FFH-VP-Info

Fachinformationssystem des BfN
zur FFH-Verträglichkeitsprüfung

Stand: 12. Januar 2023
Bundesamt für Naturschutz

Wirkfaktoren des Projekttyps

09 Anlagen zur Energieerzeugung >> Kraftwerke bzw. sonstige Energieerzeugungsanlage

Bemerkung: Zum Projekttyp gehören Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung auf Grundlage der Verbrennung fossiler Brennstoffe (Steinkohle-, Braunkohle-, Erdöl-, Gas-, Dampf-, Gasturbinenkraftwerke); der (Mit-)Verbrennung von Ersatzbrennstoffen (EBS, z. B. Abfälle tierischer Herkunft; kommunale Abfälle; Altreifen; Kunststofffraktionen; Altholz; Petrolkoks; Klärschlamm; Papierschlämme; flüssige Abfälle, z. B. Altöl; gasförmige Energierohstoffe) und von regenerativen Energierohstoffen (Biogas-, Holzpellet- u. a. Biomasseanlagen) sowie die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Druckluftspeicherkraftwerke.

Zu den möglichen anlagebedingten Vorhabensbestandteilen zählen:

Anlieferung, ggf. kraftwerkseigene Hafenanlagen oder Eisenbahnanbindung, Beschickung, Tanks, Bunker, Gasbehälter etc., Förder- und Verteilsysteme, Rohrleitungen, Wasserentnahme- und Einleitungsbauwerke, Anlagen zur Speisewasseraufbereitung und -konditionierung, Brauchwasserspeicher; Stromleitungen, Strom-Umspannwerke incl. Transformatoren;

Anlagen zur Vorbehandlung der Brennstoffe: bei festen Brennstoffen zur Sortierung, Vorwärmung, Trocknung und Zerkleinerung, z. B. Kohlemühlen; bei flüssigen Brennstoffen z. B. Dieselölreinigung und Schwerölaufbereitung durch Heizspiralen oder Demulgatorsysteme; spezielle Vorbehandlungen von EBS (z. B. Vergasung, Pyrolyse);

Feuerung und Energieerzeugung, Rauchgaskamine; Dampfkessel, auch Hilfsdampferzeuger, Turbinen, Motoren, Kondensatoren, Generatoren; Kühlsysteme incl. Kühltürme;

Anlagen zur Abgasreinigung: Entstaubung, Entschwefelung und Entstickung; zur Lagerung und Entsorgung der anfallenden Aschen, Schlämme, sonstigen Abfälle, des Gipses; Abwasseraufbereitungsanlagen; Baugruben-Abwasserableitungen;

Prozessleitsysteme, Wirtschaftsgebäude, Werkstätten, Labore, Verwaltungs- und Versorgungsgebäude, Betriebsfeuerwehr, Stellflächen etc.

Zu den möglichen baubedingten Vorhabensbestandteilen zählen u. a. die Baustelle bzw. das Baufeld, Materiallagerplätze, Erdentnahmestellen, Bodendeponien, Maschinenabstellplätze, Baumaschinen und Baubetrieb, der Baustellenverkehr und die Baustellenbeleuchtung.

Der Betrieb von Kraftwerken und Energieerzeugungsanlagen umfasst v. a. die Verbrennung verschiedener Brennstoffe zur Stromerzeugung. Auch fordert der Betrieb der Anlagen den Einsatz von Kühlwasser. Mit der Stromerzeugung sowie dem Zulieferverkehr und dem Betrieb sonstiger Anlagenbestandteile sind somit u. a. stoffliche Emissionen (Nähr- und Schadstoffe), nichtstoffliche Wirkungen (v. a. akustische und optische Störwirkungen) und ggf. Beeinträchtigungen von Gewässerlebensräumen verbunden.

Wirkfaktoren
Relevanz
Erläuterungen
1 Direkter Flächenentzug
1-1 Überbauung / Versiegelung2 Der Bau von Anlagen zur Energieerzeugung führt aufgrund der anlagebedingten Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur anlagebedingten Überbauung bzw. Versiegelung von Flächen.

