Fachinformationssystem des BfN
Stand: 12. Januar 2023 |
Bemerkung: | Torfabbauvorhaben dienen der Torfgewinnung, insbesondere zum Zwecke der gartenbaulichen Nutzung sowie untergeordnet für die technische Nutzung (als Torfaktivkohle sowie zu Filter- und Sorptionszwecken) sowie die Verwendung zu medizinischen Zwecken. Die Nutzung von Torf als Brennstoff spielt in Deutschland keine Rolle.
Abgebaut werden in der Regel großflächige und mehrere Meter mächtige Hochmoortorfe in Norddeutschland. Für den Torfabbau kommen verschiedene Abbauverfahren zum Einsatz: Frästorf- sowie Sodenstich- und Baggerverfahren. Frästorfelder sind in der Regel vegetationslos, während Sodentorffelder zumindest lückige Vegetationsbestände aufweisen. Torfabbauvorhaben weisen typischerweise folgende Vorhabensbestandteile auf: Abbaufläche, Betriebsgelände mit Verladeplatz und ggf. Verwertungs- und Verarbeitungsanlagen, Zuwegungen und Erschließungsinfrastruktur (teilweise schienengebunden). Nach Beendigung des Torfabbaus werden die zurückbleibenden Moorflächen in der Regel renaturiert. Dabei spielt die Wiedervernässung zum Zwecke der Sicherung verbleibender Torfschichten sowie der Neuanlage und Regenerierung von Moorflächen eine besondere Rolle (siehe Nds. MBl. Nr. 3/2011: Leitfaden zur Zulassung des Abbaus von Bodenschätzen unter besonderer Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Anforderungen). Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. Zufahrten, Baustraßen, Baustelle bzw. Baufeld, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze, Baumaschinen und Baubetrieb, Baustellenverkehr und Baustellenbeleuchtung. Mögliche betriebsbedingte Beeinträchtigungen sind v. a. mit dem Abbauvorgang selbst und innerbetrieblichen sowie Lieferverkehren verbunden. Hierzu zählen u. a. stoffliche Emissionen (Nährstoffe, Stäube) und nichtstoffliche Wirkungen (optische und akustische Störwirkungen, mechanische Einwirkungen). Weiterhin kann es zu betriebsbedingten Individuenverlusten kommen. |
Wirkfaktoren | Erläuterungen | |
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1 Direkter Flächenentzug | ||
1-1 Überbauung / Versiegelung | 2 | Torfabbau führt regelmäßig zur Überbauung/Versiegelung von Flächen. Relevante Vorhabensbestandteile sind die Abbaufläche sowie die Errichtung von Bauflächen und Baustraßen etc. sowie Betriebsflächen und Straßen. |
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung | ||
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen | 2 | Torfabbau führt regelmäßig großflächig zur direkten Veränderung von Vegetations-/Biotopstrukturen. Relevant ist dabei die Torfabbaufläche selbst, denn mit dem Torfabbau wird gleichzeitig die vorhandene Vegetationsdecke vollständig beseitigt. Nach Abschluss der Torfabbauarbeiten führen Rekultivierungsmaßnahmen zu einer mehr oder weniger geregelten Neuschaffung von Vegetationsflächen. |
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik | 2 | Durch Torfabbau kommt es v. a. im Zuge von Maßnahmen zur Entwässerung regelmäßig zum Verlust/zur Änderung der charakteristischen Dynamik der Moorvegetation, insbesondere des Torfmooswachstums im Zuge der Änderungen des Wasserhaushaltes (siehe auch Wirkfaktor 3-3). |
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung | 1 | Je nach Folgenutzung ist eine Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung möglich. |
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege | 1 | Zur kurzzeitigen Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege von Lebensräumen kann es wegen erschwerter Zugänglichkeit, z. B. aufgrund baubedingter Sperrungen oder Barrieren, beim Abbau kommen. |
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege | 1 | Zur (länger) andauernden Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege von Lebensräumen kann es aufgrund anlagebedingter und somit dauerhafter Zerschneidung oder Barrieren kommen. Durch das Abtrennen können zudem (sehr) kleine Restflächen verbleiben, für die eine wirtschaftliche Nutzung kaum bzw. nicht mehr möglich ist. |
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren | ||
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes | 2 |
Torfabbaumaßnahmen führen zu einer nachhaltigen und großflächigen Veränderung des Bodens. Die organische Torfschicht wird teilweise oder vollständig beseitigt. Der Torfabbau erstreckt sich in der Regel auf mehrere Meter mächtige Torfschichten. Auch im Bereich von Baustraßen und -flächen sowie Straßen und Betriebsflächen treten regelmäßig Veränderungen von Bodenverhältnissen im Sinne physikalischer Veränderungen, z. B. von Bodenart/-typ, -substrat oder -gefüge auf, die durch Abtrag, Auftrag, Verdichtung, Vermischung sowie Entwässerung etc. hervorgerufen werden (siehe auch Wirkfaktor 3-2).
