FFH-VP-Info

Fachinformationssystem des BfN
zur FFH-Verträglichkeitsprüfung

Stand: 12. Januar 2023
Bundesamt für Naturschutz

Wirkfaktoren des Projekttyps

12 Abfall/Abwasser >> Abwasserbehandlung / Abwassereinleitung

Bemerkung: Der Projekttyp beinhaltet kommunale Kläranlagen zur Reinigung des häuslichen und kommunalen Schmutzwassers und gewerbliche und industrielle Abwasserbehandlungsanlagen vor der Einleitung in die Vorfluter. Bei Mischeinleitung wird auch mit der Kanalisation abgeleitetes Niederschlagswasser behandelt. Die einzuhaltenden Rest-Stoffgehalte sind in der Abwasserverordnung festgelegt.

Die Abwasserreinigung erfolgt mehrphasig und kann aus mehreren hintereinander geschalteten Stufen aufgebaut sein. Entsprechend den Verfahrensprozessen sind die Anlagebestandteile zugeordnet.

1. Mechanische Reinigung:
- Grobreinigung; Abscheidung von Sand und Faserstoffen (Sandfang, Rechen, Siebe);
- Fettabscheidung mittels Flotation und Abschöpfen;
- Vorklärbecken (Absetzbecken).

2. Biologische Reinigung:
- natürliche Verfahren: Absetzmulden, -erdbecken, Rieselverfahren, Bodenfiltration, Oxidationsteiche, -gräben, Abwasserteiche, Verregnung, Pflanzenanlagen;
- künstliche Verfahren: Belebtschlammverfahren in -becken- oder Bioreaktoren, Tropfkörperverfahren, ggf. hintereinandergeschaltet (anaerober und aerober Abbau der biologisch abbaubaren - Stoffe durch Mikroorganismen, aerobe Verfahren ggf. mit Belüftungsanlagen);
- mehrstufige kombinierte künstliche und/oder natürliche Verfahren;
- chemische Reinigung mit Hilfe von Fäll- u. Flockmitteln;
- Nachklärbecken (Absetzbecken für Belebtschlammflocken, Schlammrückführung), Filtration, Auslauf;
- Schönungsteiche;

3. Weitergehende Reinigung, insbesondere in Industriekläranlagen zum Abbau nicht biologisch abbaubarer Stoffe:
- physikalische Filtration;
- chemische Fällung und Flockung, Neutralisation (für Säuren und Laugen), Filtration (für Schwebstoffe);
- biologische oder chemische Nährstoffeliminierung;
- Nassoxidation für schwer abbaubare organische Stoffe;
- Ionenaustausch und Umkehrosmose zum Stickstoffabbau und zur Entsalzung;
- thermische Verfahren (Strippen, Verdunsten, Verdampfen, Verbrennen, Kristallisation, Extrahieren);
- Rückgewinnung von Nutzstoffen (Phosphat, Metalle, z. B. elektrochemische Verfahren für Metalle, Mikrosiebe);
- Desinfektion (UV, Ozon, Chlor);

4. Schlamm- und Gasbehandlung:
- Faulung in Faultürmen, aerobe oder anaerobe Schlammstabilisierung (durch Mineralisation organischer in anorganische Bestandteile);
- Schlammentwässerung (Eindickung, Konditionierung, Schlammsilos, Schlammplätze, -zwischenlager, maschinelle Entwässerung (Zentrifugen, Dekanter, Separatoren, Vakuumfilter, Filterpressen), chemische Entwässerung, thermische Entwässerung, Trocknung, Kompostierung, Ausbringung, Veraschung u. a.;
- Gasbehälter, Verwendung anfallender Faulgase aus der aeroben Schlammstabilisierung zur Wärmegewinnung oder Stromerzeugung, ggf. auch von Abwärme aus Schlammverbrennungsanlagen;
- Blockheizkraftwerke.

Zu den Anlagebestandteilen gehören des Weiteren
- vorgeschaltete Bestandteile des Kanalisationssystems, ggf. mit Regenrückhaltebecken und Notüberlaufbecken (bei Reinigung);
- ein befestigtes Betriebsgelände, Straßen, Maschinenhäuser, Gebläsestationen, Labor, Garagen, Betriebsgebäude mit Aufenthaltsräumen, Werkstätten, (Heizöl-)Lager und gärtnerisch gestaltete Grünflächen.

Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. Zufahrten, Baustraßen, Baustelle bzw. Baufeld, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze, Erdentnahmestellen, Bodendeponien, Baumaschinen und Baubetrieb, Baustellenverkehr und Baustellenbeleuchtung.

Wirkfaktoren
Relevanz
Erläuterungen
1 Direkter Flächenentzug
1-1 Überbauung / Versiegelung2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch Überbauung bzw. Versiegelung.

Durch die Anlagen selbst (Becken), die Gebäude und befestigtes Betriebsgelände und Zuwegungen kommt es zur Versiegelung.
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch die direkte Veränderung von Vegetations- bzw. Biotopstrukturen.

Vorhabensbestandteile, die Gewässer betreffen, sind für die entsprechende Gewässervegetation relevant. Im Bereich der Einleitungsstelle des Kläranlagenablaufs in den Vorfluter kann ein begrenzter Gewässerausbau erfolgen, um Ausspülungen zu vermeiden.
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung von Bodenverhältnissen im Sinne physikalischer Veränderungen, z. B. von Bodenart/-typ, -substrat oder -gefüge, die durch Abtrag, Auftrag, Vermischung etc. hervorgerufen werden.
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) regelmäßig zur Veränderung morphologischer Verhältnisse, z. B. in Form von Veränderungen an Relief und Geländeaufbau, die z. B. durch Abtrag, Auftrag, Einebnung etc. hervorgerufen werden. Bei Beckentiefen von üblicherweise 6-7 m (maximal ca. 10 m) kommt es zu Reliefveränderungen und es fallen große Aushubmengen an.

In natürlichen Überflutungsgebieten liegende Becken werden aus Gründen der Hochwasserfreiheit herausgehoben. Dazu müssen Erdmassen in großen Volumen bewegt und eingebaut werden, was zu veränderten geomorphologischen Verhältnissen führt.
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung der hydrologischen bzw. hydrodynamischen Verhältnisse.

Eine Veränderung der hydrologischen Verhältnisse kann sich z. B. ergeben, falls im Zuge der Baumaßnahmen für die Abwasserbehandlungsanlagen eine Senkung des Grundwasserspiegels durch Abpumpen, Aufstau oder Fließgewässerverlegungen erforderlich ist. Besonders ist dies der Fall, wenn tief gründende bauliche Anlagen, z. B. Fundamente großer Becken oder Gebäude den Grundwasserhorizont erreichen. Durch Grundwasserhaltung während der Bauzeit und in besonderen Fällen auch im Betrieb (wenn Becken nicht auftriebssicher gebaut wurden) können sich ebenfalls Änderungen in der Hydrodynamik und Hydrologie ergeben.

Anlagebedingt kann es aufgrund der Beckentiefe zu lokalen Änderungen wie z. B. der wasserbezogenen Standortfaktoren wie (Grund-)Wasserstand, Druckverhältnisse, Fließrichtung oder Strömungsverhältnisse kommen.

Bei Entnahme von Prozess- oder Brauchwasser für Reinigungszwecke, sprich Brunnenbohrungen, kann es zu Veränderungen des Grundwasserstandes kommen.

Je nach dem Verhältnis von Zuflussmenge zu natürlichem Durchfluss können sich die hydrodynamischen Parameter des Vorfluters verändern.
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit)2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse.

Durch die Einleitung des Abwassers in den Vorfluter kann es zu Veränderungen der hydrochemischen Parameter, wie z. B. Sauerstoffgehalt oder pH-Wert, im Fließgewässer kommen.

Das in Abwasserbehandlungsanlagen geklärte Abwasser gilt nach wie vor als Abwasser und wird in den Vorfluter mit +/- geringen Restbelastungen an organischen und sonstigen nicht abbaubaren Stoffen eingeleitet. Relevant sind hier u. a. Belastungen mit organischen Stoffen, Nährstoffen, Pharmaka, Salzen und industriespezifischen Reststoffen, z. B. Farbstoffe (vgl. auch Wirkfaktoren 6-1 bis 6-6).

