle; Schutzplanken, Leitpfosten, Wildschutzzäune; Blend- oder Spritzschutzeinrichtungen; Verkehrszeichen bzw. Verkehrsleitanlagen; Beleuchtungsanlagen und Rettungsplätze bei Tunnelbetrieb. Sie stellen z. T. eigenständige Projekttypen dar.

Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. Baustelle bzw. Baufeld, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze, Erdentnahmestellen, Bodendeponien, Baumaschinen und Baubetrieb, Baustellenverkehr und Baustellenbeleuchtung.

Bei den betriebsbedingten Beeinträchtigungen sind zusätzliche oder verstärkte vom Straßenverkehr ausgehende Emissionen relevant (Abriebs- und Auspuffemissionen (Nähr- und Schadstoffe), Lärm, Licht, optische Störwirkungen sowie Erschütterungen). Außerdem kann sich durch den Betrieb der ausgebauten Straße das Kollisionsrisiko erhöhen. Auch die regelmäßige Unterhaltung und die aus der Verkehrssicherungspflicht ggf. resultierende Beseitigung von Tot- oder Altholz in den seitlich angrenzenden Bereichen sind zu berücksichtigen (siehe dazu auch eigenen Projekttyp zu Unterhaltungsmaßnahmen an Straßen).

Wirkfaktoren
Relevanz
Erläuterungen
1 Direkter Flächenentzug
1-1 Überbauung / Versiegelung2 Der Anbau von Fahrstreifen führt durch den Trassenkörper selbst, aber auch aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur Überbauung/Versiegelung von Flächen.

Hinzu kommen baubedingte, meist temporär zur Überbauung/Versiegelung führende Vorhabensbestandteile, wie z. B. Baustelle bzw. Baufeld, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze, Erdentnahmestellen und Bodendeponien (s. unter Bemerkung).
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen2 Der Anbau von Fahrstreifen führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur direkten Veränderung von Vegetations- bzw. Biotopstrukturen.

Durch Querschnittsverbreiterung kommt auch eine Neuanlage der Straßenbegleitflächen hinzu. Dies schließt neben der Beseitigung auch Pflanz- oder sonstige landschaftsbauliche Maßnahmen im Sinne einer Neuschaffung ein (z. B. Straßenbegleitgrün), die lokal zu einer veränderten Pflanzendecke führen. Vorhabensbestandteile, die Gewässer betreffen, sind für die entsprechende Gewässervegetation ebenfalls regelmäßig relevant.

Auch die regelmäßige Unterhaltung ist zu berücksichtigen. Auf den Straßenbegleitflächen werden, wie bereits vor dem Anbau der Fahrstreifen, Vegetationsstrukturen schon aus Gründen der Verkehrssicherheit vom Straßenbau regelmäßig gepflegt. Gehölze werden zur Wahrung des Lichtraumprofils und der Sichtflächen zurückgeschnitten und z. T. vollständig und flächenhaft auf den Stock gesetzt. Bei der Reprofilierung von unbefestigten Seitenstreifen und Gräben wird mit dem Bodenmaterial auch die Vegetationsschicht abgeschoben (FGSV 2006: 19). Relevant ist indirekt auch die aus der Verkehrssicherungspflicht resultierende Beseitigung von Tot- oder Altholz in den seitlich angrenzenden Gehölzbeständen.

Durch Baumaßnahmen kann es zur Verletzung von ober- und unterirdischen Bestandteilen insb. von Bäumen und Sträuchern kommen, was zu Beeinträchtigungen der Vitalität und oft zum letztendlichen Absterben nach einigen Jahren führt.
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik1 Der Anbau von Fahrstreifen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung der charakteristischen Dynamik von Lebensräumen führen.

Die Intensivierung der verkehrlichen Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen kann zu veränderten Nutzungsrhythmen oder zur Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege führen (s. Wirkfaktoren 2-4 bzw. 2-5). Oft handelt es sich auch um Folgeeffekte bestimmter Wirkfaktoren (z. B. die Veränderung der Sukzessionsdynamik infolge einer aufgrund der verstärkten Erschließung intensivierten Nutzung).