Auch baubedingt kann eine Überbauung/Versiegelung erforderlich sein (Baustraßen, Baustelleneinrichtungsflächen). Diese ist temporär und für den Zeitraum der Bauarbeiten begrenzt.
2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung
2-1 Direkte Veränderung von Vegetations- / Biotopstrukturen2 Der Bau von Anlagen zur Energieerzeugung führt aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) regelmäßig zur direkten Veränderung von Vegetations- bzw. Biotopstrukturen.
2-2 Verlust / Änderung charakteristischer Dynamik1 Der Bau von Anlagen zur Energieerzeugung kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zum Verlust oder zur Änderung von Eigenschaften bzw. Verhältnissen in Lebensraumtypen bzw. Habitaten von Arten führen, die in besonderem Maße dynamische Prozesse betreffen.
2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-4 Kurzzeitige Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
2-5 (Länger) andauernde Aufgabe habitatprägender Nutzung / Pflege0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
3 Veränderung abiotischer Standortfaktoren
3-1 Veränderung des Bodens bzw. Untergrundes2 Neben der anlagebedingten vollständigen Versiegelung des Bodens (siehe Wirkfaktor 1-1) können baubedingte Flächeninanspruchnahmen regelmäßig zur Veränderung von Bodenverhältnissen im Sinne physikalischer Veränderungen, z. B. von Bodenart/-typ, -substrat oder -gefüge, die durch Abtrag, Auftrag, Vermischung etc. hervorgerufen werden, führen.
3-2 Veränderung der morphologischen Verhältnisse1 Der Neubau von Anlagen zur Energieerzeugung kann aufgrund verschiedener Vorhabenbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung morphologischer Verhältnisse, z. B. des Reliefs und des Geländeaufbaus, die durch Abtrag, Auftrag, Einebnung etc. hervorgerufen werden, führen.
3-3 Veränderung der hydrologischen / hydrodynamischen Verhältnisse1 Eine Veränderung der hydrologischen Verhältnisse kann sich zum einen ergeben, falls im Zuge der Baumaßnahmen für die Anlagen zur Energieerzeugung eine Absenkung des Grundwasserspiegels durch Abpumpen, Aufstau oder durch Fließgewässerverlegungen erforderlich ist. Besonders ist dies der Fall, wenn tief gründende bauliche Anlagen, z. B. Fundamente großer Gebäude oder Bunker, den Grundwasserhorizont erreichen.

Zum anderen kann eine Entnahme bzw. die Einleitung großer Kühlwassermengen zur Verschiebung der hydrologischen/hydrodynamischen Verhältnisse im betroffenen Oberflächengewässer führen. Kraftwerke haben allgemein einen hohen Verbrauch von Oberflächenwasser.

Während der Bauzeit kann es zur Einleitung von Niederschlags- und Brauchwasser oder zur Grundwasserhaltung kommen.
3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse (Beschaffenheit)1 Der Bau und Betrieb von Energieerzeugungsanlagen kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung hydrochemischer Verhältnisse führen, z. B. durch baubedingte Einleitungen von Wasser mit einer anderen Beschaffenheit in Grund-/Oberflächenwasser.

Für die Betriebsabläufe in Kraftwerken wird Wasser in großen Mengen in verschiedenen Verfahren, z. B. als Kühl- und Prozesswasser, eingesetzt und kann nach der Aufbereitung und Rückführung andere hydrochemische Parameterwerte aufweisen, z. B. geänderte pH-Werte (UBA 2006: 142), verringerten O2-Gehalt und mehr sauerstoffzehrende C- und N-Verbindungen.