Durch den Einsatz von Fäll- und Flockungsmitteln oder desinfizierenden Stoffen wie UV, Chlor oder Ozon kann es zu Veränderungen der hydrochemischen Bedingungen im Wasser kommen.

Durch baubedingte Einleitungen von Wasser in Grund-/Oberflächenwasser können zumindest temporär hydrochemische Veränderungen verursacht werden.
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung der Temperaturverhältnisse.

Einleitungen aus der Abwasseraufbereitung oder bestimmten Produktionsprozessen (thermische Verfahren) haben Temperaturänderungen im entsprechenden Oberflächengewässer zur Folge. Diese sind durch gesetzliche Grenzwerte beschränkt. Ebenso kann es an betroffenen Oberflächengewässern durch Freistellungen in Uferbereichen, aber auch durch veränderte Gewässerführungen und reduzierte Fließgeschwindigkeiten zur mittelbaren Erwärmung kommen.
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung standort- bzw. klimarelevanter Faktoren.

Massive Baustrukturen können bei bestimmten Relief- und lokalklimatischen Verhältnissen ggf. einen Kaltluftstau auf angrenzenden Flächen bedingen.

Morphologische oder strukturelle Veränderungen (z. B. Freistellung durch Beseitigung von Baum- und Strauchschicht, z. B. beim Anschnitt von Wäldern) wie auch zur Anlage gehörende Gebäude können zu Veränderungen in der Belichtung bzw. Beschattung und damit im Mikroklima führen.

Hierzu zählen auch mikroklimatisch relevante Änderungen der Luftfeuchtigkeit z. B. als mittelbare Folge der Anlage offener Klärbecken oder veränderter Lichtverhältnisse (vgl. auch Wirkfaktoren 3-2 od. 3-5).
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung bzw. Individuenverlust.

Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste können im Einzelfall durch Baustellenverkehr, offene Schächte, Kanäle, Gruben mit Fallenwirkung für bodengebundene Arten, Baustellenbeleuchtung oder ggf. durch Hilfsbauwerke und Kräne entstehen.

Zu Individuenverlusten kann es regelmäßig auch im Rahmen der Baufeldfreimachung bzw. -räumung (Vegetationsbeseitigung, Baumfällungen, Bodenabtrag etc.) kommen.
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung bzw. Individuenverlust.

Die Becken (senkrechte Wände, keine Ausstiegshilfe für Tiere) sowie weitere Vorhabensbestandteile (Schächte, Einläufe) können zu einzelnen Individuenverlusten führen (Bosch & Partner 2015).

Eine Barrierewirkung kann durch die Einzäunung und bei den flächenmäßig großen Anlagen (mögliche Flächengrößen von 75 ha) durch die anlagebedingten Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) hervorgerufen werden. Andererseits können auch veränderte standörtliche oder strukturelle Bedingungen (offene Wasseroberfläche großer Becken) zu Barriereeffekten für Tiere führen.
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung bzw. Individuenverlust.

Der Betrieb großer Klärbecken kann zu Falleneffekten für Tiere führen.

Zusätzlich können andere Faktoren zur Meidung bestimmter Bereiche führen und somit eine Barrierewirkung verstärken, z. B. können veränderte hydrochemische Parameter (s. Wirkfaktoren 3-3 und 3-4) hinter der Einleitungsstelle bewirken, dass Wasserorganismen diese Bereiche meiden.
5 Nichtstoffliche Einwirkungen
5-1 Akustische Reize (Schall)1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch akustische Reize.

Geräusche gehen bei Abwasserbehandlungsanlagen hauptsächlich von Belebungsbecken aus. Auch von Pumpwerken, Kompressoren, Rechenanlagen, Oberflächenbelüftern, der Schlammentwässerung, verschiedenen Reinigungsprozessen sowie bedingt durch den Tag und Nacht durchgängigen Betrieb sind akustische Reize zu erwarten.

Zudem ist die Bauphase mit ihrer baubedingten Verlärmung (z. B. durch Baumaschinen, Baustellenverkehr etc.) mit z. T. sehr hohen Spitzenlärmpegeln zu berücksichtigen.
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Bewegung bzw. optische Reizauslöser.

