FFH-VP-Info

Fachinformationssystem des BfN
zur FFH-Verträglichkeitsprüfung

Stand: 12. Januar 2023
Bundesamt für Naturschutz

Wirkfaktoren des Projekttyps

14 Gewerbe-, Industrie-, Wohn-, Ferienanlagen >> Wohnbauflächen und -gebiete

Bemerkung: Zum Projekttyp Wohnbauflächen und -gebiete, wie z. B. Städtebauprojekte, Wochenendhausgebiete u. a., gehören als Vorhabensbestandteile erstens Gebäude verschiedener Funktionen (je nach Nutzungsform des Gebietes vgl. BauNVO): Wohnbauten sowie Einrichtungen für kulturelle und soziale Zwecke, Handels-, Gastronomie- und Gewerbeeinrichtungen, Tankstellen, Garagen, Haltestellen des ÖPNV u. a.

Zweitens werden in Wohnbaugebieten auch Straßen und Plätze angelegt sowie auch (S-)Bahntrassen, Geh- und Radwege, Erschließungs- und Unterhaltungswege, Stellplätze, Hof- und Lagerflächen, Umzäunungen, Lärmschutzwände oder -wälle, Ver- und Entsorgungsinfrastruktur, Straßenbeleuchtung, Regenrückhalteanlagen, Entwässerungsgräben und -mulden, Fließgewässerumgestaltungen und -verrohrungen, Abgrabungen oder Aufschüttungen, (temporäre) Brachflächen, öffentliche Grünflächen (hierzu Abstandsgrün, private Gartenanlagen, Spielplätze) u. a. mehr. Sie stellen z. T. eigenständige Projekttypen dar (Lärmschutzwände und -wälle, Regenrückhaltebecken, Abwasserbehandlung/Abwassereinleitung, Projektgruppe 10 "Leitungen", etc.).

Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. Baustellen und Baufelder, Materiallagerplätze, Maschinen und -abstellplätze, Erdentnahmestellen und Bodendeponien. Zum Baubetrieb gehören außer der Ausführung der spezifischen Maschinenarbeiten auch Baufeldberäumung inkl. Abrissmaßnahmen, Baustellenverkehr und -beleuchtung, Grundwasserabsenkungs- und -haltungs- sowie Gewässer- und Uferbaumaßnahmen (zu Gewässerbaumaßnahmen s. Projekttypgruppe 6.

Wirkfaktoren
Relevanz
Erläuterungen
1 Direkter Flächenentzug
1-1 Überbauung / Versiegelung2 Der Bau von Wohnbauflächen und -gebieten führt durch die anlagebedingten Vorhabensbestandteile der Gebäude und dazugehörigen Nebenanlagen (s. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch Überbauung/Versiegelung von Flächen.

Zeitweilige Überdeckung und teilweise Versiegelung können bereits im Vorfeld z. B. während der Baumaßnahmen im Bereich der Baustellen, Baufelder, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze und Bodendeponien stattfinden.
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen2 Der Neubau von Wohnbauflächen und -gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch direkte Veränderung von Vegetations- bzw. Biotopstrukturen.

Hierzu zählen die Maßnahmen der Baufeldberäumung und Vegetationsbeseitigung bis hin zu deren Totalverlust, der Baustellenverkehr auf befahrenen Nebenflächen sowie ggf. auch Gewässer- und Uferbaumaßnahmen.

Strukturverluste kommen durch Bankettpflege, Maßnahmen der Verkehrssicherungspflicht an Zufahrtsstraßen oder in peripheren Bereichen von Wohnsiedlungen zustande.

Der Wirkfaktor 2-1 schließt auch die Neuentstehung von Vegetationsflächen ein. Landschaftsbauliche und gärtnerische Maßnahmen zur Anlage und Pflege (Mahd, Mulchen, Herbizideinsatz) von öffentlichen und privaten Grünflächen, Straßenbegleitvegetation u. a. können lokal zu einer veränderten Pflanzendecke führen.
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege.

