FFH-VP-Info

Fachinformationssystem des BfN
zur FFH-Verträglichkeitsprüfung

Stand: 12. Januar 2023
Bundesamt für Naturschutz
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 1
5-1 Akustische Reize (Schall)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
1.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Akustische Reize können unterschiedlichste anlage-, betriebs- oder baubedingte Ursachen haben (s. auch 'Vertiefende Ausführungen' unter 'Wirkfaktoren'). Grundsätzlich können dabei eher kontinuierliche von eher diskontinuierlichen Schallereignissen unterschieden werden. Häufig sind die daraus resultierenden Beeinträchtigungen nicht ausschließlich akustischen Reizen zuzurechnen, sondern entstehen aus einer Kombination verschiedener akustischer und optischer Wirkfaktoren (vgl. Wirkfaktoren 5-2 bis 5-5).

Die akustischen Störwirkungen durch menschliche Freizeit- bzw. Erholungsaktivitäten etc. werden mit unter Wirkfaktor 5-2 behandelt. Auch die akustischen Störwirkungen von Windenergieanlagen werden primär aus Gründen der Praktikabilität weitgehend unter Wirkfaktor 5-2 (optische Störwirkungen) subsumiert. Unter Wirkfaktor 5-1 werden lediglich Hinweise zur Relevanzschwelle der Schallemissionen von WEA gegeben.

Vögel gelten grundsätzlich als eine gegenüber akustischen Störreizen besonders empfindliche Artengruppe. Schallimmissionen können je nach Art, Frequenz, Stärke, Zeitpunkt und Dauer Beeinträchtigungen unterschiedlicher Intensität hervorrufen.

- Hohe Schalldruckpegel können bei Vögeln zu physiologischen Schädigungen des Gehörapparates führen, die aber offenbar bei den meisten, nicht jedoch allen Arten und anders als bei Säugetieren mit der Zeit weitgehend regeneriert werden können (vgl. z. B. Dooling & Ryals 1995, Klump 2001).

- Auch typische Stressreaktionen auf Lärm konnten nachgewiesen werden, die ggf. zu einer verminderten Kondition oder Fitness der Individuen führen können (vgl. z. B. Clark 1991, Dooling & Ryals 1995, Klump 2001, Hüppop 2001, Hayward et al. 2011, Blickley et al. 2012).

- Akustische Reize können bei Vögeln Schreck- und Störwirkungen hervorrufen, die zu verändertem Verhalten (z. B. Unterbrechung der Nahrungsaufnahme) oder zu Fluchtreaktionen führen. Dies kann die Energiebilanz der Tiere (z. B. bei Brut, Überwinterung oder während des Vogelzugs) negativ beeinflussen und unter diesen Umständen zu negativen Konsequenzen für die Populationen führen (vgl. z. B. Keller 1995, Kempf & Hüppop 1998, Hüppop 1999, 2001, Klump 2001, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005, Wright et al. 2010).

- Störungsbedingte Fluchtreaktionen brütender oder Junge führender Elterntiere können auch die Verlustrate von Gelegen und Jungvögeln durch Auskühlen oder Predation stark erhöhen (vgl. z. B. Kempf & Hüppop 1998).

- Aufgrund von lärmbedingten Störwirkungen kann es zu einem veränderten Aktivitätsmuster bzw. zu veränderter Raumnutzung und somit zur partiellen oder vollständigen Meidung von verlärmten Gebieten bzw. zu verringerten Siedlungsdichten kommen (vgl. z. B. Reijnen et al. 1987, Bairlein & Sonntag 1994, Foppen & Reijnen 1994, Kruckenberg et al. 1998, Reck et al. 2001, Habib et al. 2007, Bayne et al. 2008, Blickley et al. 2012, McLaughlin & Kunc 2013, McClure et al. 2013).

- Bei lang anhaltenden Schallimmissionen werden (akustische) Wahrnehmung, Kommunikation und Verhaltensweisen gestört. Bei Vögeln stellen akustische Signale vielfach das bedeutendste Mittel der Kommunikation dar. Sie sind daher von vielfältiger verhaltensökologischer Bedeutung. Die artspezifischen Laute und Gesänge dienen unter anderem zu Arterkennung, Revierabgrenzung, Paarfindung und -bindung, zur Kommunikation zwischen Eltern- und Jungtieren, zur Warnung vor Feinden, zur Nahrungssuche etc. Es ist daher davon auszugehen, dass die Überlagerung und Maskierung dieser Kommunikation durch anthropogene Störgeräusche einen negativen Einfluss auf die Ökologie und den Fortpflanzungserfolg von Individuen und somit auf den Bestand vieler Arten haben kann (vgl. z. B. Illner 1992a, Reijnen et al. 1995, Kroodsma & Miller 1996, Klump 2001, Rheindt 2003, Brumm 2004, 2006, Fuller et al. 2007, Garniel et al. 2007, Halfwerk et al. 2011a, b, McLaughlin & Kunc 2013).

Darüber hinaus umfassen akustische Reize auch Einwirkungen im Infraschallbereich. Der Kenntnisstand zu Empfindlichkeiten von Vogelarten gegenüber Vibrationen und Erschütterungen im Infraschallbereich ist jedoch noch sehr gering. Vögel können Infraschall bis 0,1 Hz wahrnehmen. Deshalb ist grundsätzlich von einer hohen Sensitivität und möglichen Irritationen durch Interferenzen starker Infraschallquellen auszugehen. Empfindlichkeiten ergeben sich dadurch, dass Vögel Sinneswahrnehmungen im Infraschallbereich zur Navigation nutzen (Berthold 2008). Vögel setzen ihre Fähigkeit des 'Bildhörens' anscheinend auch bei längeren Flügen über Meeresgebiete ein, indem sie sich an verschiedenen weittragenden Infraschallquellen orientieren (Berthold, pers. Mitt.). Auerhähne erzeugen bei ihren Flattersprüngen sogar Infraschallanteile mit Frequenzen und Maximalpegeln unter 20 Hz, die zwar nicht zur Kommunikation genutzt werden, aber möglicherweise im Rahmen des Territorialverhaltens oder bei der Orientierung von Bedeutung sind (Lieser et al. 2005). Projektbezogen ergeben sich z. B. beim Betrieb von WEA und auch als Anteil von Straßenlärm Infraschallemissionen und damit zumindest eine Relevanz als Störpotenzial bei Verträglichkeitsprüfungen. Die Rotorflügel von WEA sind Erzeuger von luftgeleitetem Infraschall. Bei der Frequenz von 5 Hz erreichen Windblätter im Normalbetrieb den Pegel von 85 dB, Kompressoren und Rammbären können bei der Frequenz von 10 Hz Pegel bis 120 dB erreichen.

Die unterschiedlichsten akustischen Störwirkungen können zu einer verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit von Individuen, zum Verlust oder zur funktionalen Entwertung von Teilhabitaten, zu reduziertem Bruterfolg, Brutpaarverlust, Bestandsrückgang oder Beeinträchtigung bzw. Erlöschen lokaler (Teil-) Populationen führen.

Wenngleich sich teilweise verschiedene Störwirkungen (z. B. optische Reize) mit Schall überlagern, so kann doch grundsätzlich abgeleitet werden, dass lärmbelastete Zonen - gegenüber vergleichbaren Flächen ohne Lärm - für Vogelarten Bereiche mit verringerter Lebensraumeignung darstellen.

