Fachinformationssystem des BfN
Stand: 12. Januar 2023 |
Bemerkung: | Der Projekttyp umfasst die Herstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen einschließlich anlage-, bau- und betriebsbedingter Vorhabensbestandteile.
Zu den möglichen anlagebedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. die Errichtung von Gebäuden, Nebengebäuden, Gewächshäusern, Lager, Bewässerungsanlagen, Zäune sowie Wege. Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. die Pflanzung, Zufahrten, Baustraßen, Baustelle bzw. Baufeld, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze, Erdentnahmestellen, Bodendeponien, Baumaschinen und Baubetrieb, Baustellenverkehr und Baustellenbeleuchtung. Zu den betriebsbedingten Vorhabensbestandteilen zählt die Bewirtschaftung der (Intensiv-)Obstbauanlage (z. B. Pflege, Ernte, Pestizideinsatz, Ausbringung von Folienbahnen, Folientunneln, Ernteschutz- oder Schädlingsschutznetzen). |
Wirkfaktoren | Erläuterungen | |
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1 Direkter Flächenentzug | ||
1-1 Überbauung / Versiegelung | 2 |
Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile regelmäßig zur Überbauung/Versiegelung von Flächen.
Ein direkter Flächenentzug kann auch die Folge des dauerhaften Einsatzes von Folienbahnen bzw. Folientunneln sein (z. B. bei Erdbeerkulturen) (Hoyer 2020, Kreuziger 2020). Zeitweilige Überdeckung und teilweise Versiegelung finden bereits im Vorfeld während der Baumaßnahmen im Bereich der Baustellen, Baufelder, Materiallagerplätze, Maschinenabstellplätze, Erdentnahmestellen und Bodendeponien statt. |
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung | ||
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen | 2 |
Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile regelmäßig zu Beeinträchtigungen durch die direkte Veränderung von Vegetations-/Biotopstrukturen.
Baubedingt kann es hier zur Entfernung der (Boden-)Vegetation/Gehölzrückschnitten etc. im Zuge der Baufeldfreimachung (für Gebäude, Zuwegung, Pflanzung) kommen. Zudem wird bei der Bewirtschaftung der Obstbauanlage im Freiland i. d. R. die Begleitvegetation in und ggf. zwischen den Reihen mechanisch oder mit Herbizideinsatz entfernt. Ackerlebensräume werden durch den großflächigen Einsatz von Folien beim Anbau von Sonderkulturen (hier insbes. Erdbeeren) entwertet (Hoyer 2020, Kreuziger 2020). |
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung | 2 | Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen führt regelmäßig zu einer Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung. |
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren | ||
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes | 1 |
Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen führt ggf. zu Veränderungen der Bodenverhältnisse. Durch intensives Befahren der Fahrgassen mit stetig steigenden Gewichten von Maschinen und Geräten kommt es u. a. zu Bodenverdichtung (Krautzer & Graiss 2015).
Bei der Anlage von Gebäuden wird der ursprüngliche Boden vor dem Bau großflächig und bei entsprechender Fundamenttiefe auch tiefgründig abgetragen. Der Oberboden wird i. d. R. vor Baubeginn abgetragen und in Mieten gelagert, um ihn nach Bauende z. B. bei der Gestaltung der Außenanlagen wieder zu verwenden. Die ursprüngliche Struktur und das typische Bodengefüge gehen dabei verloren. Veränderungen des Bodens treten zudem ggf. bei der Anlage der Anbauflächen (z. B. Umbruch, Entwässerung) sowie bei ihrer Bewirtschaftung auf (Umbruch, Verdichtung durch Maschinen, Stoffeintrag vgl. Wirkfaktorgruppe 6). Beim Einsatz von Agrarfolien kann es zur Erosion entlang von Abflussrinnen kommen (LFL 2017). |
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse | 1 |
Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile zu Veränderungen der hydrologischen/hydrodynamischen Verhältnisse führen, z. B. durch die Verlegung von Gewässern, die Drainage der Anbaufläche oder die Bewässerung.