Zur kurzzeitigen Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege von Lebensräumen kann es wegen erschwerter Zugänglichkeit, z. B. aufgrund baubedingter Sperrungen oder Barrieren, beim Bau von Wohngebieten kommen.
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die (länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung/Pflege.

Hierzu kann es aufgrund anlagebedingter und somit dauerhafter Zerschneidungen oder dauerhaften Barrieren kommen.

Durch das Abtrennen können zudem (sehr) kleine Restflächen verbleiben, bei denen die Nutzung aufgrund der fehlenden Wirtschaftlichkeit aufgegeben wird.
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes2 Der Neubau von Wohnbauflächen und -gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (Abtrag, Auftrag, Vermischung etc.) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung von Bodenverhältnissen im Sinne physikalischer Veränderungen, z. B. von Bodenart, -typ, -substrat oder -gefüge.

Der ursprüngliche Boden wird vor dem Bau großflächig und bei entsprechender Fundamenttiefe auch tiefgründig abgetragen. Der Oberboden wird i. d. R. gesondert in Mieten gelagert, um ihn nach Bauende z. B. bei der Gestaltung der Außenanlagen wieder zu verwenden. Die ursprüngliche Struktur und das typische Bodengefüge gehen dabei verloren. Künstlich aufgetragene Böden bestehen entweder aus umgelagerten, natürlichen Bodensubstraten, aus künstlichen Substraten oder häufig aus Mischungen verschiedener Substrate (Blume 1998: 170ff.).

Die Bodeneigenschaften in Wohngebieten und deren Umgebung werden stark durch die Nutzung und (Tiefen-)Verdichtung durch die Fahr- und Trittbelastung beeinflusst.
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse1 Der Neubau von Wohnbauflächen und -gebieten kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung morphologischer Verhältnisse führen, z. B. in Form von Veränderungen an Mikro- oder Makrorelief, Geländeaufbau oder Gewässermorphologie, die z. B. durch Abtrag, Auftrag, Einebnung etc. hervorgerufen werden.
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse1 Der Bau von Wohnbauflächen und -gebieten kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung hydrologischer oder hydrodynamischer Verhältnisse führen, z. B. in Form von Veränderungen an den wasserbezogenen Standortfaktoren wie (Grund-)Wasserständen, Druckverhältnissen, Fließrichtung, Strömungsverhältnissen oder -geschwindigkeit. Dies schließt entsprechende Veränderungen in Oberflächengewässern, im Bodenwasser und im Grundwasser ein.

Verschiedene mögliche Wasserbaumaßnahmen, z. B. Uferbau, Sohlbefestigung, Aufstau, Vertiefungen, Verkürzungen, Verlegungen, Hochwasserschutzmaßnahmen oder das Anlegen künstlicher Gewässer als gestalterische Elemente, können veränderte hydrodynamische Verhältnisse im betroffenen Fließgewässer zur Folge haben.

Die Entlastungsüberläufe der Kanalisationsanlagen werden häufig ins nächstgelegene Fließgewässer geleitet. Bei Starkregen haben solche stoßweisen hydraulischen Belastungen ggf. starke Veränderungen der Fließgewässerparameter zur Folge (Schuhmacher 1998: 209). Auch wenn die Niederschläge zeitversetzt über Regenrückhalteanlagen in die Vorfluter abgeleitet werden, können daraus veränderte hydrodynamische Fließgewässerparameter resultieren.

Anlagebedingt können Baukörper oder Baugrubenumschließungen ggf. Aufstau, Umleitung oder Absenkung von Grundwasser bewirken. Hinzu kommen ggf. Bewässerungsbrunnen auf Privatgrundstücken, deren Einzugsbereich auf dem Grundwasserniveau liegt.