Dabei können sich die Beeinträchtigungen nicht nur in Form reduzierter Siedlungsdichten abbilden. So bedeutet z. B. das Auftreten von einzelnen Individuen oder auch von revierabgrenzenden Männchen noch nicht, dass es in diesem Habitat zu einer erfolgreichen Paarfindung und Brut kommt. Es ist zudem möglich, dass insbesondere konkurrenzschwache Individuen in die weniger geeigneten Habitate 'abgedrängt' werden (vgl. z. B. auch Reijnen & Foppen 1994). Und selbst eine nach den üblichen Erhebungsmethoden ermittelte unverminderte Siedlungsdichte garantiert keinesfalls, dass in diesen Bereichen ein vergleichbarer Bruterfolg bzw. eine entsprechende Reproduktionsrate wie in unbeeinträchtigten Lebensräumen besteht. Daher sind auch Aussagen zu etwaigen bzw. vermeintlichen Gewöhnungseffekten bei Individuen bzw. Arten nur unter Vorbehalt z. B. möglicher Langzeitwirkungen zu betrachten.

Auch wenn bezüglich der differenzierten Art und Wirkweise sowie der qualitativen und quantitativen Intensität lärmbedingter Beeinträchtigungen noch immer Fragen offen sind, so besteht doch ein breiter fachlicher Konsens darin, dass jedenfalls bei vielen Arten von funktionalen Beeinträchtigungen unterschiedlichster Art auszugehen ist.

Differenzierte Ausführungen zu den Auswirkungen von Lärm auf Vögel finden sich z. B. bei Maczey & Boye (1995), Stone (2000), Klump (2001), Hüppop (2001), Reck et al. (2001a,b), Garniel et al. (2007), Francis & Barber (2013) sowie in den nachfolgenden Datensätzen, die - sofern für die Art relevant - nach den Konfliktfeldern A: 'Straßenverkehr', B: 'Schienenverkehr', C: 'Flugverkehr' sowie D: 'Schiffsverkehr' sortiert sind.

Bibliographien: Keller (1995).

Sammelbände: Reck (2001).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 1
5-1 Akustische Reize (Schall)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

2010
Seite(n):

26ff.
Qualifizierung der Quelle:
A
1.03 Garniel, A., Mierwald, U. & Ojowski, U.
Einstufung der Saatkrähe als Brutvogel hinsichtlich der Lärmempfindlichkeit an Straßen: "Brutvogelarten ohne spezifisches Abstandsverhalten zu Straßen und für die der Verkehrslärm keine Relevanz besitzt". Begründung: "Koloniebrüter".
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 1
5-1 Akustische Reize (Schall)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

2010
Seite(n):

29
Qualifizierung der Quelle:
A
1.04 Garniel, A., Mierwald, U. & Ojowski, U.
Als Relevanzschwelle für Störungen an Straßen wird für die Art eine Fluchtdistanz von 50 m angegeben.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
1.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Optische Störwirkungen können unterschiedlichste anlage-, betriebs- oder baubedingte Ursachen haben (s. auch "Vertiefende Ausführungen" unter "Wirkfaktoren"). Häufig sind die daraus resultierenden Beeinträchtigungen nicht ausschließlich optischen Reizen zuzurechnen, sondern entstehen aus einer Kombination verschiedener optischer und akustischer Wirkfaktoren (vgl. auch Wirkfaktor 5-1).

Die ebenfalls kumulativ auftretenden optischen Störwirkungen durch Straßen-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehr werden nur unter Wirkfaktor 5-1 behandelt, da bei diesen Projekttypen i. d. R. die akustischen Störwirkungen in ihrer Reichweite und Bedeutung überwiegen. Empfindlichkeiten gegenüber vorherrschend licht- bzw. beleuchtungsbedingten Effekten werden unter Wirkfaktor 5-3 beschrieben.

Vögel gelten grundsätzlich als eine gegenüber optischen Störreizen hoch empfindliche Artengruppe. Visuell wahrnehmbare Störreize können je nach Art, Frequenz, Stärke, Zeitpunkt und Dauer Beeinträchtigungen unterschiedlicher Intensität hervorrufen.

Optische Störreize können bei Vögeln Fluchtreaktionen auslösen sowie bei längerer Dauer und häufiger Wiederkehr zu Stressreaktionen und verändertem Verhalten führen. So unterscheiden Ruddock & Whitfield (2007) bei den Störwirkungen durch Menschen bzw. deren Aktivitäten Stördistanz "alert distance", bei der Verhaltensänderungen von Vögeln auftreten und Fluchtdistanz "flight inition distance", die Auffliegen oder aktives Ausweichen gegenüber der Annäherung der Störquelle auslöst. Allgemein resultieren die Auswirkungen in einer verminderten Kondition oder Fitness der Individuen. Als weitere Folgen ergeben sich Zeitverluste bei der Nahrungsaufnahme und Regeneration, wodurch die Energiebilanzen der Vögel (z. B. bei Brut, Überwinterung oder während des Vogelzugs) und schließlich auch die Entwicklungen der Populationen negativ beeinflusst werden (vgl. z. B. Belanger & Bedard 1990, Keller 1995, Kempf & Hüppop 1998, Hüppop 1993, 1995, 1999, 2001). Ebenso können sich Fluchtreaktionen brütender oder Junge führender Elterntiere über eine erhöhte Verlust- oder Prädationsrate beeinträchtigend auf die Populationsentwicklung auswirken (vgl. z. B. Kempf & Hüppop 1998). Auf optische Störwirkungen zurückzuführende Veränderungen von Aktivitätsmustern (Sell 1991) bzw. Raumnutzungen bewirken u. U. eine partielle oder vollständige Meidung von Gebieten und damit eine Verringerung der Siedlungsdichte (vgl. z. B. Putzer 1983, Keller 1995, Silva et al. 2010) oder eine verringerte Habitatnutzung in den Rast- und Überwinterungsgebieten (z. B. Schneider-Jacoby et al. 1993:1ff., Gädtgens & Frenzel 1997:191ff., Spilling et al. 1999:325ff.).

Darüber hinaus können die Empfindlichkeiten mehr oder weniger ausgeprägten Lern- und Gewöhnungseffekten unterliegen, in Abhängigkeit z. B. von der Konstanz und Berechenbarkeit der Störquellen (z. B. Wille & Bergmann 2002:293ff.), der Struktur des umgebenden Habitats oder der Dauer der Aufenthalte. Das Flucht- und Meideverhalten kann auch von anderen Faktoren wie z. B. Konkurrenzverhalten oder Witterungseinflüsse überlagert sein.

Optische Störwirkungen können unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren zu einer verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit von Individuen, zum Verlust oder zur funktionalen Entwertung von (Teil-)Habitaten, zu reduziertem Bruterfolg, Brutpaarverlust, Bestandsrückgang oder Beeinträchtigung bzw. Erlöschen lokaler (Teil-)Populationen führen. In analoger Weise können auch bedeutsame Rast- und Überwinterungshabitate in reduzierter Weise oder gar nicht mehr genutzt - und somit aufgegeben - werden.

Weitere Ausführungen finden sich in den nachfolgenden Datensätzen, die nach den folgenden drei Grundtypen optischer Störwirkungen gegliedert sind:

I: Strukturbedingte visuelle Störwirkungen, v. a. durch hohe Anlagen (z. B. WEA, Energiefreileitungen, Brücken, Gebäude) bzw. Silhouetten,

II: Störwirkungen durch menschliche Anwesenheit und Aktivitäten sowie

III: Störwirkungen durch Bewegung und Reflektionen von Anlagen.

Bibliographien: Keller (1995), Richarz et al. (2001:350ff.).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
1.03 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
I: Strukturbedingte visuelle Störwirkungen

Strukturbedingte visuelle Störwirkungen - insbesondere auf Vogelarten offener Lebensräume - werden v. a. von hohen bzw. breiten Vertikalstrukturen bzw. 'Silhouetten' hervorgerufen. Dazu zählen z. B. Windenergieanlagen, Energiefreileitungen, Gebäude, Dämme, Brücken oder hohe Gehölzbestände.