Meistens anzutreffende Abwasserströme sind Abwässer aus:
- Wasseraufbereitungsanlagen (die physikalisch-chemische Vor- und Nachbehandlung, Enthärtung und Demineralisierung von Kühl- und Prozesswasser wird z. B. gegen Kesselsteinbildung, Korrosion und den Bewuchs mit Biofilmen angewandt);
- Kühlkreisläufen (z. B. das Ausblasen von Nass-Kühltürmen und Entleerungen von Kühlturmbecken);
- anderen Quellen im Dampferzeugungsprozess (das Ausblasen von Dampferzeugern; der Wasser-Dampf-Kreislauf; Regenerationsabwässer aus der Kondensataufbereitung; chemischer Kesselreinigung u. a.);
- Abgas-Reinigungssystemen (v. a. Kalkstein-Nasswäscher) (UBA 2006: 133ff.).

Weitere Abwässer fallen als Oberflächenwasser, auch von Lagerflächen (ggf. mit Sprinkleranlagen zur Staubbekämpfung), ggf. Feuerlöschwasser und Sanitärabwasser an (UBA 2006: 137).
3-5 Veränderung der Temperaturverhältnisse1 Der Bau von Anlagen zur Energieerzeugung kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung der Temperaturverhältnisse führen.

Einleitungen von anders temperiertem Wasser aus Kühlsystemen (insbesondere bei der Durchlaufkühlung) und bestimmten Produktionsprozessen in Oberflächengewässer haben Temperaturänderungen der betroffenen Oberflächengewässer zur Folge. Die Einleitungen sind durch gesetzliche Grenzwerte beschränkt.

Verschattungen (z. B. durch hohe Kraftwerksgebäude) können zu verringerter Sonneneinstrahlung und somit im mikroklimatischen Maßstab zu reduzierten Temperaturen führen. Massive Baustrukturen können bei bestimmten Relief- und lokalklimatischen Verhältnissen ggf. einen Kaltluftstau auf angrenzenden Flächen bedingen.

Im Fall großflächiger Abholzungen vormals geschlossener Gehölzbestände bewirken diese erhöhten Lichteinfall und wärmere, trockenere mikroklimatische Verhältnisse. Ebenso kann es an betroffenen Oberflächengewässern durch Freistellungen in Uferbereichen, aber auch durch veränderte Gewässerführungen und reduzierte Fließgeschwindigkeiten zur mittelbaren Erwärmung kommen.
3-6 Veränderung anderer standort-, vor allem klimarelevanter Faktoren1 Der Bau von Anlagen zur Energieerzeugung kann aufgrund verschiedener Vorhabensbestandteile (s. unter Bemerkung) zur Veränderung weiterer Standortverhältnisse führen.

Aus der Flächenausdehnung (versiegelte Flächen) und Bauhöhe der Kraftwerksanlagen können lokalklimatische Folgen wie Windschatten, Verschattung, Beeinflussung der Kaltluftentstehung und -strömung resultieren. Hier zugeordnet sind auch mikroklimatisch relevante Änderungen der Luftfeuchte aufgrund von strukturellen Veränderungen, z. B. Verschattung durch Wände, Gehölzpflanzungen etc.; Freistellung durch Beseitigung der Baum- und Strauchschicht, z. B. beim Anschnitt von Wäldern. Hierzu zählen auch Änderungen der Luftfeuchtigkeit z. B. als mittelbare Folge einer etwaigen Anlage oder Beseitigung von Gewässern oder veränderter Lichtverhältnisse.

Zur verringerten Sonneneinstrahlung kann es außerdem bei starker Schwadenbildung (v. a. bei Naturzug-Nasskühltürmen) kommen.
4 Barriere- oder Fallenwirkung / Individuenverlust
4-1 Baubedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Beim Neubau von Anlagen zur Energieerzeugung können baubedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste u. a. durch Baustellen- und Baustraßenverkehr, durch offene Schächte, Kanäle, Gruben mit Fallenwirkung für bodengebundene Arten, durch Baustellenbeleuchtung oder ggf. durch Hilfsbauwerke und Kräne verursacht werden. Individuenverluste können auch im Rahmen der Baufeldfreimachung bzw. -räumung (Vegetationsbeseitigung, Baumfällungen, Bodenabtrag etc.) vorkommen.
4-2 Anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Beim Bau von Anlagen zur Herstellung von Energierohstoffen können anlagebedingte Barriere- oder Fallenwirkungen bzw. Individuenverluste vorkommen.