Beim Bauen im Grundwasser kann es baubedingt zu einer vorübergehenden Entnahme und Absenkung von Grundwasser kommen.
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit)1 Der Neubau von Wohnbauflächen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung hydrochemischer Verhältnisse z. B. in Form einer Veränderung der Gewässerbeschaffenheit u. a. durch bau- oder betriebsbedingte Einleitungen von Wasser mit einer anderen Beschaffenheit in Grund-/Oberflächenwasser führen. Relevant sind hier u. a. auch Belastungen mit Schadstoffen, Nährstoffen, Schwebstoffen oder Salzen (vgl. auch Wirkfaktoren 6-1 bis 6-6).
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse1 Der Neubau von Wohnbauflächen und -gebieten kann wegen verschiedener Vorhabensbestandteile zu Beeinträchtigungen durch die Veränderung von Temperaturverhältnissen führen.

Folgende Aspekte können - wie z. B. auch beim Stadtklima - zu einer Veränderung des Lokalklimas führen: flächenhafte Versiegelung (Aufheizung von Asphalt bis auf 60 °C möglich), Bausubstanz mit hohem Wärmespeichervermögen, Strahlungsreflexion, größere Gelände-Rauigkeit und massive Gebäudestrukturen beeinflussen Luftströmungen zwischen Warm- und Kaltluftgebieten; Schattenwirkung hoher Bauten; Ableitung des Niederschlagswassers in die Kanalisation; Wärme- und Partikelemissionen (Kondensationskerne) aus anthropogen verursachten Verbrennungsprozessen (Helbig 2003: 66f.). Der für Abkühlung sorgende Verdunstungsprozess wird durch Beseitigung der Vegetationsdecke wesentlich reduziert (der Schattenwurf der Vegetationsbedeckung ist weniger bedeutsam für die Kühlwirkung, vgl. Hildmann 2008: 230).

Eine unmittelbare Erwärmung von Oberflächengewässern kann mit der Einleitung von erwärmtem Wasser, z. B. von Straßenoberflächen oder aus Rückhaltebecken stattfinden.
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren1 Der Bau von Wohnbauflächen und -gebieten und deren Zufahrtsstraßen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) Beeinträchtigungen durch die Veränderung weiterer Standortverhältnisse zur Folge haben.

Hier zugeordnet sind auch veränderte Beschattungs-/Belichtungsverhältnisse aufgrund von morphologischen oder strukturellen Veränderungen (z. B. Verschattung durch Gebäude, Wände, Gehölzpflanzungen etc.) oder aufgrund einer Freistellung von Flächen durch Beseitigung der Baum- und Strauchschicht, z. B. beim Anschnitt von Wäldern.

Hierzu zählen auch mikroklimatisch relevante Änderungen der Luftfeuchtigkeit im bebauten bzw. versiegelten Bereich oder z. B. als mittelbare Folge der Anlage oder Beseitigung von Gewässern oder veränderter Lichtverhältnisse (vgl. auch Wirkfaktoren 3-2 od. 3-5).

Je nach Temperaturunterschieden und Geländetopographie kann es zum Luftaustausch zwischen dem Siedlungsgebiet und dem Umland (d. h. zu thermisch induzierten, lokalen Winden) kommen. Auf der Leeseite von Städten erreicht eine Warmluftfahne das Umland (Helbig 2003: 66). In den umgebenden Randgebieten können Mischklimate entstehen. Bei ausreichendem thermischem Gradienten zwischen Stadt und Umland wehen bei schwachwindigem und wolkenarmem Wetter stadteinwärts gerichtete Flurwinde (nächtliche, bodennahe Luftströmungen) (Kuttler 1998: 149).
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Der Bau von Wohnbauflächen und -gebieten kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) Beeinträchtigungen durch baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung/Individuenverlust zur Folge haben.

Individuenverluste bei Tier- und Pflanzenarten treten regelmäßig im Zuge der Baufeldfreimachung bzw. -räumung (Vegetationsbeseitigung, Baumfällungen, Bodenabtrag etc.) auf.

Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste können u. a. durch Baustellen- und Baustraßenverkehr, durch offene Schächte, Kanäle, Gruben mit Fallenwirkung für bodengebundene Arten, durch Baustellenbeleuchtung oder ggf. durch Hilfsbauwerke und Kräne auftreten.