Diese Störwirkung resultiert wahrscheinlich in erster Linie aus der von vielen Arten zur Prädationsvermeidung in Brut-, Rast- und Überwinterungsgebieten benötigten Offenheit, Weiträumigkeit und 'Weitsichtigkeit' der Habitate. Bei diesen Arten wird z. T. auch von 'Kulissenflüchtern' gesprochen. Durch Einhaltung von Abständen bzw. Meidung von Flächen entstehen somit maßgebliche Habitatverluste. Sofern relevante Teilhabitate durch Strukturen optisch getrennt werden, können sich als Folgewirkungen ebenfalls reduzierte Flächennutzungen ergeben.

Sofern für die Art relevant, sind die nachfolgenden Datensätze nach den unten angegebenen Hauptursachen strukturbedingter Störwirkungen gegliedert. Insbesondere zur Störwirkung von Windenergieanlagen, Energiefreileitungen sowie von Gehölzbeständen liegen vielfältige Beobachtungen und Erkenntnisse vor.
Die nachfolgenden Datensätze sind - sofern für die Art relevant - nach den verschiedenen Strukturtypen gegliedert:

A: Windenergieanlagen,
B: Energiefreileitungen,
C: Hohe Gehölzbestände,
D: Sonstige strukturbedingte visuelle Störwirkungen (z. B. Gebäude, Dämme, Brücken).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
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1.04 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
A: Strukturelle Störwirkungen von WEA

Windenergieanlagen (WEA) bzw. Windparks (WP) weisen neben strukturbedingten visuellen Störwirkungen durch gruppierte, Raum verstellende Anlagen zusätzlich durch Bewegung, Schattenwurf und z. T. Reflektionen ein ganzes Set an Störfaktoren auf. Relevante Empfindlichkeiten zeigen sich artspezifisch in mehr oder weniger ausgeprägtem Meideverhalten gegenüber der technischen Anlagenkulisse (Windfelder) und in Scheucheffekten bzw. Vergrämungen durch Bewegung und Schattenwurf der WEA. Aufgrund der starken artspezifischen Unterschiede werden die jeweiligen Empfindlichkeiten überwiegend in den Artsteckbriefen genauer beschrieben und mit Untersuchungsergebnissen belegt.
Im Allgemeinen sind vorrangig Scheuchwirkungen durch Bewegung und Schattenwurf von WEA wirksam, die in Abhängigkeit der räumlichen Situation in mehr oder weniger großem Umfang Habitatverluste zur Brut- und Zugzeit zur Folge haben. Neben vollständiger Meidung gestörter Flächen können sich auch verringerte Nutzungsfrequenzen oder Individuendichten auf der WP-Fläche ergeben. Darüber hinaus können sich Störreize auch auf die Reproduktion der im Umfeld von WEA brütenden Vögel auswirken. So haben Pederson & Poulsen (1991) für Kiebitze in der Nähe von WEA bei der Entwicklung der Brutbestände erst nach mehreren Jahren einen im Vergleich zum Umland deutlich verminderten Schlupf- und Bruterfolg nachgewiesen. Bisher haben sich aber erst wenige Untersuchungen mit den Auswirkungen von WEA auf den Bruterfolg befasst.

In den von Hötker et al. (2004:20ff.) zusammengetragenen und statistisch ausgewerteten Untersuchungen wurde für eine Vielzahl an Arten die Scheuchwirkung von WEA analysiert. Trotz der im Ergebnis vorhandenen großen Streuung lassen sich hiernach zumindest Tendenzen erkennen. Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass nur für relativ wenige Arten eine größere Anzahl von Untersuchungen ausgewertet werden konnte. Etliche Arten sind nicht oder kaum untersucht (Hötker et al. 2004:23).

Bei der Reaktion und dem Verhalten der einzelnen Arten ist z. T. grundsätzlich zwischen Brutvögeln und Gastvögeln außerhalb der Brutzeit zu unterscheiden. Während der Brutzeit waren geringere Meidungsabstände zu erkennen als außerhalb der Brutzeit, so wurden in der Brutzeit nur ausnahmsweise Abstände von mehr als 200 m beobachtet und die Mehrzahl der Vögel hielt sich zumindest partiell auch im unmittelbaren Bereich der WEA bzw. im Randbereich des WP auf. Im Rahmen der statistischen Prüfung des ausgewerteten Datenmaterials konnte jedoch kein signifikanter Nachweis von erheblichen negativen Auswirkungen der Windkraftnutzung auf die Gebietsbestände von Brutvögeln erbracht werden.

Außerhalb der Brutzeit wurden generell höhere Meideabstände festgestellt. Vögel der offenen Landschaft, also z. B. Gänse, Enten und Watvögel, aber auch Kraniche, hielten im Allgemeinen Abstände von mehreren hundert Metern zu WEA ein.

Eine generelle Tendenz der Gewöhnung an Störeffekte von WEA besteht nach den Analysen von Hötker (2004:4) offenbar nicht. Reichenbach (2003) geht (auf der Basis relativ weniger Untersuchungen und Untersuchungsgebiete) dagegen bei etlichen Arten davon aus, dass es bei Brutvögeln zu Gewöhnungseffekten kommt, wohingegen er bei Gastvögeln ebenfalls stärkere Beeinträchtigungen festgestellt hat.

Differenzierte Ausführungen zur Störwirkung von Windenergieanlagen auf Vögel, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:
Sachslehner & Kollar (1997), Kruckenberg & Jaene (1999), Schreiber (2000, 2002), Bundesamt für Naturschutz (2000), Isselbächer & Isselbächer (2001a,b), Bergen (2001), Borbach-Jaene & Kruckenberg (2001), Kowallik & Borbach-Jaene (2001), Breuer & Südbeck (2002), Richarz (2002), Steffen (2002), Reichenbach (2003, 2004a,b,c), Reichenbach et al. (2004), Handke et al. (2004a,b,c,d), Traxler et al. (2004), Hötker et al. (2004, 2005), Percival (2005), Horch & Keller (2005), Niedersächsischer Landkreistag (2007), LAG-VSW (2007), LANU Schleswig Holstein (2008), European Commission (2011), Richarz (2011b), Stübing (2011), Bayerisches Staatsministerium des Innern et al. (2011), Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (2011), Niedersächsischer Landkreistag (2011, 2013), LUBW Baden-Württemberg (2012), Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg et al. (2012), Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern (2012), HMUELV & HMWVL HE (2012), Richarz et al. (2012), Langston et al. (2013), Langgemach & Dürr (2013), MKULNV & LANUV NRW (2013), MELUR & LLUR SH (2013), Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) (2012/in Vorb.).

Umfassende Auswertungen zu artspezifischen Stör- / Meideabständen finden sich z. B. in:
Witte & Van Lieshout (2003), Reichenbach (2003), Hötker et al. (2004, 2005).

Spezielle Informationen zu Offshore Windenergieanlagen finden sich z. B. in:
Guillemette et al. (1998, 1999), Percival (2001), Exo et al. (2002), Hüppop et al. (2002), Dierschke et al. (2003), Hüppop & Garthe (2003), Garthe & Hüppop (2004), Garthe et al. (2004), Köppel et al. (2004), Hüppop et al. (2004, 2005a,b,c), Petersen et al. (2004), Dierschke & Garthe (2005), Petersen (2005), Petersson (2005), Merck (2005), Wahl et al. (2007), Kubetzki et al. (2011).

Sammelbände: Bundesamt für Naturschutz (2000), TU Berlin (2002), BUND (2004).

Bibliographien: Schubert (2000).

