FFH-VP-Info

Fachinformationssystem des BfN
zur FFH-Verträglichkeitsprüfung

Stand: 12. Januar 2023
Bundesamt für Naturschutz

Wirkfaktoren des Projekttyps

11 Rohstoffgewinnung >> Öl- und Gasförderung - offshore

Bemerkung: Betrachtet werden Anlagen für die konventionelle Gewinnung von Öl und Gas im marinen Bereich. Fracking ist nicht eingeschlossen.

Typische Anlagenbestandteile sind vor allem mobile Förderplattformen oder feste Förderplattformen/-inseln mit Tragkonstruktionen und Fundamenten.

Weitere Vorhabensbestandteile sind die Phase der Erkundung der Rohstoffvorkommen im Untergrund mit Hilfe seismischer Untersuchungen sowie die Verlegung von Seekabeln und Pipelines (z. T. eigene Projekttypen).

Während der Förderung von Öl- und/oder Gas im Zuge der Verlegung von Seekabeln und Pipelines sowie durch Wartungsarbeiten kommt es zum Einsatz von Schiffs- und Helikopterverkehr.

Ebenso kann der sogenannte Kolkschutz ein Vorhabensbestandteil sein. Kolkschutz dient der Vermeidung / Minderung von Aus- oder Unterspülungen der Tragstrukturen. Der jeweilige Flächenbedarf ist abhängig von der technischen Ausführungsvariante. Für den Kolkschutz können z. B. Steinschüttungen zum Einsatz kommen.

Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. das Rammen der Fundamente sowie das Einspülen oder -pflügen von Kabeln, Pipelines etc. Auch kommt es zu baubedingtem Schiffs- und Helikopterverkehr.

Mögliche betriebsbedingte Beeinträchtigungen sind v. a. mit dem Fördervorgang selbst und Schiffs- und Helikopterverkehren verbunden. Hierzu zählen u. a. stoffliche Emissionen (Schadstoffe, Schwebstoffe und Sedimente) und nichtstoffliche Wirkungen (optische und akustische Störwirkungen, mechanische Einwirkungen) über und unter Wasser.

Wirkfaktoren
Relevanz
Erläuterungen
1 Direkter Flächenentzug
1-1 Überbauung / Versiegelung2 Öl- und Gasförderung offshore führt durch die Errichtung der Tragkonstruktion für die mobilen oder festen Förderplattformen/-inseln ggf. mit Kolkschutz zu einer Überbauung/Versiegelung von Meeresboden.
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen2 Öl- und Gasförderung offshore führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile regelmäßig zur direkten Veränderung von Biotopstrukturen am Meeresgrund. Dies betrifft v. a. den Eintrag von künstlichem, oft gebietsfremdem Hartsubstrat in den vorwiegend aus Sand- und Schlicksubstrat bestehenden Meeresboden der deutschen Nord- und Ostsee.