Durch Abrissmaßnahmen kann es zu Individuenverlusten insbesondere bei gebäudebewohnenden Vogelarten und Fledermausarten kommen.
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Der Bau von Wohnbauflächen und -gebieten kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) Beeinträchtigungen durch anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung/Individuenverlust zur Folge haben.

Die Tötung von Tieren (Vögel, Insekten, Amphibien) kann auf eine Kollision mit baulichen Bestandteilen des Vorhabens (z. B. Glaswänden) zurückzuführen sein oder darauf, dass Tiere aus fallenartig wirkenden Anlagen (z. B. Gullys, Schächte, Gruben, Becken) nicht mehr entkommen können und darin verenden.

Eine Barrierewirkung kann einerseits durch große bebaute Flächen, massive Gebäudestrukturen, anderseits durch veränderte standörtliche oder strukturelle Bedingungen (vegetationsfreie, versiegelte Flächen) hervorgerufen werden. Zusätzlich können andere Faktoren der Wirkfaktorgruppe 5 zur Meidung bestimmter Bereiche führen und somit eine Barrierewirkung verstärken.
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität2 Der Bau von Wohnbauflächen und -gebieten kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. Bemerkung) Beeinträchtigungen durch betriebsbedingte Barrierewirkung/Individuenverlust zur Folge haben.

Mit dem Bau, Ausbau oder der stark erhöhten Nutzung von Zufahrtsstraßen für Wohngebiete sind regelmäßig verkehrsbedingte Barriere- oder Fallenwirkungen/Individuenverluste verbunden, s. hierzu auch Projekttyp Straßen.

Die Tötung von Tieren ist i. d. R. auf eine Kollision mit Fahrzeugen zurückzuführen. Im Einzelfall können hier auch die Straßenunterhaltung (z. B. Winterdienst, Böschungspflege, Baumschnitt) eine Rolle spielen.

Hinzu kommen die Auswirkungen der Haustierhaltung, z. B. der Auslauf oder das Streunen von Hauskatzen und Hunden.

Eine betriebsbedingte Barrierewirkung kann einerseits durch eine hohe Mortalitätsrate, andererseits aber auch durch zusätzliche Störwirkungen entstehen (s. unter Wirkfaktorgruppe 5), die zur Meidung des Gebietes führen.
5 Nichtstoffliche Einwirkungen
5-1 Akustische Reize (Schall)2 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch akustische Reize.

Beim Bau von Wohngebieten kommt es regelmäßig baubedingt zur Verlärmung mit z. T. hohen Spitzenlärmpegeln durch Maschinen und Bauarbeiten.

Von Wohngebieten ausgehende Lärmemissionen sind auch in den umliegenden Gebieten zu erwarten. Wichtige Lärmquellen sind an erster Stelle der innerörtliche Straßenverkehr sowie ggf. der Wohn- und Freizeitbereich (Sportareale).

Hinzu kommen Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen am Gebäudebestand, auf den Grün- und Straßenbegleitflächen.

Akustische und optische Störwirkung sind dabei häufig nicht klar voneinander abgrenzbar (vgl. auch Wirkfaktor 5-2).
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)2 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch optische Reize.

Besonders bei diesem Projekttyp kann die tagsüber auch abseits von Wegen zu erwartende Anwesenheit des Menschen zur Freizeit- und Erholungsnutzung, z. B. in Form von Spazierengehen, Jogging, Mountainbiking u. a. dazu führen, dass optische Reizauslöser auf störungsempfindliche Tiere der betroffenen Habitate einwirken. Des Weiteren können visuelle Störungen durch Haustiere eintreten, wie z. B. beim Streunen von Hauskatzen, dem regelmäßigen Ausführen von Hunden oder dem Freilauf nicht angeleinter Hunde.

Auch durch die Pflege und Unterhaltung auf Grün- und Straßenbegleitflächen können optische Reizauslöser auftreten.

Während der Bauphase werden zumindest temporär auch baubedingte Störreize (durch Baustellenverkehr und -betrieb) hervorgerufen.