Eine Literaturdatenbank mit verschiedenen Abfrageoptionen bietet das Michael-Otto-Institut des NABU (2004) unter: http://bergenhusen.nabu.de.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

2009
Seite(n):

53
Qualifizierung der Quelle:
A
1.05 Glasner, W.
Der Autor stellt aufgrund von Untersuchungen zum Einfluss von WEA auf Vogelarten in Aachen fest:
"Rabenvögel erweisen sich als weitestgehend unempfindlich gegenüber Windkraftanlagen. Schwärme von Saat- und Rabenkrähen, teilweise vergesellschaftet mit Dohlen, nutzen die Flächen innerhalb wie außerhalb des Windparks in gleichem Maße. Dabei sitzen die Vögel vielfach direkt unter den laufenden Anlagen und auch ihre Flüge innerhalb der Fläche finden in niedriger Höhe, unterhalb des Rotorniveaus statt."
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

1997
Seite(n):

10
Qualifizierung der Quelle:
A
1.06 Sachslehner, L. & Kollar, H. P.
"Eine Beeinträchtigung der Schlafplatzsysteme [Anm.: in Wien; BearbeiterInnen FFH-VP-Info] durch Windkraftwerke oder Windparks könnte wahrscheinlich nur durch große Nähe zu den Schlafplätzen selbst verursacht werden, weniger oder gar nicht auf Hauptflugrouten. Panikreaktionen und Aufsplittung von Trupps, wie sie Winkelman (1992c) für schlafplatzfliegende Möwen beschrieben hat, könnten aber auf Hauptflugrouten auch bei Krähen und Dohlen auftreten. Vor allem in strengen Wintern könnte dies die Kondition von Saatkrähen (und Dohlen) beeinträchtigen."
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

2005
Seite(n):

37
Qualifizierung der Quelle:
A
1.07 Hötker, H., Thomsen, K.-M. & Köster, H.
Im Rahmen einer Literaturauswertung über die Auswirkungen von WEA auf Vögel wird auf zwei Studien verwiesen, die eine Barrierewirkung von WEA auf Saatkrähen feststellen.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

2006
Seite(n):

307
Qualifizierung der Quelle:
A
1.42 Campbell, M. O'Neal
"Understorey [Anm.: in urban parks; BearbeiterInnen FFH-VP-Info] reduced alert distances for crows, rooks, jackdaws and magpies. Although they occasionally entered it (< 12%), more often they returned to grass hidden from view by the understorey (23%)."
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

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E
1.61 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
II: Störwirkungen durch menschliche Anwesenheit und Aktivitäten

Die Störwirkungen von Personen bzw. menschlicher Anwesenheit und Aktivität resultieren häufig aus der Kombination verschiedener akustischer und optischer Wirkfaktoren, die sich aus der jeweiligen Tätigkeit v. a. im Rahmen von Bautätigkeiten, verschiedenen Sport- und Freizeitaktivitäten, den genutzten Verkehrsmitteln, (Sport-)Geräten oder der etwaigen Begleitung durch Hunde etc. ergeben. Hierbei ist vielfach nicht klar zwischen einzelnen Wirkfaktoren zu trennen. Insbesondere mit dem Wirkfaktor 5-1 (Akustische Reize) bestehen enge Verknüpfungen, da mit menschlichen Aktivitäten zumindest Einzelschallereignisse verbunden sind.

Das Mitführen von Hunden stellt ein besonderes Störungspotenzial dar, das sich u. a. aus dem natürlichen Feindschema vieler Arten herleiten lässt. Dies gilt insbesondere - aber nicht nur - für nicht angeleinte, unruhig umherlaufende Hunde. Vögel reagieren bei Störungen durch Hunde früher mit Flucht als bei Menschen (Yalden & Yalden 1990, Lord et al. 2001, zit. in Langston et al. 2007:27ff.) und bleiben länger dem Nistplatz fern, wenn sie von Hunden gestört worden sind (Taylor et al. 2007, zit. in Langston et al. 2007:27ff.). Hunde werden daher im Übrigen auch erfolgreich zur Vergrämung von Vogelbeständen an Flughäfen eingesetzt (vgl. z. B. Carter 2002).

Dennoch spielt auch die bloße Anwesenheit des Menschen eine wesentliche Rolle, da offenbar auch der Mensch bei vielen Arten weitgehend unabhängig von realen oder unmittelbaren Bedrohungen aufgrund langjähriger Tradierung von Verfolgung und Bejagung als Feindbild wahrgenommen wird. Zu deutlich höheren Fluchtdistanzen und damit stärkeren Beeinträchtigungen kommt es aber in erster Linie bei Arten, die bejagt und/oder gezielt vergrämt werden (z. B. Gänse, Kormorane). Bei konsequenter Beruhigung (vor allem Jagdruhe) kann es in speziellen Gebieten jedoch auch bei diesen Arten zu deutlich geringeren Fluchtdistanzen kommen (Wille et al. 2002:293ff.). Hinweise auf die artspezifischen Fluchtdistanzen und ihre planerische Berücksichtigung finden sich in der Auswertekategorie 'Prognosemethoden'.

Sofern für die Art relevant, sind die nachfolgenden Datensätze nach A: Jagd sowie B: Sport- und Freizeitaktivitäten gegliedert.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
1.62 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
A: Störwirkungen durch jagdliche Aktivitäten

Von einigen Autoren wird betont, dass jagdliche Aktivitäten ursächlich für 'schreckhafte Reaktionen' von Tieren auf menschliche Anwesenheit und Aktivitäten sind. 'An der Furcht vor dem Menschen ist in vielen Fällen die Jagd in ausschlaggebender Weise beteiligt' (Georgii 2001:39). Nach dem aktuellen Kenntnisstand kann außerdem kein Zweifel daran bestehen, dass jagdliche Aktivitäten direkt negative, gebietsbezogene Auswirkungen auf Verhalten, Anzahl und Verteilung von Arten haben können. Insbesondere ist dies für Wasservögel belegt, bei denen sich speziell winterliche Störungen auch auf die Vitalität der betroffenen Individuen auswirken können (z. B. Meile 1991, Stock et al. 1994, Madsen & Fox 1995). Gerade in den letzten Jahren wurden durch mehrere Studien die quantitativen Auswirkungen der Wasservogeljagd deutlich gemacht (vgl. z. B. Geiersberger & Zach 1997, Lonchampt & Michelat 2000) bzw. für Gänse (Mooij 1999:164ff., Kruckenberg et al. 2008:169ff.). Wille (1999) zeigte eindrucksvoll, dass die Bejagung eine langanhaltende, sensibilisierende Wirkung auf Wildgänse für alle Störreize hatte, so dass jede Störung zu intensiveren Fluchtreaktion führten als bei der unbejagten Vergleichsgruppe.

Zu jagdlichen Aktivitäten gehören auch die Errichtung von Hochsitzen, Kirrungen oder Fütterungen. Diese werden oft in entlegenen störungsarmen Landschaftsteilen errichtet, die gleichzeitig Rückzugsräume für störempfindliche Vogelarten sind. Dadurch und aufgrund der zeitlichen Überschneidung von Jagdzeiten und empfindlichen Zeiträumen von Ansiedlung, Paarfindung und Nestbau können sich nachhaltige Störungen in ansonsten störungsarmen Habitaten wie z. B. in Waldgebieten mit Nistplätzen von Großvögeln ergeben.

Differenzierte Ausführungen zur Störung von Vögeln durch Jagd, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Frenzel & Schneider (1987), Tempel (1992).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
1.71 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
B: Störwirkungen durch Sport- und Freizeitaktivitäten / menschliche Anwesenheit

Nach Analyse vogelkundlicher Datenerhebungen gehören heute Störwirkungen durch Sport- und Freizeitaktivitäten zu den wichtigsten Gefährdungsfaktoren von Brutvögeln (Stickroth 2005:120ff.). Für Vogelarten der Küsten und Meere sowie der Gewässer und Verlandungszonen wird dieser Faktor von den Autoren für Brut- und Gastvögel als vorrangig angeführt. In diesen deckungsarmen Vogellebensräumen können bereits einzelne Störungen großer Vogelkonzentrationen während der Rast- und Überwinterung starke und nachhaltige Folgewirkungen haben.