Außerdem können sich die hydrologischen Verhältnisse durch den veränderten Wasserbedarf der Pflanzung (Evapotranspiration) und Interzeptionsverlust ändern. Der Einsatz von Agrarfolien kann eine Erhöhung des Oberflächenabflusses bewirken (LFL 2017). |
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit) | 1 | Der Betrieb von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann ggf. durch den Einsatz von Pestiziden und Nährstoffen zur Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse im Grundwasser oder in angrenzenden Oberflächengewässern beitragen. |
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse | 1 | Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann, z. B. durch Verschattung (Gebäude, Pflanzungen) oder Entfernung von Gehölzen, bei der Herstellung der Produktionsflächen je nach Anlage zu Veränderungen der Temperaturverhältnisse führen (z. B. Beeinflussung von Kaltluftströmen, veränderte Temperaturverhältnisse im Bestand, Versiegelung). |
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust | ||
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität | 1 | Bei (Intensiv-)Obstbauanlagen können baubedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste u. a. durch Bauzäune, Baustellen- und Baustraßen(verkehr), durch offene Schächte, Kanäle, Gruben mit Fallenwirkung für bodengebundene Arten, durch Baustellenbeleuchtung oder ggf. durch Hilfsbauwerke und Kräne auftreten. Individuenverluste bei Tierarten können regelmäßig auch im Rahmen der Baufeldfreimachung bzw. -räumung (Vegetationsbeseitigung, Baumfällungen, Bodenabtrag etc.) und der Flächenvorbereitung (z. B. durch Umbruch) auftreten. |
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität | 1 |
Bei (Intensiv-)Obstbauanlagen kann es anlagebedingt zu Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverlusten kommen.
An großflächigen Verglasungen (z. B. Gewächshäuser) kann es insbesondere zu Individuenverlusten durch Vogelschlag kommen. Vermeidungsmaßnahmen können den Individuenverlust bei Vögeln deutlich reduzieren (vgl. z. B. Schmid et al. 2012). Werden Flächen eingezäunt, hängen Barrierewirkung und ggf. Tötungsrisiko von der Ausführung des Zauns ab (u. a. Höhe, Länge, Material). |
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität | 1 |
Bei (Intensiv-)Obstbauanlagen kommt es betriebsbedingt ggf. zu Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverlust.
Individuenverluste treten v. a. durch die Ausbringung von Pestiziden auf (vgl. Wirkfaktor 8-3). Ernteschutz- und Schädlingsschutznetze können zur Falle für Vögel und bodengebundene Arten (z. B. Igel) werden und zu Individuenverlust führen (Siegfried et al. 2010). Auch die Abdeckung der Gelege von Bodenbrütern (z. B. Feldlerche) durch Folien oder Folientunnel kann ggf. zu Brutausfällen bzw. Individuenverlusten führen. |
5 Nichtstoffliche Einwirkungen | ||
5-1 Akustische Reize (Schall) | 1 |
Bei der Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen können akustische Reize auftreten.
Hierzu zählen v. a. baubedingte akustische Reize durch Baumaschinen, aber auch betriebsbedingte akustische Reize, z. B. durch Erntemaschinen oder sonstigen Maschinen. Akustische und optische Störwirkung sind dabei häufig nicht klar voneinander abgrenzbar (vgl. auch Wirkfaktor 5-2). |
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht) | 1 |
Bei der Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen können optische Reizauslöser auftreten.
Hierzu zählen v. a. betriebsbedingte optische Reizauslöser, z. B. durch den Einsatz von Maschinen und die Anwesenheit von Menschen. Zur Bewertung der Relevanz können Ansätze aus der Störungsbewertung und dem Bereich von Flucht- und Stördistanzen angewendet werden (z. B. Gassner et al. 2010). Anlagebedingt können (Intensiv)Obstbauanlagen durch den strukturellen Störeffekt von Baumpflanzungen zu relevanten Beeinträchtigungen bei Arten des Offenlandes ("Kulissenflüchtern") führen. |
5-3 Licht | 1 |
Bei der Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann Licht als Wirkfaktor relevant sein.