Anlagebedingt können Wohnbauflächen und -gebiete durch strukturelle Störeffekte zu relevanten Beeinträchtigungen bei Arten des Offenlandes ("Kulissenflüchtern") führen.
5-3 Licht2 Beim Neubau von Wohnbauflächen und -gebieten ist Licht als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Lichtquellen sind in Wohngebieten z. B. Beleuchtungen von Straßen, Brücken, Plätzen, Haltestellen, Kfz-Beleuchtungen, (Innen-)Beleuchtungen von Gebäuden (Wohnhäuser, Geschäfte, Gewächshäuser), Einbruchschutz, Schmuckbeleuchtungen (z. B. angestrahlte Bauwerke), Leuchtreklame und Reklamescheinwerfer, Beleuchtungsanlagen in Grünflächen, künstlerische Installationen, Lichteinsatz bei Stadtfesten, Skybeamer sowie das abgestrahlte, reflektierte, diffuse Licht. Von hoher Lichtstärke sind v. a. Flutlichtanlagen.

Nicht zuletzt werden in der Regel auch im Zuge des Bauprozesses künstliche Beleuchtungsanlagen (zum Teil von hoher Intensität) eingesetzt.
5-4 Erschütterungen / Vibrationen1 Beim Neubau von Wohnsiedlungsgebieten können Erschütterungen bzw. Vibrationen als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Insbesondere im Zuge des Bauprozesses kann es zumindest temporär zu starken Erschütterungen kommen, wenn schwere Maschinen bzw. entsprechende Verfahren eingesetzt werden.
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt)1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch mechanische Einwirkung.

Beim Bau von Wohnsiedlungsgebieten können mechanische Einwirkungen durch Trittbelastungen aus einer +/- hochfrequenten Sport- und Freizeitnutzung (Erholungsdruck), Trampelpfade oder inoffizielle Fahrspuren entstehen.

In besonders empfindlichen Lebensräumen, z. B. Gebieten mit Orchideen oder anderen Interesse weckenden, dabei aber seltenen Pflanzen, kann die absichtliche Entnahme über längere Zeit gesehen zu einer beträchtlichen Dezimierung der Bestände von Arten und Lebensgemeinschaften führen.

Aus dem Baubetrieb resultierende mechanische Einwirkungen auf Böden, Bodenfauna und Vegetation ergeben sich aus dem Befahren mit schweren Fahrzeugen oder dem regelmäßigen Betreten durch Arbeitskräfte.
6 Stoffliche Einwirkungen
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch den Eintrag von Stickstoff- u. Phosphatverbindungen/Nährstoffeintrag.

Zu den relevanten Stickstoffverbindungen zählen z. B. Stickoxide und Ammoniak. NO2 ist überwiegend auf den Straßenverkehr sowie auf Feuerungsanlagen zurückzuführen und zählt zu den wichtigsten luftbürtigen Emissionen anthropogener Siedlungstätigkeit. Zum Nährstoffeintrag können ggf. auch anthropogene Abfälle beitragen.

Zur intensiven Pflege der gärtnerisch gestalteten Grünflächen in Wohnbaugebieten gehören naturgemäß hohe Düngemittelgaben. Es können sich humose, mit Nährstoffen angereicherte Gartenböden (Hortisole) herausbilden.

Mit der Anlage von Stillgewässern in den Grünflächen kann es zu erhöhtem Fischbesatz, einer Tendenz zur Eutrophierung sowie Algenblüten mit toxischen Stoffen kommen (Schuhmacher 1998: 211f.).
6-2 Organische Verbindungen1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch den Eintrag von organischen Verbindungen durch Verkehr und Kleinfeuerungsanlagen.

In den Kraftstoffen und deren Verbrennungsprodukten finden sich verschiedene, z. T. flüchtige organische Verbindungen (z. B. Benzol; FCKW, wie Perchlorethen und polychlorierte Dioxine; polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Benzo[a]pyren), die als Emissionen (z. B. atmosphärisch, aquatisch) freigesetzt werden können.