Vorhabensbestandteile, die Gewässer betreffen, sind für die entsprechende Gewässerdynamik (in Fließgewässern oder Auen) ggf. ebenfalls relevant (vgl. Wirkfaktor 3-3).
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung1 Der Anbau von Fahrstreifen kann zur Intensivierung der wirtschaftlichen Nutzung von Lebensräumen führen, z. B. wenn die verkehrliche Erreichbarkeit von land-, forst- oder fischereilich genutzten Flächen durch das Projekt direkt oder indirekt erhöht wird. Ggf. wird durch Anbau von Fahrstreifen eine Nutzung mit größeren, schwereren Maschinen ermöglicht.
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege1 Zu einer kurzzeitigen Nutzungsaufgabe infolge des Anbaus von Fahrstreifen kann es insbesondere aufgrund bauprozessbedingter Sperrungen oder Barrieren kommen. Diese können zu einer erschwerten Zugänglichkeit von Flächen und somit zu einer temporären Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege von Lebensräumen führen.
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege1 Zu einer langfristigen Nutzungsaufgabe infolge des Anbaues von Fahrstreifen kann es insbesondere aufgrund anlagebedingter und somit dauerhafter Zerschneidungen oder Barrieren kommen. Höhere verkehrliche Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen können zu einer erschwerten Zugänglichkeit von Flächen (z. B. für Weidetiere) und somit zur Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege von Lebensräumen führen.

Auch können durch die Verbreiterung der Straße bisher vorhandene (Rest-)Flächen so weit verkleinert werden, dass eine wirtschaftliche Nutzung kaum noch oder nicht mehr möglich ist.
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes2 Der Anbau von Fahrstreifen führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur Veränderung von Bodenverhältnissen im Sinne physikalischer Veränderungen, z. B. von Bodenart/-typ, -substrat oder -gefüge, die durch Abtrag, Auftrag, Vermischung etc. hervorgerufen werden.
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse1 Der Anbau von Fahrstreifen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung morphologischer Verhältnisse, z. B. in Form von Veränderungen an Relief (Mikro- oder Makrorelief von Lebensräumen), Geländeaufbau oder Gewässermorphologie führen, die z. B. durch Abtrag, Auftrag, Einebnung etc. hervorgerufen werden.
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse1 Der Anbau von Fahrstreifen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung hydrologischer oder hydrodynamischer Verhältnisse, z. B. in Form von Veränderungen an den wasserbezogenen Standortfaktoren führen. Dies schließt entsprechende Veränderungen in Oberflächengewässern und im Bodenwasser ein.
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit)1 Der Anbau von Fahrstreifen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung hydrochemischer Verhältnisse (z. B. der Gewässerbeschaffenheit) führen, u. a. durch bau- oder betriebsbedingte Einleitungen von Wasser mit einer anderen Beschaffenheit in Grund-/Oberflächewasser. Relevant sind hier u. a. auch Belastungen mit Schadstoffen, Nährstoffen, Schwebstoffen oder Salzen (vgl. Wirkfaktoren 6-1 bis 6-6).
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse1 Der Anbau von Fahrstreifen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung von Temperaturverhältnissen führen.

Dies kann unmittelbar erfolgen, wenn z. B. vom Straßenbelag oder in Rückhaltebecken mehr erwärmtes Wasser in Oberflächengewässer eingeleitet wird. Zu einer mittelbaren Erwärmung von Oberflächengewässern kann es auch durch veränderte Gewässerführungen, reduzierte Fließgeschwindigkeiten oder strukturelle Freistellungen und somit erhöhte Sonneneinstrahlung kommen. Dies gilt im Hinblick auf mikroklimatische Verhältnisse auch für Schneisen oder Freistellungen in vormals geschlossenen Gehölzbeständen.