Die Tötung von Tieren kann auf eine Kollision mit baulichen Bestandteilen des Vorhabens (z. B. Glaswänden) zurückzuführen sein (z. B. Vögel) oder darauf, dass Tiere aus fallenartig wirkenden Anlagen (z. B. Gullis, Schächte, Gruben, Becken) nicht mehr entkommen können und darin verenden (z. B. Amphibien).

Eine Barrierewirkung kann einerseits durch großflächige Betriebsgelände, massive Baukörper oder Zäune, andererseits durch veränderte standörtliche oder strukturelle Bedingungen (vegetationsfreie, versiegelte Flächen) hervorgerufen werden. Zusätzlich können andere Faktoren der Wirkfaktorgruppe 5 zur Meidung bestimmter Bereiche führen und somit eine Barrierewirkung verstärken.
4-3 Betriebsbedingte Barriere- oder Fallenwirkung / Mortalität1 Die betriebsbedingten Barrierewirkungen des Zulieferverkehrs bei großen Anlagen zur Energieerzeugung werden den dafür genutzten Verkehrswegen zugerechnet.

Die Entnahme großer Wassermengen aus Oberflächengewässern zu Kühl- u. a. Betriebszwecken (v. a. bei Durchlaufkühlung) kann ggf. zu Individuenverlusten in der betroffenen Gewässerfauna führen.
5 Nichtstoffliche Einwirkungen
5-1 Akustische Reize (Schall)2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung treten akustische Beeinflussungen regelmäßig auf.

Als Schallemissionsquellen gelten bei Kraftwerken z. B. Turbinen, Generatoren, Pumpen, Kompressoren, Elektromotoren, Umformer und Ventile, Frischlüfter, Gebläse, Ansaugöffnungen der Verdichter, Abhitzekessel, Entstaubungsanlagen, Kühltürme, Abgaskamine, allgemein nicht eingehauste Anlagen, Baumaschinen während der Bauzeit und der Fahrzeugverkehr auf dem Betriebsgelände (UBA 2006: 139f.). Die baubedingten Schallemissionen treten dabei nur temporär während der Bauphase auf.
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung treten optische Beeinflussungen regelmäßig auf.

Dabei handelt es sich um durch Kraftfahrzeuge (Bewegung, Reflektionen) und menschliche Anwesenheit und Aktivität bau- und betriebsbedingt hervorgerufene Störungen.

Zu den optischen Störreizen zählen zudem bei bestimmten Arten des Offenlandes ("Kulissenflüchtern") strukturelle Störeffekte, die von höheren Bauwerken und höheren Gehölzpflanzungen im Betriebsgelände oder anderen Vertikalstrukturen ausgehen können.
5-3 Licht2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung ist Licht als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Von den Beleuchtungsanlagen kann besonders bei großflächigen Betriebsanlagen eine intensive und/oder aus einer großen Anzahl von Lichtquellen herrührende Lichtstrahlung ausgehen, die zu Irritationen, Schreckreaktionen oder zur Meidung von bestimmten Bereichen führen kann.

Bei der Baustellenbeleuchtung sind ebenfalls hohe Lichtstärken üblich.
5-4 Erschütterungen / Vibrationen1 Bei Anlagen zur Energieerzeugung können Erschütterungen/Vibrationen als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Im Zuge des Bauprozesses kann es zumindest temporär zu starken Erschütterungen kommen, wenn schwere Maschinen bzw. entsprechende Verfahren eingesetzt werden.
5-5 Mechanische Einwirkung (Wellenschlag, Tritt)1 Bei Anlagen zur Energieerzeugung können mechanische Einwirkungen als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Mechanische Einwirkungen auf Böden, Bodenfauna und Vegetation durch Trittbelastung resultieren v. a. aus dem Baubetrieb (Befahren mit schweren Fahrzeugen oder regelmäßiges Betreten durch Bauausführende), ggf. auch aus dem Betrieb.