Bei Holzfeuerungsanlagen entstehen durch unvollständige Verbrennung polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Der überwiegende Teil der PAK-Emissionen in die Luft geht auf Haushalte und Kleinverbraucher zurück (UBA 2018, 2020a).
6-3 Schwermetalle1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) zu Beeinträchtigungen durch Schwermetalle v. a. durch Einträge in Gewässer führen.

Schadstoffquellen sind v. a. Verkehr und (Klein-)Feuerungsanlagen sowie das Abflusswasser von Dachflächen (vgl. Rösel et al. 2020). In den Kraftstoffen sowie im Abrieb von Reifen und Bremsbelägen finden sich verschiedene Schwermetalle (z. B. Pb, Zn, Cu, Cr, Cd) in unterschiedlichen Mengenverhältnissen, die dann auch als Emissionen in Wohnbaugebieten auftreten können. Bei Cd, Cr, Hg, Pb sind Haushaltungen für ca. 3-5 % der Emissionen in die Luft verantwortlich (UBA 2020b).
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch den Eintrag von Feinstaub.

Holzfeuerungsanlagen können zu hohen Feinstaubemissionen führen (UBA 2018), die ggf. relevant sind.
6-5 Salz1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch den Eintrag von Salzen.

Im Zuge des Winterdienstes auf den Verkehrswegen, Plätzen und Bürgersteigen treten regelmäßig Streusalzimmissionen auf, die in Böden und Gewässer gelangen können.
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente)1 Beim Neubau von Wohngebieten können Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebstoffe u. Sedimente) als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Baubedingt kann durch die Schaffung offener, vegetationsarmer Freiflächen oder das Befahren offener, sandiger Flächen ein erhöhter Staubeintrag in die Umgebung erfolgen.

Bei Bauarbeiten an Gewässern kann es zudem zu Schwebstoff- bzw. Schlammeinträgen, zur Sedimentverwirbelung durch Baggerarbeiten, zu Veränderungen der Sohlbewegung, des Schwebstoff- und des Geschiebetransportes oder der Sedimentationsprozesse kommen.
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung)0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-8 Endokrin wirkende Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
6-9 Sonstige Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Stoffe liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7 Strahlung
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen
8-1 Management gebietsheimischer Arten1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch das Management gebietsheimischer Arten.

Im Siedlungsbereich werden oft indirekt wenig scheue und hoch anpassungsfähige Kulturfolger im Artenspektrum gefördert, die ggf. über Nahrungskonkurrenz, Konkurrenz um Nistplätze oder Prädation Auswirkungen auf (angrenzende) Vorkommen anderer Arten haben können.
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch Förderung/Ausbreitung gebietsfremder Arten.

Von bebauten Wohngebieten können die Förderung und Ausbreitung gebietsfremder, häufig ubiquitärer Pflanzen- und Tierarten in die umgebenden Lebensgemeinschaften ausgehen. Menschliche Siedlungen sind Ausgangspunkte der Verbreitung für Neobiota (Hubo et al. 2007: 146). Etwa die Hälfte der invasiven Neophyten wurden ehemals als Zier- und Gartenpflanzen absichtlich in Gärten und Parks eingeführt (a. a. O.: 146,85). Gebietsfremde Pflanzenarten können z. B. aus öffentlichen Grünflächen und privaten Gärten, Abfällen von Pflegemaßnahmen des öffentlichen Grüns oder von Straßenbegleitgrün und Böschungsansaaten aus in die Umgebung verbreitet werden (a. a. O.: 88). Von Wohngebieten aus können sich auch Vogelfutterpflanzen verbreiten.

In Städten kann eine Verdrängung und Überprägung der heimischen Fauna z. B. durch Halsbandsittich, Mönchssittich, Streifen- und Grauhörnchen, Schmuckschildkröten und verwilderte Hauskatzen (Mortalitätsrisiko für Vögel) erfolgen (Erz & Klausnitzer 1998: 289).

Einen weiteren Pfad für gebietsfremde und auch invasive Arten kann der Einsatz von Baumaterialien oder deren Verpackungen darstellen (wie z. B. für den Asiatischen Laubholzbockkäfer aus Holzpaletten von Pflastersteinen dokumentiert, Hölling 2016).
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)1 Der Neubau von Wohnbauflächen- und Gebieten führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (vgl. Bemerkung) ggf. zu Beeinträchtigungen durch die Bekämpfung von Organismen.