Licht resultiert an (Intensiv)Obstbauanlagen aus ggf. vorhandenen Beleuchtungen der Anlage selbst sowie aus den temporär auftretenden Fahrzeugbeleuchtungen (z. B. Erntemaschinen). Künstliche Lichtquellen führen für viele Tiere zu gravierenden Änderungen in ihrem Lebensumfeld und stellen damit ein ernstzunehmendes Umweltproblem dar. Betroffene Arten sind u. a. (Zug-)Vögel, Fledermäuse, Insekten und Arten der Gewässer (Held et al. 2013). |
5-4 Erschütterungen / Vibrationen | 1 | Bei der Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen können Erschütterungen/Vibrationen baubedingt auftreten, z. B. durch das Befahren mit schweren Baustellenfahrzeugen. |
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt) | 2 |
Bei der Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen treten mechanische Einwirkungen regelmäßig auf.
Mechanische Einwirkungen auf Böden, Bodenfauna und Vegetation durch Trittbelastung (Befahren mit schweren Fahrzeugen oder regelmäßiges Betreten durch Arbeiter) resultieren zum einen aus dem Baubetrieb und zum anderen aus der Bewirtschaftung. |
6 Stoffliche Einwirkungen | ||
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag | 2 | (Intensiv-)Obstbauanlagen führen betriebsbedingt regelmäßig zum Eintrag verschiedenster Nährstoffe, wie z. B. Stickstoff, Phosphor oder Kalium, in die Umgebung (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2008: 22ff.). |
6-2 Organische Verbindungen | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-3 Schwermetalle | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe | 1 | Die Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann betriebsbedingt dazu führen, dass je nach verwendeten Maschinen (z. B. Erntemaschinen), Schadstoffe aus Verbrennungsprozessen entstehen. |
6-5 Salz | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente) | 1 |
Bei der Erstellung von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann es baubedingt zu Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub/Schwebstoffe u. Sedimente) kommen.
Wirkungen von Stäuben auf Insekten und Pflanzen wurden u. a. von der Universität Bayreuth untersucht (Projektverbund BayOekoTox - LfU 2020, vgl. Feldhaar & Otti 2020). |
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung) | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-8 Endokrin wirkende Stoffe | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
6-9 Sonstige Stoffe | 1 | Im Umfeld von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann es zum Eintritt verschiedener sonstiger Stoffe (z. B. Verpackungsmaterialien, Folienreste etc.) in die Umgebung kommen. |
7 Strahlung | ||
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung | 0 | Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen | ||
8-1 Management gebietsheimischer Arten | 1 | Die an (Intensiv-)Obstbauanlagen durchzuführenden Pflegearbeiten beinhalten u. a. mechanische Maßnahmen zur Vegetationskontrolle. |
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten | 1 |
Die Anlage von (Intensiv-)Obstbauanlagen kann zur Ausbreitung gebietsfremder Arten, wie z. B. der Kirschessigfliege, beitragen (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2016).
Abhängig von der Sortenwahl können sich gebietsfremde Arten/Genotypen durch (Intensiv-)Obstbauanlagen ausbreiten. Auch eine Kreuzung mit standorttypischen Arten/Genotypen ist möglich. |
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.) | 2 |
Die Anlage von (Intensiv-)Obstbauanlagen führt durch das Ausbringen von Pestiziden regelmäßig zu Beeinträchtigungen verschiedener Tierarten.
Obstbaukulturen nehmen mit 20 oder mehr Spritzungen pro Jahr die Spitzenposition bei der Anwendung von Pestiziden ein (Roßberg & Harzer 2015, zit. nach Schäffer et al. 2018: 16). Dies kann Beeinträchtigungen von Wirbellosen (z. B. BfN 2018: 4f.), aber z. B. auch von Vögeln und Fledermäusen zur Folge haben (z. B. Brühl 2017: 35, Stahlschmidt & Brühl 2012, zit. nach Brühl 2017: 35). Siehe auch Projekttyp "Ausbringen von Pestiziden auf Anbauflächen". |
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen | 0 |
Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
Zurzeit (Stand 2021) werden keine gentechnisch veränderten Obstsorten in Deutschland kommerziell angebaut (BfN 2018). |
9 Sonstiges | ||
9-1 Sonstiges | 0 | Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor. |
0 | (i. d. R.) nicht relevant |
1 | gegebenenfalls relevant |
2 | regelmäßig relevant |