Beim Abpumpen von Frischwasser aus Oberflächengewässern für Kühlzwecke o. a. können durch den erzeugten Unterdruck und die Verwirbelungen Wasserpflanzen und -tiere mitgerissen und beschädigt werden.
6 Stoffliche Einwirkungen
6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung sind Nährstoffeinträge als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Als Verbrennungsprodukte von Energierohstoffen können Stickstoffoxide (NOx), vorrangig NO und NO2 sowie Distickstoffoxid, in die Luft freigesetzt werden (UBA 2006: 142). Je nach der Prozessführung, der Feuerungstechnik und dem eingesetztem NOx-Minderungsverfahren emittieren selbst unter Anwendung von BVT noch NOx-Emissionen von 50-450 mg/m3 bei festen und flüssigen Brennstoffen (UBA 2006: 402) und von 20-100 mg NOx/m3 bei gasförmigen Brennstoffen (UBA 2006: 481). Bei der Mitverbrennung von EBS können erhöhte Mengen von NOx in die Luft abgegeben werden (UBA 2006: 514).

Das Abwasser von Nass-Entschwefelungsanlagen bei Kohle- und Ölfeuerung enthält nach BVT-gemäßer Aufbereitung noch <50 mg/l Stickstoffverbindungen (UBA 2006: 285,403).

Bei den NOx-Minderungsverfahren SCR und SNCR wird Ammoniak als unerwünschtes Nebenprodukt freigesetzt (Ammoniakschlupf, UBA 2006: 283). Ein Ammoniakgehalt von < 5 mg/m3 ist mit BVT erreichbar UBA (2006: 279,402).

Produktionsbedingt werden fallweise große Mengen von Flüssigammoniak in Druckbehältern aufbewahrt, dessen Entweichen zu Giftwirkungen führen würde.

Bei fossilbefeuerten Kraftwerken können Wasserverunreinigungen durch Eintrag von Phosphaten erfolgen (UBA 2006: 142).
6-2 Organische Verbindungen1 Bei Anlagen zur Energieerzeugung können organische Verbindungen als Wirkfaktor ggf. relevant sein.

Emissionen von unverbrannten Kohlenwasserstoffen (UHC) in die Luft können durch unvollständig ablaufende Verbrennungsprozesse technologisch bedingt vorkommen. Kohlenwasserstoffgehalte von < 5 mg/m3 sind bei Anwendung von BVT erreichbar (UBA 2006: 127).

Flüchtige organische und halogenorganische Verbindungen (u. a. POP, Dioxine, Furane) können bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen sowohl in die Luft als auch in Gewässer freigesetzt werden (UBA 2006: 142).

Bei flüssigen und gasförmigen Brennstoffen können Undichtigkeiten der Lagersysteme, Rohrleitungen, Absetzbecken oder Abwasserbehandlungsanlagen die Ursache dafür sein, dass organische Stoffe entweichen.

Bei der Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen können (u. a. durch erhöhte Gehalte an Vorläuferstoffen, z. B. PCB) erhöhte Emissionen von VOC, Dioxinen und Furanen in die Luft auftreten (UBA 2006: 516,525). Bei der Altholzverbrennung können z. B. Holzschutzmittel (PCP, DDT, Lindan) für höhere Gehalte an chlororganischen Verbindungen verantwortlich sein. Ein hoher Kupfer- und Chlorgehalt in Ersatzbrennstoffen kann zur Bildung von polychlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen führen. Bromierte flammhemmende Mittel in Kunststoffen können zu (Chlor-)(Brom-)Dioxinen und Furanen reagieren.