Der Einsatz von technischen Geräten (Bewegung, Reflektionen) sowie die Bauausführenden (menschliche Anwesenheit und Aktivität) können im Rahmen des Bauprozesses zu einer Beunruhigung störungsempfindlicher Arten führen.

Zu den optischen Störreizen zählen zudem bei bestimmten Arten des Offenlandes ("Kulissenflüchtern") strukturelle Störeffekte, die von höheren Bauwerken oder anderen Vertikalstrukturen ausgehen und die bei Klärwerken z. B. durch große Gebäude, Dämme oder höhere Gehölzpflanzungen ausgelöst werden können.
5-3 Licht1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Licht.

Licht resultiert bei Klärwerken aus der Beleuchtung der Anlagen, der Betriebsfläche und der Nebenanlagen.

In der Regel werden auch im Zuge des Bauprozesses künstliche Beleuchtungsanlagen (zum Teil von hoher Intensität) eingesetzt.
5-4 Erschütterungen / Vibrationen1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Erschütterungen bzw. Vibrationen.

Im Zuge des Bauprozesses kann es zumindest temporär zu starken Erschütterungen kommen, wenn schwere Maschinen bzw. entsprechende Verfahren eingesetzt oder Sprengungen erforderlich werden.
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt)2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch mechanische Einwirkung.

Mechanische Einwirkungen auf Böden, Bodenfauna und Vegetation durch Trittbelastung resultieren v. a. aus dem Baubetrieb (Befahren mit schweren Fahrzeugen oder regelmäßiges Betreten durch Arbeiter).
6 Stoffliche Einwirkungen
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Nährstoffeinträge.

Die in kommunalen bzw. gewerblichen Abwässern enthaltenen Stickstoffverbindungen können durch biologische Verfahren wie Nitrifikation und Denitrifikation bzw. physikalisch-chemische Verfahren wie Ionenaustausch oder Strippen nicht vollständig eliminiert werden, verbleibende Verbindungen gelangen in die Einleitgewässer. Hier kann es zur Eutrophierung sowie zur primären und sekundären O2-Zehrung und auch toxischen Wirkungen führen (BMU 2006, Teil 2: 54).

Bei einem Phosphateintrag kann das Wachstum von Algen (auch toxischen Cyanobakterien) gefördert werden, verbunden mit einer Sauerstoffzehrung in der Tiefe. Insbesondere phosphorlimitierte Gewässer können eutrophiert werden.

Beim "Umkippen" eines Stillgewässers können Phosphate aus schwerlöslichen Verbindungen rückgelöst werden.

Bei der Nutzung von Schlamm zur Strom- bzw. Wärmeerzeugung (z. B. Blockheizkraftwerk) wird Faulgas, welches hauptsächlich Methan enthält, verbrannt und kann ggf. entweichen. Die Nutzung von Faultürmen kann ebenfalls zum Entweichen von Methangas führen.

Anhaltspunkte für die Wirkung auf Fließ- und Stillgewässer ergeben sich aus einem Vergleich der sich ergebenden Belastung mit den Werten für Allgemeine physikalisch-chemische Qualitätskomponenten in Anlage 7 der Oberflächengewässerverordnung (OGewV), insbesondere für den sehr guten ökologischen Zustand bzw. der Umweltqualitätsnorm für Nitrat in Anlage 8 OGewV.
6-2 Organische Verbindungen1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch organische Verbindungen.

Eine Anzahl organischer Giftstoffe, die möglicherweise erbgutverändernd, krebserzeugend, bioakkumulierbar und persistent sind, können in Abwasserbehandlungsanlagen nicht vollständig eliminiert werden, so z. B. PFC, PCB, PAK, Organophosphate und Organozinnverbindungen.
Anhaltspunkte für die Wirkung auf Fließ- und Stillgewässer ergeben sich aus einem Vergleich der sich ergebenden Belastung mit den Umweltqualitätsnormen in Anlage 6 und Anlage 8 OGewV.
6-3 Schwermetalle1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Schwermetalle.