Umgekehrt können Verschattungen (durch Dämme, Lärmschutzwände etc.) auch zu verringerten Belichtungsverhältnissen und somit mikroklimatisch reduzierten Temperaturverhältnissen führen. Trassierungen in Dammlage oder andere massive Baustrukturen können bei bestimmten Relief- und lokalklimatischen Verhältnissen ggf. einen Kaltluftstau auf angrenzenden Flächen zur Folge haben.
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren1 Der Anbau von Fahrstreifen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung weiterer mikroklimatisch relevanter Standortverhältnisse führen.

Hier zugeordnet sind z. B. mittelbare Änderungen an Beschattungs-/Belichtungsverhältnissen und der Luftfeuchtigkeit aufgrund von morphologischen oder strukturellen Veränderungen (Vergrößerung der Asphaltfläche, Freistellungen mit der Beseitigung von Baum- und Strauchschicht, erhöhte Windwurfgefahr auf freigestellten Waldflächen, Verschattung durch zusätzlich errichtete Dämme, Wände oder Gehölzpflanzungen etc.), vgl. auch Wirkfaktoren 3-2 od. 3-5.
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Individuenverluste bei Tier- und Pflanzenarten treten beim Anbau von Fahrstreifen zuerst im Zuge der Baufeldfreimachung bzw. -räumung (Vegetationsbeseitigung, Baumfällungen, Bodenabtrag etc.) auf.

Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste können u. a. durch Baustellen- und Baustraßenverkehr, offene Schächte, Kanäle, Gruben mit Fallenwirkung für bodengebundene Arten, Baustellenbeleuchtung oder ggf. durch Hilfsbauwerke und Kräne entstehen.
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Durch den Anbau von Fahrstreifen kommt es regelmäßig zu einer Steigerung der anlagebedingten Barrierewirkung. Sie kann einerseits durch die verbreiterte Trasse oder die zusätzlich errichteten Bauwerke (Damm- oder Einschnittlagen, Wildzäune, Lärmschutzwände oder -wälle), andererseits durch veränderte standörtliche oder strukturelle Bedingungen (größere Offenheit und Strukturfreiheit der Trasse) hervorgerufen werden.

Zusätzlich können andere Faktoren (s. Wirkfaktorgruppe 5) zur Meidung bestimmter Bereiche führen und somit eine Barrierewirkung verstärken.

Die Tötung von Tieren ist entweder auf eine Kollision mit (zusätzlich errichteten) baulichen Bestandteilen des Vorhabens (z. B. Brücken, Glaswänden) zurückzuführen oder darauf, dass Tiere aus fallenartig wirkenden Anlagen (z. B. Gullis, Schächte, Gruben, Becken) nicht mehr entkommen können und darin verenden. Eine erhöhte Mortalitätsrate würde somit die Barrierewirkung der Straße erhöhen.
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Beim Anbau von Fahrstreifen tritt infolge des möglichen höheren Verkehrsaufkommens oder höherer Durchschnittsgeschwindigkeit regelmäßig eine Zunahme betriebsbedingter Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste auf.

Die Tötung von Tieren ist i. d. R. auf eine Kollision mit Fahrzeugen oder auch auf Verkehrsunfälle (z. B. Transport gefährlicher Stoffe) zurückzuführen.

Eine betriebsbedingte Barrierewirkung kann einerseits durch die höhere Mortalitätsrate, andererseits aber auch durch zusätzliche oder intensivierte Störwirkungen entstehen (s. unter Wirkfaktorgruppe 5), die zur Meidung der Trasse bzw. der straßennahen Bereiche führen.
5 Nichtstoffliche Einwirkungen
5-1 Akustische Reize (Schall)2 Beim Anbau von Fahrstreifen treten akustische Reize (Schall) regelmäßig auf.

Dabei handelt es sich vor allem um erhöhte betriebsbedingte Lärmemissionen - durch Erhöhung der Durchschnittsgeschwindigkeiten (exponentielle Zunahme der Schallintensität mit der Geschwindigkeit) und/oder des Verkehrsaufkommens. Andere Einflussgrößen sind das Geländeprofil einschließlich ggf. (nicht) vorhandener Lärmschutzwände oder die Fahrweise.