Im Abwasser einer REA-Abwasseraufbereitungsanlage kann mit BVT-Verfahren ein CSB-Wert <150 mg/l erreicht werden (Flüssig- bzw. fossile Festbrennstoffe) (UBA 2006: 403 bzw. 285).
6-3 Schwermetalle2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung sind Schwermetalle als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Mit der Verbrennung von fossilen, flüssigen und Ersatz-Brennstoffen können die in ihnen enthaltenen Schwermetalle (As, B, Cd, Cr, Cu, Hg, Ni, Pb, Se, V, Zn) freigesetzt werden (UBA 2006: 142,398,403,525). Schwermetalle sind u. a. in Verbrennungsrückständen (z. B. Flugasche) und im Abgas enthalten, die in die nachgeschalteten Emissionsminderungsanlagen gelangen. Sie können in Form von Verbindungen (Oxide, Chloride, Sulfide) an Staubpartikel gebunden oder als Dämpfe in die Luft und in Gewässer emittieren. Bei der Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen können erhöhte Emissionen von Schwermetallen in die Luft auftreten (UBA 2006: 525).

Vor allem für gasförmig emittiertes Quecksilber sind Kohlekraftwerke, aber auch die Mitverbrennung einiger Abfälle bedeutende Emissionsquellen (UBA 2006: 123,525). Hg wird sowohl über Rückstände aus der Rauchgaswäsche als auch indirekt über Quecksilberschlupf, d. h. nicht vollständig zurückgehaltene Emissionen aus den Schornsteinen ausgetragen. Seine Rückhaltung ist aufgrund der Flüchtigkeit und teilweisen Bindung an Dampfpartikel erschwert. Es wird je nach Technologie zu 35-90 % zurückgehalten. Der Emissionsgrenzwert beträgt für Kohlekraftwerke gemäß 13. BImSchV § 3 Abs. 1b für Hg 0,03 mg/m3 Abgas. In der BRD sind im Jahr 2007 insgesamt 2,52 t Quecksilber aus den Kohlekraftwerken emittiert (UBA 2008).

Bei Cadmium beträgt die Emission ca. 3 mg pro Tonne verbrannter Steinkohle und 0,72 mg pro Tonne Braunkohle (Dt. Bundestag 2008: 8).
6-4 Sonstige durch Verbrennungs- u. Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung sind sonstige Schadstoffe als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

In die Luft werden verschiedene sonstige Verbrennungsprodukte fossiler Brennstoffe abgegeben, z. B.
- Schwefeloxid: kann bei der Verfeuerung fossiler Brennstoffe in die Luft freigesetzt werden (UBA 2006: 142). Selbst bei Anwendung von BVT-Verfahren zur Abgasentschwefelung (REA) verbleiben SO2-Emissionen von 20-400 mg/m3 bei Kohlefeuerung (UBA 2006: 278) und 50-350 mg/m3 bei Flüssigbrennstofffeuerung (UBA 2006: 400). Gemäß 17. BImSchV beträgt der SO2-Grenzwert bei Verbrennungsanlagen 50 mg/m3. Bei der Mitverbrennung von EBS können erhöhte Mengen von Schwefel und Chlorid in die Luft und in Gewässer abgegeben werden (UBA 2006: 514).
- Kohlenmonoxid: Emissionen von CO in die Luft sind durch unvollständig ablaufende Verbrennungsprozesse bedingt. So betragen die CO-Emissionen bei Steinkohlekraftwerken 6-30 mg/m3, bei Braunkohlekraftwerken bis zu 80 mg/m3, bei Flüssigbrennstoffen 30-50 mg/m3 (UBA 2006: 400), bei gasförmigen Brennstoffen 5-100 mg/m3 CO (UBA 2006: 481).
- Halogenverbindungen: Die Verbrennung von fossilen Brennstoffen kann zu den größten anthropogenen Quellen für die sauren Gase HCl und HF gehören (UBA 2006: 127, 530). Bei der Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen können erhöhte Emissionen von SO2, HCl und HF in die Luft auftreten (UBA 2006: 515,525). Bei einer Mitverbrennung von Altholz sind z. B. Holzschutzmittel für höhere F- und As-Gehalte verantwortlich.