Durch die Förderung und Zunahme sogenannter Outdoor-Sportarten werden zunehmend unberührte oder schwer zugängliche und ansonsten wenig besuchte Landschaftsteile gestört. Insbesondere für Habitatspezialisten ergeben sich dadurch Stressbelastungen infolge von Geräuschemissionen und starken optischen Reizen (Südbeck & Spitznagel 2001:340ff.). Aufgrund des Meideverhaltens störempfindlicher Arten reduziert sich i. d. R. deren besiedelbarer Raum. Gleichzeitig erhöhen sich die inter- und intraspezifische Habitatkonkurrenz sowie der Prädatorendruck.

Im Hochgebirge können die störungsbedingten Flächenverluste und Fragmentierungen der Lebensräume durch Sportaktivitäten sogar zu Verinselungen von Teilpopulationen z. B. der Rauhfußhühner führen. Aus dem Rückzug in suboptimale Biotope, Gelegeverlusten und Beunruhigungen im Winter ergeben sich hier für Standvögel gleich mehrere bestandsmindernde Faktoren (Ajathi & Krumme 2002).

Differenzierte Ausführungen zur Störung von Vögeln durch Anwesenheit und Aktivitäten des Menschen und eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Frenzel & Schneider (1987), Nehls (1994), Stock et al. (1994), Keller (1995), Zeitler (1995a,b), Schnidrig-Petrig & Inghold (1995), Szemkus et al. (1998), Brendel et al. (2001), Ruddock & Whitfield (2007).

Sammelbände: z. B. Laufener Seminarbeiträge 1/2001, Berichte der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz, Bd. 25.

Datenbank: BfN-Literaturdatenbank mit differenzierten Hinweisen zu den Auswirkungen von Sport- und Freizeitaktivitäten auf die Tier- und Pflanzenwelt (siehe: www.natursportinfo.de).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
1.91 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
III: Störwirkungen durch Bewegung und Reflektionen von Anlagen

Störwirkungen durch optische Störreize in Form von Bewegung, Reflektionen, Lichtblitzen etc. sind bisher wenig untersucht. Verschiedene diesbezügliche Ansätze der Vertreibung von Vögeln im landwirtschaftlichen, garten- und obstbaulichen bzw. fischereilichen Bereich oder bei der Flugsicherheit scheinen jedoch auf eine gewisse Wirkung hinzuweisen. Die spezifischen Wirkungsbezüge dürften in den meisten Fällen allerdings noch schwer bestimmbar sein.

Häufig treten sie ohnehin nicht singulär, sondern nur in Verbindung mit anderen optischen oder akustischen Störreizen auf. So dürften die Störwirkungen aufgrund der Bewegungen oder Reflektionen von Fahrzeugen (Kfz, Züge, Flugzeuge) methodisch in den Untersuchungen zu deren allgemeinen Störwirkungen subsumiert sein (vgl. Wirkfaktor 5-1). Die Störwirkung der bewegten Rotoren von Windenergieanlagen ist unter den strukturbedingten Störwirkungen von WEA subsumiert. Auf die Störwirkungen durch die Bewegung von Personen und/oder bestimmten Geräten des Flug- oder Wassersports ist bereits unter dem Punkt menschliche Anwesenheit und Tätigkeit hingewiesen worden.

Allerdings kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass nicht bestimmte bauliche Anlagen (wie z. B. Solaranlagen, Spiegelteleskope) ggf. zu eigenständigen Störwirkungen durch Reflektionen, Blinken, Spiegeln oder Ähnlichem führen. Hierzu gibt es Hinweise, dass die Reflektion bei großflächigen Solaranlagen (häufig mehrere ha groß) vermeintlich als Wasserfläche erscheint und die Vögel zur Landung verführt, und ggf. auch Kollisionen hervorrufen kann (vgl. Wirkfaktor 4-2). Ähnliche Irritationen lösen Spiegelungen regennasser Straßen aus. Auch wenn in Einzelfällen (möglicherweise tödliche) Landeversuche nicht auszuschließen sind, so wird dieser Wirkpfad anhand der wenigen vorliegenden Untersuchungen von den Autoren in der Regel als vernachlässigbar eingestuft; vgl. Aussagen von GfN (2007) in ARGE Monitoring PV-Anlagen (2007).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
3. Prognosemethoden Jahr:

o. J.
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E
3.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Bei der Wirkungsprognose sind die qualitativen und quantitativen Betroffenheiten der Arten durch die optischen Reize einzuschätzen. Dabei sind die Intensität der Störwirkungen des Projekts und seiner Bestandteile und die Empfindlichkeit der betroffenen Arten und ihrer Habitate zu analysieren.

Zusätzlich sind Häufigkeit, Frequenz bzw. Regelmäßigkeit, Dauer und Zeitpunkte der Störereignisse zu berücksichtigen.

I. d. R. erfolgt die Wirkungsbeurteilung durch Überlagerung der projektbedingten Störzonen mit allen nach den Erhaltungszielen zu bewahrenden bzw. zu entwickelnden (Teil-)Habitaten der geschützten Vogelarten.

Darauf aufbauend sind die qualitativen und quantitativen Funktionsverluste für die betroffenen Individuen bzw. (Teil-)Bestände zu beurteilen.

Im Einzelfall können auch Flächen außerhalb des Gebietes zu berücksichtigen sein, sofern die betroffenen (Teil-)Habitate eine wesentliche funktionale Bedeutung für die im Gebiet vorkommenden Bestände der Art aufweisen.

Etwaige kumulative Wirkungen additiver oder synergistischer Art durch andere Wirkfaktoren des Projekts/Plans oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten/Plänen sind zu berücksichtigen.

Konkretere Prognosemethoden sind nach folgenden Grundtypen visueller Störwirkungen gegliedert:

I: Strukturbedingte Störwirkungen, v. a. durch hohe Anlagen (z. B. WEA, Freileitungen, Brücken, Gebäude) bzw. sonstige Silhouetten,

II: Störwirkungen durch menschliche Anwesenheit und Aktivitäten.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
3. Prognosemethoden Jahr:

o. J.
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E
3.61 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
II: Beurteilung von Störwirkungen durch menschliche Aktivitäten

Wie stark menschliche Aktivitäten zu Störungen führen können, hängt neben der artspezifischen Sensibilität von einer Vielzahl von Faktoren ab. So bedingt die Reizwirksamkeit z. T. auch das Vogelindividuum, sein Geschlecht und Fortpflanzungsstatus (z. B. Männchen oder Weibchen mit Jungen), das Vorhandensein von Artgenossen, die Lebensraumstruktur oder Jahres- und Tageszeit (Georgii 2001:37). Darüber hinaus ist die konkrete Ausprägung des Störreizes entscheidend, die von Parametern wie z. B. Größe, Art und Geschwindigkeit einer Person oder eines Objektes bestimmt wird. Ebenfalls eine Rolle spielt, wie häufig ein bestimmter Reiz gleichartig oder kanalisiert bzw. räumlich begrenzt auftritt, ob er so mit Erfahrungswerten verbunden werden und ggf. auch in einem bestimmten Umfang zu Gewöhnungseffekten führen kann.

Belegt ist für etliche Vogelarten das gänzliche Verlassen von Gebieten aufgrund von Störungen durch optische Störreize (z. B. Putzer 1983, Bell & Austin 1985, Korschgen et al. 1985, Gerhard 1994, s. auch Keller 1995). Hiermit ist dann zu rechnen, wenn Gebiete flächenhaft und andauernd gestört werden - z. B. durch ständiges Befahren von Gewässern in deren Zentrum -, so dass die Nutzung durch die betroffenen Arten stark beeinträchtigt oder unmöglich wird (Nehls & Thiel 1988).