Die Unterhaltung und Grünflächenpflege z. B. auf ggf. neu gestalteten Straßenbegleitflächen kann zusätzlich zu temporären Lärmbelastungen führen.

Während der Bauphase treten temporär baubedingte Lärmwirkungen auf (z. T. durch erforderliches Sprengen, Rammen etc. mit sehr hohen Spitzenlärmpegeln).
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)2 Durch den Anbau von Fahrstreifen treten (im Vergleich zum vorherigen Zustand) mehr optische Reizauslöser auf.

Dabei handelt es sich einerseits um durch Kraftfahrzeuge (Bewegung und Reflektionen bei einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens und/oder der Durchschnittsgeschwindigkeit) betriebsbedingt hervorgerufene Störreize. Zu den optischen Störreizen zählen zudem bei bestimmten Arten des Offenlandes ("Kulissenflüchtern") strukturelle Störeffekte, die von höheren Bauwerken oder anderen Vertikalstrukturen ausgehen, und die beim Anbau von Fahrstreifen ggf. durch zusätzlich errichtete Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) ausgelöst werden können.

Andererseits werden durch Baustellenverkehr und -betrieb zeitweise auch baubedingte Störreize ausgelöst.

Zu licht- bzw. beleuchtungsbedingten Effekten s. Wirkfaktor 5-3.
5-3 Licht1 Beim Anbau von Fahrstreifen kann z. B. durch ein damit einhergehendes erhöhtes Verkehrsaufkommen Licht als Wirkfaktor verstärkt relevant sein.

Licht resultiert an Straßen einerseits aus der Fahrzeugbeleuchtung. Andere Lichtquellen sind die ggf. zusätzlich installierten Straßenbeleuchtungen oder Beleuchtungen an Nebenanlagen.

Nicht zuletzt werden in der Regel auch im Zuge des Bauprozesses künstliche Beleuchtungsanlagen (zum Teil von hoher Intensität) eingesetzt.
5-4 Erschütterungen / Vibrationen1 Erschütterungen bzw. Vibrationen resultieren vorrangig aus dem Verkehr, insbesondere bei hohen Verkehrsaufkommen und hohem LKW-Anteil. Beim Anbau von Fahrstreifen können z. B. durch eine damit einhergehende Erhöhung der Verkehrsfrequenz und durch eine bessere Befahrbarkeit für große Fahrzeuge Erschütterungen bzw. Vibrationen als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Auch im Zuge des Bauprozesses kann es zumindest temporär zu starken Erschütterungen kommen, wenn schwere Maschinen bzw. entsprechende Verfahren (z. B. Rammen) eingesetzt oder Sprengungen erforderlich werden.
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt)2 Beim Anbau von Fahrstreifen sind mechanische Einwirkungen als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Mechanische Einwirkungen auf Böden, Bodenfauna und Vegetation durch Trittbelastung resultieren v. a. aus dem Baubetrieb (Befahren mit schweren Fahrzeugen oder regelmäßiges Betreten durch Arbeiter).

Die betriebsbedingt auftretenden Luftverwirbelungen bei vorbeifahrenden Fahrzeugen werden unter dem Wirkfaktor 4-3 subsumiert.
6 Stoffliche Einwirkungen
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag1 Beim Anbau von Fahrstreifen können z. B. durch ein damit einhergehendes erhöhtes Verkehrsaufkommen Nährstoffeinträge, insb. in Form von Stickstoffverbindungen, als Wirkfaktor relevant sein.

Im Rahmen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen hat sich zur Bewertung der Empfindlichkeit von Vegetationsbeständen gegenüber Nährstoffeinträgen der Maßstab der Critical Loads fachlich etabliert. Alle relevanten methodischen Fragen dazu sind im sogenannten H PSE-Leitfaden behandelt (Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen) (FGSV 2019).

Zu den relevanten Stickstoffverbindungen, die vom Straßenverkehr emittiert werden, zählen Stickoxide und Ammoniak.