Relevant ist hierbei nicht nur die horizontale Ausdehnung des Kolkschutzes und der Fundamentkonstruktion, sondern ebenfalls die vertikale Beschaffenheit der Tragekonstruktion. Dies kann zu einer Veränderung der charakteristischen Struktur des Weichbodenlebensraumes führen. Die typische Weichbodenin- und -epifauna, wie z. B. Callianassa subterranea und Ugopedia deltuara, wird voraussichtlich aus dem direkten Umfeld der Anlagen verschwinden und durch Hartsubstratsiedler (z. B. Miesmuscheln) ersetzt. In Folge verändert sich auch die typische Fischgemeinschaft, es entsteht ein "Riffeffekt".
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik1 Beim Bau von Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore können Veränderungen der charakteristischen Dynamik als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore sind mit dem Bau von Vertikalstrukturen in Form von Fundamenten und Türmen verbunden. Diese führen zu einem verändertem Strömungsregime (Strömungsrichtung und -geschwindigkeit) im Nahbereich der Anlagen (s. Wirkfaktor 3-3).
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes2 Der Bau von Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur direkten Veränderung von Bodenverhältnissen im Sinne physikalischer Veränderungen, z. B. von Sedimenteigenschaften, -substrat und -gefüge, die durch die Rammung der Fundamente, den Auftrag des Kolkschutzes sowie die Verlegung von Seekabeln und Pipelines hervorgerufen werden.
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse2 Der Bau von Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur Veränderung morphologischer Verhältnisse z. B. in Form von Umstrukturierungen der Sedimentoberfläche durch baubedingte Sedimentumlagerungen, durch den Eintrag von Hartsubstrat sowie die Änderung des Strömungsregimes.
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse2 Beim Bau von Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore sind Veränderungen der hydrologischen/hydrodynamischen Verhältnisse als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Der Bau von Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore ist mit dem Bau von Vertikalstrukturen in Form von Fundamenten und Türmen verbunden. Diese führen zu einem veränderten Strömungsregime (Strömungsrichtung und -geschwindigkeit) im Nahbereich der Anlagen.
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit)0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Bei der Öl- und Gasförderung offshore kommt es aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zu baubedingten Barrierewirkungen.

Hierzu zählen v. a. Rammarbeiten zur Errichtung der Tragkonstruktion und die Verlegung von neuen Versorgungskabeln und Pipelines. Entsprechende Störwirkungen betreffen z. B. Wanderbewegungen von marinen Säugetieren (z. B. Schweinswal, Kegelrobbe und Seehund) und Fischen, insbesondere in räumlich begrenzten Wanderkorridoren.
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Bei der Öl- und Gasförderung offshore sind anlagebedingte Barrierewirkungen und Individuenverluste als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Bei Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore können sich aufgrund der hohen Kulissenwirkung Barrierewirkungen für Zugvögel ergeben.

Darüber hinaus ist insbesondere in Nächten mit schlechten Sichtverhältnissen aufgrund regnerisch-nebliger Witterung zudem mit erhöhten Kollisionsraten bei Vögeln zu rechnen. In bestimmten Bereichen können auch Kollisionen von ziehenden Fledermäusen auftreten.
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Bei Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore können sich betriebsbedingte Barrierewirkungen ergeben.

Eine Barrierewirkung kann vor allem durch zusätzliche Störwirkungen (s. unter Wirkfaktorengruppe 5) entstehen, die zur Meidung der Förderstandorte und ihrer Umgebung führen.
5 Nichtstoffliche Einwirkungen
5-1 Akustische Reize (Schall)2 Bei Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore kommt es regelmäßig zu starken akustischen Reizen (Unterwasserschall und Luftschall).

Hierbei ist regelmäßig die Phase der Erkundung der Rohstoffvorkommen im Untergrund mit Hilfe seismischer Untersuchungen relevant. Entsprechende Messverfahren können Störungen der Kommunikation von marinen Säugetieren untereinander und der akustischen Wahrnehmung ihrer marinen Umwelt hervorrufen. Seismische Untersuchungen führen zu den stärksten anthropogenen Belastungen der Meere mit Unterwasserschall (BfN 2019).

Darüber hinaus kann zwischen baubedingtem Schalleintrag (z. B. Rammen, baubedingter Schiffs- und Helikopterverkehr) und betriebsbedingtem Schalleintrag (z. B. Betrieb der Anlagen, Wartungsarbeiten mit entsprechendem Schiffs- und Helikopterverkehr) unterschieden werden.
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)2 Die Öl- und Gasförderung offshore ist regelmäßig mit optischen Reizauslösern verbunden.