Schwermetalle (v. a. Ni, Cd, Cu, Zn, Pb, Hg, Cr) können branchenspezifisch besonders in Industrieabwässern enthalten sein. Dabei reicht die Reinigungskraft der Anlagen nicht aus, um alle Schwermetalle zurückzuhalten. So kann es zu Anreicherung der Schwermetalle im Sediment der einzuleitenden Oberflächengewässer kommen (Hosang & Bischof 1998: 331).

Weiterhin enthalten bestimmte Fäll- und Flockungsmittel geringe Anteile an Schwermetallen, deren entstehende schwermetallhaltigen Rückstände ggf. ins Einleitungsgewässer gelangen können.

Anhaltspunkte für die Wirkung auf Fließ- und Stillgewässer ergeben sich aus einem Vergleich der sich ergebenden Belastung mit den Umweltqualitätsnormen in Anlage 6 und Anlage 8 OGewV.
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch sonstige durch Verbrennungs- und Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe.

Vorrangig bei Industrieabwässern können produktionsbedingte, schwer eliminierbare Schadstoffe ins Abwasser übergehen, wie z. B. nicht komplett biologisch abbaubare und auch nicht filtrierbare Farbstoffe der Textilindustrie.
6-5 Salz2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Salz.

Durch die Einleitung aus der Behandlungsanlage kann es im Vorfluter zur Erhöhung des Salzgehaltes kommen, da aufgrund der hohen Mobilität des Chlorids dieses nicht im Becken zurückgehalten werden kann (ifs 2018, LBM 2019).

Weiteres siehe im Steckbrief "Oberflächenwassereinleitung".

Auch die als Fäll- und Flockmittel verwendeten Eisen-, Aluminium- u. a. Metallsalze sind im Klärprozess nicht vollständig abbaubar.
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente)1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Depositionen mit strukturellen Auswirkungen.

Im Prozess der Abwasserbehandlung werden im Normalfall zwar die absetzbaren, nicht aber die abfiltrierbaren Stoffe eliminiert (Ausnahme: Retentionsbodenfilterbecken). Daraus resultiert ein geringer Anteil von ca. 5 mg/l die Sichttiefe verringernder und strukturell wirkender Stoffe in der Abwasserfracht.
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung)2 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch olfaktorische Reize.

Geruchemissionen gehen von Abwasserbehandlungsanlagen regelmäßig aus, z. B. von Belebungsbecken sowie von Stellen, an denen ungenügend ausgefaulter Klärschlamm und Rechengut anfällt, z. B. bei offener Klärschlammlagerung und -behandlung. Sie sind durch Fäulnis organischer Reste unter Beteiligung von Fäulnisbakterien bedingt.

Für die olfaktorischen Auswirkungen auf FFH-relevante Arten muss jedoch eine geringere Relevanz als für das Schutzgut Mensch angenommen werden.
6-8 Endokrin wirkende Stoffe1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Arzneimittelrückstände bzw. endokrin wirkende Stoffe.

Eine Reihe im Abwasser enthaltener Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel und endokrin wirksamer Stoffe (natürliche Hormone, synthetisch hergestellte Hormone, von Pflanzen und Pilzen gebildete Stoffe, Pflanzenschutzmittel, Imprägnierungen, hormonell wirksame Industriechemikalien, z. B. Phtalatsäureester, Bisphenol A, Abbauprodukte von Tensiden, z. B. Nonyphenol) werden in Klärwerken meist nur unvollständig eliminiert. Ihre Konzentrationen im Ablaufwasser können noch hoch genug sein, um das Wachstum und die Fortpflanzung von Gewässerorganismen in den Einleitgewässern zu beeinträchtigen (z. B. Amphibien und Fische, Jordi 2012: 54).

Anhaltspunkte für die Wirkung auf Fließ- und Stillgewässer ergeben sich aus einem Vergleich der sich ergebenden Belastung mit den Umweltqualitätsnormen in Anlage 6 und Anlage 8 OGewV.
6-9 Sonstige Stoffe1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch sonstige Stoffe.