Aber schon vor ihrer völligen Vertreibung können Verteilung und Habitatnutzung von Arten so stark beeinflusst werden, dass die Aufenthaltsgebiete der Tiere kaum oder nicht mehr mit den besten Nahrungs-, Fortpflanzungs- oder Ruheplätzen übereinstimmen, sondern primär von Verteilung und Intensität der auftretenden Störreize bestimmt werden (vgl. Ketzenberg 1993, Owen & Black 1990). Über das Meideverhalten hinaus sind negative Auswirkungen auf den Bruterfolg nachgewiesen, die z. B. beim Ziegenmelker in bis zu 225 m Wegeabstand festgestellt worden sind (Murison 2002). Ein funktionaler Verlust des Habitats ist auch dann gegeben, wenn der durch ständige Fluchtreaktionen verursachte Energieverlust nicht mehr in einem ökonomisch tragbaren Verhältnis zum Energiegewinn in verbleibenden Fresszeiten führt.

Relevante Prognoseparameter für Erschließung oder Ausbau des Wegenetzes sind Dichte des derzeitigen und zukünftigen Wegenetzes (Weglänge/qkm) sowie bekannte (geschätzte oder vor Ort ermittelte) und erwartete Nutzungsfrequenz.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
3. Prognosemethoden Jahr:

2010
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191ff.
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E
3.72 Gassner, E., Winkelbrandt, A. & Bernotat, D.
Artengruppen- und artspezifische Stör- bzw. Fluchtdistanzen nach Gassner et al. (2010:191ff.)

Die Prognose der Auswirkungen muss die artspezifisch stark variierenden Störungsempfindlichkeiten berücksichtigen. Nach Gassner et al. (2010:191ff.) indizieren 'Fluchtdistanzen' die Empfindlichkeit gegenüber Störreizen wie sie u. a. durch menschliche Anwesenheit hervorgerufen werden. Unter 'Fluchtdistanz' wird die Entfernung verstanden, die, sofern sie bei einer Störung unterschritten wird, ein Vogelindividuum sowie mehr oder weniger große Gruppierungen (z. B. Rasttrupps) zur Flucht (z. B. durch Wegschleichen, Weglaufen, Wegtauchen, Auffliegen) veranlasst. Sie ist der am leichtesten messbare Parameter für eine durch Störreize verursachte Verhaltensänderung. Die Fluchtdistanz markiert eine sehr starke Störung, die von den Individuen nicht mehr toleriert werden kann. Selbst in größeren Distanzen ohne Meidung bzw. Fluchtreaktionen ergeben sich z. B. für Gänse Störwirkungen und Qualitätsminderungen der Habitate durch häufigeres Sichern und Warnen der Vögel zu Lasten des Fressverhaltens (Kruckenberg et al. 1998:172). Fluchtdistanzen werden meist für punktuelle Störungen ermittelt (Fußgänger, Radfahrer, Fahrzeug etc.).

Fluchtdistanzen variieren nicht nur von Art zu Art, sondern auch von Individuum zu Individuum sowie jahreszeitlich. Rastvögel sind häufig empfindlicher als Brutvögel, größere Schwärme sind empfindlicher als kleine und Individuen in der freien Landschaft sind i. d. R. empfindlicher als Vögel in städtischen oder suburbanen Räumen. Jungeführende Vögel reagieren teilweise auf größere Distanz als Einzelvögel, zudem reagieren Vögel in bzw. aus bejagten Bereichen (z. B. Gänse oder Enten) deutlich störungsempfindlicher als jene in bzw. aus Bereichen ohne Jagd. Grundsätzlich spielen auch die Offenheit, Weiträumigkeit bzw. Strukturiertheit des Geländes oder die Erreichbarkeit des Nestes eine Rolle. Diese vielfältigen und variierenden Faktoren erklären u. a. die zum Teil relativ unterschiedlichen Werte in der Literatur. Zudem werden in Untersuchungen zum Teil Flucht-, zum Teil Stördistanzen ermittelt sowie Spannen, Durchschnitts- oder Maximalwerte angegeben, was jeweils zu berücksichtigen ist. Für folgende Gruppen wurden besonders hohe Fluchtdistanzen ermittelt:

- Die heimischen Großvögel wie Großtrappe, Schwarzstorch und Kranich gehören zu den störungsempfindlichsten Vögeln überhaupt; eingeschränkt gilt dies auch für Reiher.

- Auch Gänse, Schwäne und Limikolen (z. B. Großer Brachvogel, Rotschenkel, Säbelschnäbler, Waldwasserläufer, Alpenstrandläufer oder Kiebitz) können - insbesondere in den Rastgebieten - als sehr störungsempfindlich bezeichnet werden.

- Wasservögel, wie z. B. Gänsesäger, Kormoran und viele Enten- sowie Taucherarten weisen ebenfalls hohe Fluchtdistanzen auf.

- Greifvögel werden aufgrund ihrer Empfindlichkeit insbesondere beim Brutgeschäft oder auch bei der Ansitzjagd leicht und noch auf große Entfernungen gestört.

- Auch die Gruppe der Raufußhühner (z. B. Birkhuhn, Haselhuhn und Auerhuhn) ist durch hohe Fluchtdistanzen gekennzeichnet.

Als relativ unempfindlich gegenüber anthropogener Störung gelten dagegen im Allgemeinen wald- oder gebüschbewohnende Kleinvögel (insbesondere außerhalb der Brutzeit).

Für die unterschiedlichen Freizeit- bzw. Sporttätigkeiten (mit verschiedenen Wasserfahrzeugen, Flugsportgeräten etc.) liegen zum Teil eigenständige Untersuchungen vor, die höhere oder aber niedrigere Fluchtdistanzen nachgewiesen haben und die nach Ansicht der Autoren im jeweils vergleichbaren Anwendungsfall heranzuziehen sind (vgl. auch die BfN-Literaturdatenbank www.natursportinfo.de).

Nach Gassner et al. (2010:191ff.) ist bei der Bewertung von Beeinträchtigungen entsprechend dem in den Rechtsinstrumenten fixierten Vorsorgeprinzip von den oberen Angaben zu den ermittelten Fluchtdistanzen auszugehen, da nachgewiesener Maßen bis zu diesen Entfernungen Beeinträchtigungen auftreten 'können'. Dies gilt auch, da die Fluchtdistanz - wie oben dargelegt - in der Skalierung von Störungen bereits eine sehr hohe Intensität abbildet. Die Autoren geben Orientierungswerte für die planerisch zu berücksichtigenden Fluchtdistanzen von Vogelarten an. Bis zu diesen Entfernungen ist bei häufiger Störung von einer signifikanten Beeinträchtigung bzw. von einem (teilweisen) Funktionsverlust des Lebensraums als Habitat für die Art auszugehen.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
3. Prognosemethoden Jahr:

2010
Seite(n):

192ff.
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A
3.73 Gassner, E., Winkelbrandt, A. & Bernotat, D.
Die Autoren geben für die Saatkrähe als Empfindlichkeit gegenüber anthropogenen Störungen 50 m als planerisch zu berücksichtigende Fluchtdistanz an. Dieser Orientierungswert gilt für die freie Landschaft, da Individuen der Art im Siedlungsbereich meist deutlich verringerte Flucht- bzw. Stördistanzen aufweisen.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
4. Relevanzschwelle Jahr:

o. J.
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E
4.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Soweit die Bestände der Art bzw. ihre Habitate nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen zu bewahren oder zu entwickeln sind, wird die Relevanzschwelle grundsätzlich bei jeder möglichen signifikanten Störung der Individuen bzw. ihrer (Teil-) Habitate im Gebiet überschritten.

Im Einzelfall können Störungen auch außerhalb des Gebietes zu berücksichtigen sein, sofern die betroffenen (Teil-) Habitate eine wesentliche funktionale Bedeutung für die Bestände der Art im Gebiet aufweisen.