In den Abwässern der folgenden Produktionsstufen sind z. B. folgende sonstige Stoffe enthalten:
- Kondensatreinigung: Korrosionsprodukte, Filterhilfsmittel, </= 2 mg/m3 Hydrazin, Harzabrieb, Regenerationschemikalien, Alkalisierungsmittel, Sauerstoffbindemittel;
- Dampferzeuger/Kessel: Hydrazin, Wasserbehandlungschemikalien;
- Reinigung von Wasser-Dampf-Kreisläufen: Korrosionsprodukte, Beizsäuren, alkalische Auskochlösungen, Detergentien;
- Reinigung der Kessel, Wärmetauscher etc.: Ammoniumsulfat, NH3, Tenside;
- Kühlwasserbehandlung: Härtestabilisierungsmittel, Mikrobiozide, Inhibitoren, Kühlsystemreinigung: HF, Fluoride, Öle und Fette;
- Kühlwasserrückführung: Mikrobiozide, Kühlwasser-Entleerung: Konditionierungsmittel, Korrosionsprodukte und Frostschutzmittel;
- Rauchgaswäsche: HF, HCl, SOx, Kieselsäure, Al, Fe, Ameisensäure.

Das Abwasser von Nass-Entschwefelungsanlagen enthält selbst bei Einsatz von BVT-Verfahren noch 1-30 mg/l F und 1.000-2.000 mg/l Sulfate (Kohle- und Ölfeuerung) (UBA 2006: 285,403).
6-5 Salz1 Bei fossilbefeuerten Kraftwerken können Wasserverunreinigungen durch Eintrag von (Chlor- und Sulfat-)Salzen erfolgen (UBA 2006: 142).

Salzhaltige Abwässer fallen z. B. bei der Kondensatreinigung der Kessel, beim Kesselabsalzwasser und der Rauchgaswäsche an.
6-6 Depositionen mit strukturellen Auswirkungen (Staub / Schwebst. u. Sedimente)2 Bei Anlagen zur Energieerzeugung sind Depositionen mit strukturellen Auswirkungen als Wirkfaktor regelmäßig relevant.

Aus fossilen Brennstoffen kann Staub z. B. durch Entladen, Umschlag oder Lagerung (auch von Hilfsstoffen, z. B. Kalk) sowie Schornsteinemissionen (incl. Flugasche) in die Luft und in Gewässer freigesetzt werden (UBA 2006: 142).

Die Grenzwerte für Gesamt-Staub betragen lt. der TA Luft (2002) je nach Brennstoffsorte 5-100 mg/m3. Mit BVT-Verfahren kann der Ausstoß bei Kohlekraftwerken auf 5-30 mg/m3 minimiert werden (UBA 2006: 275).

Schwebstoffhaltige Produktionsabwässer fallen bei der Kondensatreinigung, Entaschung, Entschlackung, Nassreinigung der Kessel, Wärmetauscher und Rauchgaskanäle, Rauchgaswäsche (Entschwefelung), Kühlwasserbehandlung, -rückgewinnung, dem Regenwasserabfluss der Betriebsflächen etc. an. So enthält das Abwasser von Nass-Entschwefelungsanlagen selbst beim Einsatz von BVT noch 5-30 mg/l Feststoffe (Kohle- und Ölfeuerung) (UBA 2006: 285,403).
6-7 Olfaktorische Reize (Duftstoffe, auch: Anlockung)1 Bei der Be- und Entladung, Lagerung und Trocknung können z. B. bei Biomassekraftwerken und der Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen Geruchspartikel in die Umgebung gelangen (UBA 2006: 517).

Produktionsbedingt kommen in bestimmten Kohlekraftwerken fallweise große Mengen von (geruchsintensivem) Ammoniakwasser oder Flüssigammoniak zum Einsatz, deren Entweichen zur Geruchsbelastung führen würde.