Vorrangig bei kommunalen Kläranlagen ohne Desinfektionsstufe und ggf. einschlägigen gewerblichen Abwasseranlagen kann im Abwasser eine relevante Keimbelastung mit schlecht abbaubaren Bakterien u. a. Krankheitserregern verbleiben. Die Keimbelastung ist über die Reinigungsleistung der Desinfektionsstufe steuerbar. Maximal werden die Parameter gemäß der EU-Badewasserqualität erreicht.

Kläranlagen können Mikroplastik nicht vollständig aus dem Abwasser herausfiltern, so dass es in Klärschlamm oder Einleitgewässer und somit ggf. in Nahrungsketten gelangen kann.
7 Strahlung
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen
8-1 Management gebietsheimischer Arten0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die Förderung bzw. Ausbreitung gebietsfremder Arten.

Wenn bei der Bepflanzung und Pflege von gärtnerisch gestalteten Strauch- und Baumpflanzungen im Betriebsgelände gebietsfremde Arten oder Genotypen eingebracht und gefördert werden, kann es im Weiteren zu deren Ausbreitung - auch auf dem Wasserpfad - kommen.
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)1 Der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen führt aufgrund verschiedener möglicher Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die Bekämpfung von Organismen.

Im Abwasser enthaltene Herbizide werden in Klärwerken meist nur unvollständig eliminiert. Ihre Konzentrationen im Ablaufwasser können auch die Photosynthese von Algen unterbinden. Neurotoxische Insektizide schädigen das Nervensystem von Wassertieren (Jordi 2012: 54).

Zum Teil bedeutende Pestizidmengen gelangen durch die Reinigung der Spritzen und Fahrzeuge auf den Höfen von landwirtschaftlichen Betrieben in die kommunalen Kläranlagen und damit in die Gewässer (BMU 2006: 119).

Anhaltspunkte für die Wirkung auf Fließ- und Stillgewässer ergeben sich aus einem Vergleich der sich ergebenden Belastung mit den Umweltqualitätsnormen in Anlage 6 und Anlage 8 OGewV.
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
9 Sonstiges
9-1 Sonstiges0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.

Leitfäden / Literatur zu diesem Projekttyp

Bosch & Partner (2015): Handbuch für Landschaftspflegerische Begleitplanung bei Straßenbauvorhaben im Land Brandenburg (HB LBP), Teil II Arbeitshilfen. Im Auftrag des Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg - LS, Hrsg.: Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung - MIL, 167 S.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) (2006): Umweltpolitik. Wasserwirtschaft in Deutschland, Teil 2 Gewässergüte. 126 S.

Fehr, G. & Jütging, M. (1994): Abwasserbehandlungsanlagen. Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung Band 2, 12. Lieferung 1994.

Fuhrmann, T. (2014): Anwendung und Potenziale von Abwasserteichsystemen im internationalen Kontext. Schriftenreihe "Umwelttechnik und Umweltmanagement" Band 32 IEEM - Institut für Umwelttechnik und Management an der Universität Witten/Herdecke gGmbH.

Hosang, W. & Bischof, W. (1998): Abwassertechnik. 11. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Teubner Verlag Stuttgart Leipzig.

ifs - Ingenieurgesellschaft für Stadthydrologie (2018): Immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen. Gutachten im Auftrag der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Hannover. Bearbeiter: D. Grotehusmann & K. Kornmayer. April 2018. 50 S. + 8 Anlagen.

Jordi, B. (2012): Mikroverunreinigungen. In: Bundesamt für Umwelt (BAFU), Magazin "umwelt" Heft 1: 53-56.

Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) (2019): Leitfaden Chlorid. Beurteilung von Chlorideinleitungen in FFH-Fließgewässerlebensräume (LRT 3260) bei Straßenbauvorhaben in Rheinland-Pfalz. Stand Nov. 2016, 34 S.

Spiegel Online (2013): Verschmutzte Meere. Fische erleiden Leberschäden durch Plastikmüll.

Spiegel Online (2014): Schadstoffe. Mikroplastik überfordert Kläranlagen.

Relevanz des Wirkfaktors

0 (i. d. R.) nicht relevant
1gegebenenfalls relevant
2regelmäßig relevant

Bearbeitung und Zitiervorschlag: siehe Impressum von