Um eine erhebliche Beeinträchtigung durch ein Vorhaben mit der rechtlich gebotenen Sicherheit ausschließen zu können, sind i. d. R. die oberen Angaben zu Stör-, Flucht- bzw. Meidedistanzen heranzuziehen und auf die potenziell geeigneten Lebensräume im Untersuchungsgebiet zu übertragen.

Vorhaben, deren maximale Wirkzonen außerhalb der Gebiete bzw. der Habitate der geschützten Arten liegen, können i. d. R. zu keinen relevanten Störwirkungen und somit Beeinträchtigungen führen.

Für die verschiedenen Störquellen können jeweils Hinweise zu Relevanzschwellen aus den ggf. vorliegenden Grundlagenwerken abgeleitet werden.

Bei einer Einschätzung von Stördistanzen bzw. -wirkungen sind jedoch immer auch die Aktionsräume und Mobilitäten der geschützten Arten mit zu berücksichtigen (vgl. dafür ggf. Angaben unter: 'Raumbedarf und Aktionsräume von Arten').

Die nachfolgenden Datensätze sind nach den verschiedenen Grundtypen visueller Störwirkungen gegliedert:

I: Strukturbedingte Störwirkungen, v. a. durch hohe Anlagen (z. B. WEA, Freileitungen, Brücken, Gebäude) bzw. sonstige Silhouetten,

II: Störwirkungen durch menschliche Anwesenheit und Aktivitäten.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
4. Relevanzschwelle Jahr:

o. J.
Seite(n):

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E
4.61 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
II: Hinweise zu Relevanzschwellen von Störwirkungen durch menschliche Aktivitäten

Relevanzschwellen ergeben sich in Abhängigkeit der Lebensraumfunktionen und des jeweils voraussichtlich betroffenen Artenspektrums. Als Relevanzschwelle sollte die Reaktionsdistanz (Verhaltensänderung / alert distance) der störempfindlichsten Art zugrunde gelegt werden. Diese Reaktionsdistanzen liegen in der Regel etwas höher als die Fluchtdistanzen. Die von Gassner et al. (2010:191ff.) abgeleiteten Orientierungswerte zu planungsrelevanten Fluchtdistanzen - s. a. unter 3. Prognosemethoden - können ggf. in der Form herangezogen werden, dass sie jedenfalls als Minimum-Distanz zu verstehen sind, ab der auf jeden Fall Störungen relevant und weiter zu untersuchen sind (vgl. auch Bernotat 2013).

Wenn das Artenspektrum oder dessen Reaktionsdistanz nicht bekannt ist, können nach Vorsorgegesichtspunkten in Rastgebieten abgeleitet von nachgewiesenen Empfindlichkeiten 1.000 m und in Brutgebieten 500 m als Relevanzschwelle angenommen werden.
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
5. Erheblichkeitsschwelle Jahr:

o. J.
Seite(n):

Qualifizierung der Quelle:
E
5.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Die Beeinträchtigungsintensität resultiert einerseits aus der artspezifischen Empfindlichkeit und andererseits aus der besonderen Eigenart von optischen bzw. strukturellen Störreizen (z. B. menschliche Aktivitäten, anlagenbedingte Bewegung). Unterschiedliche Intensitäten können auch auf die funktionale Differenzierung verschiedener betroffener Teilhabitate zurückgehen.

Die absolute und relative Dimension der Störwirkungen durch optische Reize sind wesentliche Größen der Beurteilung. Hierbei ist der Bezug sowohl zur (Teil-)Habitatfläche wie auch zu Größenordnungen bzw. Anteilen betroffener Individuen herzustellen.

Wichtig für die Erheblichkeitsbeurteilung sind zudem die funktionale Bedeutung der einzelnen betroffenen Flächen bzw. räumlich-funktionalen Beziehungen sowie die zeitliche Dimension der Beeinträchtigung (Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer).

Die Auswirkungen von Störreizen auf physiologische Messgrößen, wie z. B. die Herzschlagfrequenz, oder auf Verhaltensparameter können von Vögeln vermutlich noch kompensiert werden und unterhalb der Erheblichkeitsschwelle von Beeinträchtigungen liegen. Haben Störungen jedoch Auswirkungen auf die Kondition oder die Fitness eines Individuums (worunter sein Beitrag an den kommenden Generationen einer Population verstanden wird, d. h. in der Regel die Zahl der geschlechtsreifen Nachkommen) und damit ggf. auf die Populationsgröße oder die Biozönose, müssen sie als erhebliche Beeinträchtigungen eingestuft werden, wenn geschützte Arten betroffen sind (vgl. auch Stock et al. 1994:51f.).

Die prognostizierbaren Beeinträchtigungen der Raumnutzung sind in ihrer Intensität im Hinblick auf den Brutvogelbestand oft schwer abzuschätzen. In vielen Fällen - insbesondere bei Arten mit besonderen Lebensraumansprüchen - sind Verdrängungen durch Störungen in der Regel einem Habitatverlust gleichzusetzen. Auch ein 'Ausweichen' und 'Zusammenrücken auf engerem Raum' dürfte für Arten in der Regel nicht möglich sein, da davon auszugehen ist, dass Lebensräume unter Berücksichtigung verschiedenster inter- und intraspezifischer Konkurrenzverhältnisse in der Regel entsprechend ihrer Habitatressourcen in entsprechender Dichte besiedelt sind. Planungsmethodisch ist eine störungsbedingte Verdrängung daher in der Regel als Habitatverlust zu bewerten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie im Rahmen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen üblich - um nach den Erhaltungszielen geschützte Arten und ihre Habitate innerhalb von Natura 2000-Gebieten handelt.

Bezüglich der Reichweite und Intensität von Störwirkungen können unter entsprechenden Vorsorgegesichtspunkten artspezifisch bestimmte Abstände bzw. Entfernungen als Orientierungswerte für einen störungsbedingten Habitatverlust definiert werden. Alternativ können statt einzelner Wirkzonen im Hinblick auf einen vollständigen Habitatverlust auch Zonierungsmodelle für graduelle Funktionsverluste in Habitaten definiert werden, um damit graduelle Bestandsabnahmen im betroffenen Gebiet zu bilanzieren.

So sollten beispielsweise die Orientierungswerte für Fluchtdistanzen von Gassner et al. (2010:191ff.) - s. a. unter 3. Prognosemethoden - bei der Bewertung entsprechender Beeinträchtigungen berücksichtigt werden. Dies kann entweder unmittelbar erfolgen, da nachgewiesener Maßen bis zu diesen Entfernungen Beeinträchtigungen in Form von Fluchtreaktionen auftreten können. Oder es könnten mehrere Beeinträchtigungszonen gebildet werden, denen ja nach Empfindlichkeit der Art, Wirkintensität des Projekts oder räumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls gutachterlich unterschiedliche graduelle Funktionsverluste zugewiesen werden (vgl. z. B. Bernotat 2013).

Generell gilt, dass dort, wo eine größere oder funktional relevante Habitatfläche einer geschützten Art betroffen ist, eine Störung eher zu einer erheblichen Beeinträchtigung führt als dort, wo nur geringwertige bzw. sehr kleine Habitatteile betroffen sind.

In bestimmten Fällen kann daher der Konventionsvorschlag für direkten Flächenentzug / -verlust in Habitaten zur Orientierung herangezogen werden (s. Wirkfaktor 1-1). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die in diesem Ansatz integrierten Orientierungswerte für vollständige bzw. dauerhafte Habitatverluste konzipiert wurden. Sie wären daher in dieser Form nur bei anlagebedingten bzw. ggf. betriebsbedingten und somit dauerhaften Störeinwirkungen anzuwenden. Für graduelle Funktionsminderungen sind dagegen eigenständige Bewertungsansätze nachvollziehbar zu entwickeln oder die Funktionsverluste müssten als (ggf. prozentuale) Funktionsminderung bilanziert und dann mit den Orientierungswerten des Konventionsvorschlags ins Verhältnis gesetzt werden (vgl. Beispiel in Lambrecht & Trautner 2007:83).