Außerdem kann bei einem höheren Verkehrsaufkommen auch die Menge an Abfällen (z. B. von Nahrungsmitteln), die an Straßen relativ diffus bzw. unkontrolliert nicht nur an Rastplätzen entsorgt werden, steigen.

Bei Baumaßnahmen an Gewässern können weitere Nährstoffeinträge durch Staub- und Sedimenteinträge entstehen (vgl. auch Wirkfaktor 6-6).
6-2 Organische Verbindungen1 Beim Anbau von Fahrstreifen können z. B. durch ein damit einhergehendes erhöhtes Verkehrsaufkommen organische Verbindungen als Wirkfaktor relevant sein.

In den Kraftstoffen und deren Verbrennungsprodukten finden sich verschiedene, z. T. flüchtige organische Verbindungen (z. B. Benzol, polyzyklische aromatische Verbindungen wie Benzpyren), die als zusätzliche Emissionen freigesetzt werden können.
6-3 Schwermetalle1 Beim Anbau von Fahrstreifen können z. B. durch ein damit einhergehendes erhöhtes Verkehrsaufkommen Schwermetalle als Wirkfaktor relevant sein.

In den Kraftstoffen finden sich verschiedene Schwermetalle (z. B. Pb, Zn, Cu, Cd, Cr) in unterschiedlichen Mengenverhältnissen, die als zusätzliche Emissionen freigesetzt werden können.

Sie werden aber in der Regel ausschließlich im unmittelbaren Nahbereich der Straße in den Boden eingetragen oder sie gelangen über die Straßenentwässerung in den Vorfluter. Aufgrund der Fähigkeit der Böden, Schwermetalle zu binden, kommt es in der Regel nicht zu Grundwasserbelastungen infolge von straßenbürtigen Schwermetallimmissionen. Nach Wessolek & Kocher (2003) sind Lösungskonzentrationen von Schwermetallen auch auf sauren Böden an stark befahrenen Straßen als unproblematisch nach dem BBodSchG einzustufen. Bei den kritischen Elementen Cu, Cd und Zn treten erhöhte Werte lediglich bis in 5 - 10 m Entfernung vom Fahrbahnrand auf.
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe1 Beim Anbau von Fahrstreifen können z. B. durch ein damit einhergehendes erhöhtes Verkehrsaufkommen sonstige Schadstoffe als Wirkfaktor relevant sein.

Durch den Verbrennungsprozess im Motor entstehen verschiedene Verbindungen (z. B. Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefeldioxid), die als zusätzliche Emissionen freigesetzt werden können.

Rußpartikel werden von Diesel- in höheren Mengen als von Benzinfahrzeugen ausgestoßen, ihre Menge könnte bei steigendem LKW-Aufkommen infolge zusätzlicher Fahrbahnen ebenfalls steigen.

Aus emittierten Vorläufersubstanzen (Stickstoffoxiden) entsteht das für Organismen giftige Ozon.

Additiva aus den Kraftstoffen und der Fahrzeugpflege (Antiklopfmittel, z. B. MTBE (Methyl-tertiär-butyl-Ether), Toluol, Benzol; Reinigungsadditiva; Korrosionsinhibitoren; Alterungsstabilisatoren; Schmierstoffe; Frostschutzmittel; Tenside, Pflegewachse etc.) finden sich ebenfalls in den Emissionen wieder.

Durch den Oberflächenverschleiß von Materialien werden Straßenbelags-, Bremsbelags- und Reifenabrieb freigesetzt und mit dem Oberflächenwasser oder auf dem Luftweg weitergetragen.
6-5 Salz2 Beim Anbau von Fahrstreifen ist wegen der Fahrbahnverbreiterung Salz als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Im Zuge des regelmäßigen Winterdienstes an Straßen ist mit der größeren Fläche ein erhöhter Streusalzverbrauch verbunden. Streusalzimmissionen werden entweder im Straßenseitenraum versickert oder in Entwässerungsanlagen gefasst und einem Vorfluter zugeführt. Die auftretenden Salzkonzentrationen sind regelmäßig geeignet, sowohl Oberflächengewässer oder das Grundwasser zu verunreinigen. Daher ist bei der Zunahme der Salzmenge ggf. eine genauere Betrachtung der Verdünnungseffekte erforderlich.
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente)2 Beim Anbau von Fahrstreifen sind Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub/Schwebstoffe und Sedimente) als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Baubedingt kommt es regelmäßig zu Emissionen von Stäuben, betriebsbedingt z. B. bei erhöhtem Verkehrsaufkommen infolge des Anbaus von Fahrstreifen. Betriebsbedingte Stäube sind allerdings in der Regel aufgrund der geringen Intensitäten nicht geeignet, Schutzgegenstände in FFH-Gebieten erheblich zu beeinträchtigen.