Für den Gebrauch zum Zwecke der Grün- und Freiflächenunterhaltung steht eine Vielzahl an Fungiziden, Herbiziden, Insektiziden, Molluskiziden, Akariziden und Rodentiziden zur Verfügung, die bei der Anwendung in +/- geringen Mengen in die Umgebung abgegeben werden können. Auf privaten Grünflächen werden sie im ungünstigen Fall nicht entsprechend der Anwendungshinweise eingesetzt.
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
9 Sonstiges
9-1 Sonstiges0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.

Leitfäden / Literatur zu diesem Projekttyp

Blume, H.-P. (1998): Böden. In: Sukopp, H. & Wittig, R. (Hrsg.): 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Stadtökologie. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart - Jena - Lübeck - Ulm: 168-185.

Erz, W. & Klausnitzer, B. (1998): Fauna. In: Sukopp, H. & Wittig, R. (Hrsg.): Stadtökologie. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage, Fischer Verlag Stuttgart-Jena-Lübeck-Ulm: 266-315.

Gassner, E., Winkelbrandt, A. & Bernotat, D. (2010): UVP und strategische Umweltprüfung - Rechtliche und fachliche Anleitung für die Umweltprüfung. 5. Auflage, C. F. Müller Verlag Heidelberg, 480 S.

Helbig, A. (2003): Das Stadtklima zwischen Wärmeinsel und Smogbelastung. In: Leibniz-Institut für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Spektrum Verlag Heidelberg: 66-67.

Held, M., Hölker, F. & Jessel, B. (Hrsg.) (2013): Schutz der Nacht - Lichtverschmutzung, Biodiversität und Nachtlandschaft. BfN-Skripten 336, 189 S.

Hildmann, H. (2008): Klimaschutz braucht einen intakten Landschaftshaushalt. UVP-Report 22 (5): 229-233.

Hubo, C., Jumpertz, E., Krott, M., Nockemann, L., Steinmann, A. & Bräuer, I. (2007): Grundlagen für die Entwicklung einer nationalen Strategie gegen invasive gebietsfremde Arten. BfN-Skripten 213.

Hölling, D. (2016): Der Asiatische Laubholzbockkäfer in Europa.

Kuttler, W. (1998): Stadtklima. In: Sukopp, H. & Wittig, R. (Hrsg.): 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Stadtökologie. Gustav Fischer Verlag Stuttgart - Jena - Lübeck - Ulm: 125-167.

Robb, G. N., McDonald, R. A., Chamberlain, D. E., Reynolds, S. J., Harrison, T. J., & Bearhop, S. (2008): Winter feeding of birds increases productivity in the subsequent breeding season. Biology letters 4 (2): 220-223. doi:10.1098/rsbl.2007.0622.

Rösel, L., Hildmann, C., Walko, M. & Heinkele, T. (2020): Anwendungsgrundsätze für Geringfügigkeitsschwellen zum Schutz des Grundwassers (GFS-Werte) am Beispiel der Niederschlagswasserversickerung. Abschlussbericht UBA-Texte 151 Forschungskennzahl 3717 23 221 0 FB000318. Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V., Finsterwalde. Hrsg. UBA.

Schuhmacher, H. (1998): Stadtgewässer. In: Sukopp, H. & Wittig, R. (Hrsg.): 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Stadtökologie. Gustav Fischer Verlag Stuttgart - Jena - Lübeck - Ulm: 201-218.

Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.) (2018): Kleine und mittlere Feuerungsanlagen.

Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.) (2020): Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen (Persistente Organische Schadstoffe, engl. POPs) 1990 - 2018.

Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.) (2020): Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen (Schwermetalle) 1990 - 2018.

Relevanz des Wirkfaktors

0 (i. d. R.) nicht relevant
1gegebenenfalls relevant
2regelmäßig relevant

Bearbeitung und Zitiervorschlag: siehe Impressum von