Entsprechende Wirkungen ergeben sich vor allem durch den erhöhten Schiffs- und Helikopterverkehr (Bewegung, Reflektionen) während der Bau- und Betriebsphase.
5-3 Licht2 Bei der Öl- und Gasförderung offshore ist Licht als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Bei der Öl- und Gasförderung offshore können in der Bauphase künstliche Beleuchtungsanlagen eingesetzt werden. Im Betrieb werden die Anlagen durchgängig beleuchtet (Luft- und Seefahrtshinderniskennzeichnung).
5-4 Erschütterungen / Vibrationen2 Bei der Öl- und Gasförderung offshore treten Erschütterungen während der Bauphase auf, wenn die Pfeiler der Fundamente in den Boden gerammt werden.
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt)2 Beim Bau von Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore treten mechanische Einwirkungen auf Unterwasserböden, die Unterwasserbodenfauna und in geringem Umfang auch Vegetation durch die Rammarbeiten auf. Anlage- und betriebsbedingt ist mit mechanischen Belastungen durch ein verändertes Strömungs- und damit auch Sedimentationsregime zu rechnen.
6 Stoffliche Einwirkungen
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-2 Organische Verbindungen1 Bei Anlagen zur Öl- und Gasförderung offshore kann es z. B. durch den Förderbetrieb und beim Abtransport des geförderten Rohöls zur Freisetzung von organischen Verbindungen kommen.
6-3 Schwermetalle0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe0 Bei der Öl- und Gasförderung offshore treten sonstige durch Verbrennungsprozesse entstehende Schadstoffe als Emissionen insbesondere im Zusammenhang mit den Kraftstoffen der Bau- bzw. Wartungsschiffe und -helikopter auf.

Hinweise auf eine naturschutzfachliche Relevanz dieses Wirkfaktors liegen angesichts des relativ geringen Umfangs nach dem derzeitigem Bearbeitungsstand jedoch nicht vor, sofern die üblichen technischen Standards eingehalten werden.
6-5 Salz0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente)2 Bei der Öl- und Gasförderung offshore und auch bei der Verlegung von neuen Versorgungskabeln und Pipelines treten Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Schwebstoffe und Sedimente) regelmäßig auf. Insbesondere baubedingt ist mit Trübstofffahnen durch die mit den Baumaßnahmen (Rammen der Fundamente, Einspülen oder -pflügen der Kabel) verbundene Aufwirbelung des Sedimentes zu rechnen.
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung)0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-8 Endokrin wirkende Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-9 Sonstige Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Stoffe liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7 Strahlung
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen
8-1 Management gebietsheimischer Arten0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten1 Bei der Öl- und Gasförderung offshore kann die Ausbreitung von gebietsfremden Arten ggf. relevant sein.

Aufgrund des Eintrages von künstlichem Hartsubstrat (s. unter Bemerkung) kann es zu einer Veränderung der charakteristischen Struktur des Weichbodenlebensraumes führen. Die typische Weichbodenin- und -epifauna, wie z. B. Callianassa subterranea und Ugopedia deltuara, wird voraussichtlich aus dem direkten Umfeld der Anlagen verschwinden und durch Hartsubstratsiedler (z. B. Miesmuscheln) ersetzt. In Folge verändert sich auch die typische Fischgemeinschaft, es entsteht ein "Riffeffekt".
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)0 Bei der Öl- und Gasförderung offshore ist die Bekämpfung von Aufwuchsorganismen an den Fundamenten ggf. relevant, sofern Antifouling-Anstriche verwendet werden.

Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen angesichts des bislang geringen Umfangs nach derzeitigem Bearbeitungsstand jedoch nicht vor.
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
9 Sonstiges
9-1 Sonstiges0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.

Leitfäden / Literatur zu diesem Projekttyp

Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2019): Öl- / Gasaufsuchung und -gewinnung. https://www.bfn.de.

Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) (2018): Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland - Jahresbericht 2017. http://www.lbeg.niedersachsen.de.

Umweltbundesamt (UBA) (2010): Energiegewinnung im Meer. https://www.umweltbundesamt.de.

Relevanz des Wirkfaktors

0 (i. d. R.) nicht relevant
1gegebenenfalls relevant
2regelmäßig relevant

Bearbeitung und Zitiervorschlag: siehe Impressum von