Bei Bauarbeiten an Gewässern kann es zu Schwebstoff- bzw. Schlammeinträgen, zu Sedimentverwirbelung durch Baggerarbeiten, zu Veränderungen der Sohlbewegung, des Schwebstoff- und des Geschiebetransportes oder der Sedimentationsprozesse kommen.
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung)0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-8 Endokrin wirkende Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-9 Sonstige Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Stoffe liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7 Strahlung
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen
8-1 Management gebietsheimischer Arten0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor bzw. gegenüber der Bestandssituation sind durch den Anbau von Fahrstreifen keine relevanten Zusatzbelastungen zu erwarten.

Zur Pflege und Unterhaltung von Straßenbegleitgrün s. Wirkfaktor 2-1.
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten1 Beim Anbau von Fahrstreifen kann die Förderung/Ausbreitung gebietsfremder Arten bei der Begrünung der Seitenstreifen als Wirkfaktor relevant sein.

Risiken der Förderung oder Ausbreitung gebietsfremder Arten bzw. gebietsfremder Genotypen bestehen durch den Einsatz nicht gereinigter Maschinen, die Verbringung von Fremddiasporen enthaltenden Substraten oder andere Ansaat- und Bepflanzungsmaßnahmen (s. a. Reif & Nickel 2000).
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)1 Bei der Pflege der Seitenstreifen neben neu angelegten Standstreifen ist die Bekämpfung von Organismen mit Pestiziden ggf. relevant.

Pestizide werden zum Teil im Rahmen der Straßenpflege und/oder auf verschiedenen Nebenanlagen eingesetzt.
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
9 Sonstiges
9-1 Sonstiges0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.

Leitfäden / Literatur zu diesem Projekttyp

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.) (2011): Straßenausstattung und Fallenwirkung für Tiere. Bericht zum Forschungs- und Entwicklungsvorhaben FE 02.262/2005/LRB des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven, 155 S.

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.) (2011): Richtlinien für die landschaftspflegerische Begleitplanung im Straßenbau (RLBP). ARS Straßenbau Nr. 13/2011.

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW) (2004): Leitfaden zur FFH-Verträglichkeitsprüfung im Bundesfernstraßenbau. Bonn, 84 S. + CD-ROM.

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (Hrsg.) (2006): Merkblatt für den Straßenbetriebsdienst: Teil: Grünpflege. FGSV 390/1, Köln.

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Straßenentwurf (2019): Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen (H PSE) "Stickstoffleitfaden Straße" (Ausgabe 2019), Anhang, FGSV Verlag GmbH, Köln, 356 S.

Garniel, A., Mierwald, U. & Ojowski, U. (2010): Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.), Bonn, 115 S.

Reif, A. & Nickel, E. (2000): Pflanzung von Gehölzen und "Begrünung" - Ausgleich oder Eingriff in Natur und Landschaft? Naturschutz und Landschaftsplanung 32 (10): 299-308.

Wessolek, G. & Kocher, B. (2003): Verlagerung straßenverkehrsbedingter Stoffe mit dem Sickerwasser. Forschung Straßenbau Straßenverkehrstechnik, H. 864. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Abt. Straßenbau, Straßenverkehr (Hrsg.), Berlin.

Relevanz des Wirkfaktors

0 (i. d. R.) nicht relevant
1gegebenenfalls relevant
2regelmäßig relevant

Bearbeitung und Zitiervorschlag: siehe Impressum von