Außerdem können bei der Abwasseraufbereitung olfaktorische Beeinträchtigungen auftreten.
6-8 Endokrin wirkende Stoffe1 Viele Chemikalien können bei Tieren (z. B. Fischen, Amphibien) ggf. eine endokrine Wirkung hervorrufen. Angesichts der Vielzahl möglicher Emissionen kann eine Relevanz nur im Einzelfall entschieden werden.
6-9 Sonstige Stoffe0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Stoffe liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
7 Strahlung
7-1 Nichtionisierende Strahlung / Elektromagnetische Felder1 Sofern Stromleitungen oder Umspannanlagen Bestandteile des Vorhabens sind, können diese Strahlungsemissionen im niederfrequenten Bereich verursachen.
7-2 Ionisierende / Radioaktive Strahlung0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor, wobei in Stein- und Braunkohle natürlicherweise enthaltene radioaktive Stoffe auch in der Flugasche und im Staub enthalten sind (je 200 Bq/kg, Leenhouts et al. 1996, zit. in UNSCEAR 2008: 137f.).
8 Gezielte Beeinflussung von Arten und Organismen
8-1 Management gebietsheimischer Arten0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8-2 Förderung / Ausbreitung gebietsfremder Arten0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
8-3 Bekämpfung von Organismen (Pestizide u.a.)1 Im Abwasser aus dem Kühlablauf von Kraftwerken können mikrobiozide Wirkstoffe z. B. nach der Durchführung von Stoßbehandlungen enthalten sein (AbwV 2004, Anhang 31).
8-4 Freisetzung gentechnisch neuer bzw. veränderter Organismen0 Hinweise auf eine Relevanz dieses Wirkfaktors liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.
9 Sonstiges
9-1 Sonstiges0 Hinweise auf eine Relevanz sonstiger Wirkfaktoren liegen nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.

Leitfäden / Literatur zu diesem Projekttyp

13. BlmSchV (2009): 13. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen) vom 20. Juli 2004 (BGBl I:1717, 2847), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 27. Januar 2009 (BGBl I:129).

17. BImSchV (2009): 17. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (17. BImSchV, Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2003 (BGBl I:1633), geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 27. Januar 2009. BGBl. I: 123.

AbwV (2012): Abwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 2004 (BGBl. I: 1108-1184; 2625), zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 8 des Gesetzes vom 24. Februar 2012. BGBl. I: 212.

AbwV Anh. 31 (2004): Abwasserverordnung Anhang 31: Wasseraufbereitung, Kühlsysteme, Dampferzeugung. BGBl. I: 1147.

AbwV Anh. 47 (2004): Abwasserverordnung Anhang 47: Wäsche von Rauchgasen aus Feuerungsanlagen. BGBl. I: 1168.

Deutscher Bundestag (2008): 16. Wahlperiode. Drucksache 16/9032.

Leenhouts, H. P., Stoop, P. & van Tuinen, S. T. (1996): Nonnuclear industries in the Netherlands and radiological risks. National Institute of Public Health and the Environment, the Netherlands: Report Nr. 610053003.

TA Luft (2002): Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) vom 24. Juli 2002.

Umweltbundesamt (UBA) (2001): Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. Merkblatt über die Besten Verfügbaren Techniken bei industriellen Kühlsystemen. http://www.uba.de, aufgerufen am 13.03.2012.

Umweltbundesamt (UBA) (2006): Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. Merkblatt über die besten verfügbaren Techniken für Großfeuerungsanlagen. http://www.uba.de, aufgerufen am 13.03.2012.

Umweltbundesamt (UBA) (2008): Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen (Schwermetalle). http://www.uba.de, aufgerufen am 13.03.2012.

United Nations Committee on the Effects of Atomic Radiation (2008): Sources and effects of ionizing radiation. Annex B: Exposures from natural radiation sources. United Nations Committee on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR), Report 2000 (1).

Relevanz des Wirkfaktors

0 (i. d. R.) nicht relevant
1gegebenenfalls relevant
2regelmäßig relevant

Bearbeitung und Zitiervorschlag: siehe Impressum von