Bei der Entnahme von Torf sind grundsätzlich naturschutzfachliche Anforderungen zu beachten, die eine Renaturierung zum Zwecke der Hochmoor-Regenration ermöglichen. Hierzu gehört insbesondere der Verbleib einer ausreichend starken Stauschicht, die Sicherung der Bunkerde (mit Samen und Sporen der Hochmoorflora versehenes Substrat der ursprünglichen Vegetationstragschicht) und eine moorgerechte nahezu horizontale Oberflächengestaltung (siehe Leitfaden zur Zulassung des Abbaus von Bodenschätzen unter besonderer Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Anforderungen, Anlage 3). |
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse | 2 | Innerhalb des Abbaugebietes wird das Geländeniveau großflächig infolge des Torfabbaus in der Regel um mehrere Meter abgesenkt. Es entsteht eine ebene Torfabbaufläche mit einem neuen Geländeniveau. Mittelbare Änderungen des Geländeniveaus entstehen des Weiteren infolge der Entwässerung des Torfkörpers. Die Entwässerung führt zu einem stetigen Abbau der organischen Substanz, was eine Sackung des Geländes um mehrere Dezimeter bis Meter bewirken kann. |
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse | 2 |
Durch Torfabbau kommt es regelmäßig zu Veränderungen der hydrologischen/hydrodynamischen Verhältnisse im Bereich der Abbaufläche und in der unmittelbaren Umgebung. In der Regel werden Hochmoortorfe abgebaut. Innerhalb des Hochmoores existiert ein durch die Wasserleit- und Aufnahmefähigkeit des Torfkörpers beeinflusster Grundwasserspiegel, der höher liegt, als der Grundwasserspiegel in der Umgebung. Die mit dem Torfabbau verbundene Entwässerung wirkt sich i. d. R. auf die mooreigenen Grundwasserstände, ggf. auch auf die Grundwasserstände im unterliegenden Boden (z. B. Sand, Niedermoorschicht) und in der unmittelbaren Umgebung aus.
Das aus der Entwässerung abfließende Wasser beeinflusst auch die Vorfluter, in die das Wasser eingeleitet wird. |
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit) | 1 | Durch Entwässerungsmaßnahmen kann es zur Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit) von Oberflächengewässern kommen. Insbesondere kann die Einleitung von Grundwasser aus dem Torfkörper in den Vorfluter durch seinen relativ niedrigen pH-Wert versauernd auf das Einleitungsgewässer wirken. Bei andauernder Entwässerung tritt eine Zersetzung des Torfkörpers ein, die zu Belastung der Gewässer mit Nitrat und organischen Verbindungen (DOC) führen kann. |
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse | 1 |
Torfabbau kann zu Veränderungen der lokalen Temperaturverhältnisse führen. Der Torfabbau schafft auf der Abbaufläche großflächig Bereiche mit gegenüber dem Ausgangszustand anderen thermischen Eigenschaften. Die Abbaufläche ist trockener und dunkler als die ursprüngliche Moorfläche, so dass sie sich deutlich stärker erwärmt als die ursprüngliche Moorfläche. Entsprechend ändert sich das Lokalklima.
Die Temperaturverhältnisse können sich auch an den betroffenen Oberflächengewässern ändern, soweit es zu Einleitungen aus dem Moorkörper sowie zu Freistellungen in Uferbereichen kommt. Auch bei Verlegungen von Gewässern kann es zu Temperaturveränderungen kommen. Der Torfabbau führt durch die Torfverwertung und durch die Zersetzung des auf der Abbaufläche verbleibenden Torfkörpers zu Treibhausgasemissionen, die zur globalen Klimaerwärmung beitragen. |
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren | 1 |
Der Torfabbau schafft auf der Abbaufläche großflächig Bereiche mit gegenüber dem Ausgangszustand anderen mikroklimatischen Verhältnissen (s. auch Wirkfaktor 3-5).
Durch Gebäude, etwa der Verarbeitungsanlagen, kann es zur Verschattung bzw. zu verringerter Sonneneinstrahlung im mikroklimatischen Maßstab kommen. |
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust | ||
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität | 1 |
Beim Torfabbau können baubedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste im Abbaugebiet u. a. durch Baustellen- und Baustraßenverkehr auf Wegen und Straßen, im Bereich von Betriebsflächen, Mieten und Aufschüttungen sowie innerhalb von Betriebsanlagen (z. B. Gullys, Schächte, Gruben, Becken) mit Fallenwirkung für bodengebundene Arten auftreten.
Individuenverluste können auch im Rahmen der Baufeldfreimachung bzw. -räumung (Vegetationsbeseitigung, Baumfällungen, Bodenabtrag etc.) auftreten. |
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität | 2 |
Beim Torfabbau sind regelmäßig anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste zu erwarten.
Barrierewirkungen entstehen in der Regel durch großflächige Abbaugebiete, massive Baukörper oder Zäune. Barrierewirkungen können aber auch durch veränderte standörtliche oder strukturelle Bedingungen (z. B. vegetationsfreie Flächen) entstehen. Zusätzlich können andere Störfaktoren der Wirkfaktorgruppe 5 zur Meidung bestimmter Bereiche führen und somit eine Barrierewirkung verstärken. Die Tötung von Tieren (z. B. Vögel, Amphibien, Insekten) ist i. d. R. auf die Kollision mit baulichen Bestandteilen des Vorhabens zurückzuführen oder darauf, dass Tiere aus fallenartig wirkenden Betriebsanlagen (z. B. Gullys, Schächte, Gruben, Becken) nicht mehr entkommen können und darin verenden. |
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität | 1 |
Durch Torfabbau können betriebsbedingte Individuenverluste abbaubedingt, aber z. B. auch durch innerbetriebliche Transporte sowie Transportverkehre auf den Zufahrtsstraßen entstehen.
Auch die Unterhaltung der Betriebs- und Verkehrsflächen (z. B. Baumschnitt, Winterdienst) kann ggf. Tierverluste verursachen. |
5 Nichtstoffliche Einwirkungen | ||
5-1 Akustische Reize (Schall) | 2 | Durch Torfabbau treten regelmäßig Schallemissionen auf mit Störwirkungen auf, die z. B. zu einer Vertreibung empfindlicher Tierarten bzw. -individuen führen können. Relevante Vorhabensbestandteile im Abgrabungsgebiet sind Fahrzeuge und Maschinen für Abbaubetrieb und Transport. |
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht) | 2 | Durch Torfabbau kommt es regelmäßig zu visuellen Wirkungen. Im Sichtbereich der Betriebsflächen kann z. B. durch die Herstellung neuer Vertikalstrukturen eine Einengung des Sichtraumes von empfindlichen Vogelarten erfolgen. Visuelle Wirkungen können auch von Torfmieten und gestapelten Torfsoden, Arbeits- und Transportmaschinen sowie vom Abbauverfahren (Frästorf- sowie Sodenstich- und Baggerverfahren) ausgehen. Z. B. sind Frästorfelder vegetationslos, während Sodentorffelder zumindest lückige Vegetationsbestände aufweisen. |
5-3 Licht | 1 | Durch Torfabbau können Lichtemissionen mit Störwirkungen entstehen und zur Vertreibung empfindlicher Tierindividuen und Tierarten führen. |
5-4 Erschütterungen / Vibrationen | 1 | Durch Torfabbau können sich bewegende Maschinen aufgrund ihres Gewichtes zu Erschütterungen des Torfkörpers führen. |
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt) | 2 | Bei Torfabbau (Frästorfverfahren) treten im Zuge des Abbaubetriebes regelmäßig mechanische Einwirkungen auf und um die Abbauflächen auf. |
6 Stoffliche Einwirkungen | ||
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag | 1 | Torfabbau kann zu stofflichen Einwirkungen führen. Möglicher Wirkfaktor ist die Entwässerung, da infolge von Torfmineralisierung Nitrat und gelöster organischer Kohlenstoff (DOC) freigesetzt werden und aquatische Ökosysteme belasten können. |
6-2 Organische Verbindungen | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-3 Schwermetalle | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-5 Salz | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente) | 2 | Bei Torfabbau treten regelmäßig Depositionen mit strukturellen Auswirkungen auf. Es handelt sich z. B. um Stäube, die im Zuge des Abbaubetriebes, vor allem bei großflächigen Frästorfverfahren entstehen. |
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung) | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-8 Endokrin wirkende Stoffe | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-9 Sonstige Stoffe | 0 | Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Stoffe liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
7 Strahlung | ||
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen | ||
8-1 Management gebietsheimischer Arten | 1 | Es können sich indirekte Auswirkungen auf das Management gebietsheimischer Arten ergeben, wenn z. B. lage- oder zerschneidungsbedingte Änderungen der jagdlichen Praxis resultieren oder wenn dadurch Neuzuweisungen von Flächen für die Imkerei erforderlich werden. |
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten | 1 | Wenn bei der Bepflanzung und Pflege von Nebenflächen innerhalb des Betriebsgeländes gebietsfremde Arten oder Genotypen eingebracht und gefördert werden, kann im Weiteren ihre etwaige Ausbreitung im Abbaugebiet und in umliegende Flächen erfolgen. |
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.) | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
9 Sonstiges | ||
9-1 Sonstiges | 0 | Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
0 | (i. d. R.) nicht relevant |
1 | gegebenenfalls relevant |
2 | regelmäßig relevant |