In Rastgebieten könnte bewertungsmethodisch auch auf den Ansatz von Trautner & Joos (2008) mit den räumlichen Schwellen von 1 % und 0,1 % Bezug genommen werden (Bernotat 2013).
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 2
5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
5. Erheblichkeitsschwelle Jahr:

o. J.
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E
5.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Louis & Klein (2001:490f.) führen zur Frage der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen in Natura 2000-Gebieten aus:

'Maßgebliche Bestandteile des Gebiets für die Gewährleistung der Erhaltungsziele sind alle Flächen, die wichtige Funktionen zur Erhaltung der Lebensräume oder Arten nach der Vogelschutz-Richtlinie erfüllen, für die das Gebiet eingerichtet wurde.

Eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele liegt vor, wenn in einem europäischen Schutzgebiet durch eine menschliche Betätigung die Lebensbedingungen der geschützten Vogelarten wesentlich verschlechtert oder ihre Lebensräume unmittelbar nachteilig beeinflusst werden können. Davon ist auszugehen, wenn die Lebensraumfunktion des Gebiets nicht oder nur noch eingeschränkt fortbesteht, weil die zur Verfügung stehende Fläche verkleinert wird oder sich die ökologischen Bedingungen in Folge des Projekts oder Plans verschlechtern werden. Das Gleiche gilt, wenn voraussichtliche Störungen eine Abnahme der Population der geschützten Vögel erwarten lassen, so dass die Erhaltungsziele des Gebiets voraussichtlich nicht mehr vollständig erreichbar sind. Dazu tragen insbesondere Störungen durch Lärm, Licht und Erschütterungen bei. [...] Erheblich ist eine Beeinträchtigung, wenn sie sich nicht nur unwesentlich auf die Funktionen des betroffenen Europäischen Vogelschutzgebiets auswirken. Je empfindlicher das Gebiet oder die zu schützende Art ist, umso niedriger ist die Erheblichkeitsschwelle anzusetzen.'
A 348 Saatkrähe (Corvus frugilegus)
5 Nichtstoffliche Einwirkungen Relevanz des Wirkfaktors: 0
5-3 Licht
1. Empfindlichkeiten/Wirkungen Jahr:

o. J.
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E
1.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum)
Die Reichweite und Komplexität der Auswirkungen von anthropogenen Lichtemissionen sowohl in Brut- und Gastvogellebensräumen als auch auf den Zugwegen hat heute Ausmaße angenommen, die im Hinblick auf Relevanz und Erheblichkeit bei Planungen und Projekten beachtet werden müssen.

Empfindlichkeiten gegenüber starken künstlichen Lichtquellen zeigen sich als unmittelbare Reaktionen bei nächtlichen Flugbewegungen (siehe unter 1.), z. B. ziehender oder Nahrung suchender Vögel. Die räumliche Orientierung ziehender Vögel kann durch Lichtraumgebilde (Lichtdome) über großen Städten, aber auch durch einzelne Lichtquellen kleinräumig stark gestört werden. Von großer Bedeutung sind dabei die Wetterbedingungen. Störungen natürlicher Orientierungsmuster durch Kunstlicht treten verstärkt bei schlechter Sicht auf. Vögel nutzen bei der Navigation die räumlichen Konstellationen von Himmelskörpern sowie deren Lichtintensität, Einstrahlungswinkel und Polarisationsmuster.

Weiterhin haben Lichtemissionen v.a. fitnessrelevante Auswirkungen (siehe unter 2.) und sie können sogar Paarungs- und Reproduktionssysteme (siehe unter 3.) verändern (Kempenaers et al. 2010, Dominoni et al. 2013). Lichtemissionen haben Einfluss auf die Verteilung und Häufigkeit von Fluginsekten und damit auf die Nahrung von Vögeln (z. B. Schmiedel 2001). Kunstlicht kann zumindest lokal Dämmerungs- und Dunkelphasen verdrängen und so Veränderungen tages- und jahresrhythmischer Verhaltensweisen von Vögeln (photoperiodische Steuerung) auslösen (z. B. Richarz 2001, Kempenaers et al. 2010, Dominoni et al. 2013).

1: Reaktionen auf Lichtemissionen bei nächtlichen Flugbewegungen

Künstliche Lichtquellen beeinflussen in Abhängigkeit von Wellenlänge und Intensität der Beleuchtung das spezifische nächtliche Orientierungsvermögen der Vögel mit Hilfe ihres angeborenen Magnetkompasses (Wiltschko & Wiltschko 2001). Nachts ziehende Vögel nutzen bei der Navigation komplex das Zusammenspiel verschiedener Orientierungsmechanismen (Wiltschko & Wiltschko 2003). Störwirkungen auf die Navigation nach dem Magnetfeld der Erde erklären sich z. B. dadurch, dass der Magnetkompass an Photorezeptoren im Vogelauge gekoppelt ist und von Licht beeinflusst wird. Einerseits funktioniert er offenbar nur, wenn ein gewisses Restlicht vorhanden ist, andererseits ist er wellenlängenabhängig. Bei Störungen dieser sensiblen Sinneswahrnehmung durch Licht ergeben sich einerseits besondere Attraktionswirkungen der Lichtquellen, andererseits lösen starke künstliche Lichtreize Blendeffekte und Schreckreaktionen aus. Folgeerscheinungen sind Desorientierung und der Verlust der Richtungsorientierung (Wiltschko & Wiltschko 2017, Mouritsen 2018). Die gestörte Navigation kann schließlich zu Erschöpfungsflügen führen, die i.d.R. mit einem erhöhten Kollisionsrisiko an technischen Anlagen verbunden sind. Der Wirkungsgrad von Störeinflüssen ist anscheinend in erster Linie abhängig von der Beleuchtungsintensität (Verheijen 1985, Krijgsveld et al. 2015) sowie der zeitlichen, standörtlichen und anlagenspezifischen Ausstattung und Exposition der Lichtquellen (Rodriguez et al. 2017, Dierschke et al. 2021).

Alle Formen von Licht können unter bestimmten Umständen Vögel anlocken (z. B. Kingsley & Whittam 2001, Schmiedel 2001). Licht spielt als Ursache für Kollisionen mit unterschiedlichen menschlichen Bauwerken oft eine entscheidende Rolle, seien es Leuchttürme, Befeuerungen von WEA, Förderanlagen, Bohrinseln, Hochhäuser, Brückenbauwerke, Glasfronten, Sendemasten, Fernseh- und Funktürme, Leuchtreklamen oder Wolkenhöhenscheinwerfer (Ceilometer) (vgl. z. B. Bjorge 1987, Brombach 2000, Wiese et al. 2001, Gauthreaux & Belser 2006, Ballasus et al. 2009, Haupt 2009). Das Leuchten von abgefackeltem Gas über Förderanlagen kann eine vergleichbare Wirkung haben (z. B. Montevecchi 2006).

Die stärksten Einwirkungen und damit die größten Konflikte ergeben sich bei Projekten mit Raum verstellenden WEA. Besondere Empfindlichkeiten ergeben sich im Bereich von Zugwegen über Nord- und Ostsee. Infolge der Industrialisierung der nordeuropäischen Meere mit zahlreichen nachts beleuchteten Anlagen sind Risiken für überwiegend nachts ziehende Vögel in diesem Lebensraum zunehmend großräumig relevant (Dierschke et al. 2021).

Erschöpfungsflüge bei schlechter Sicht über See sind auch ein natürliches Phänomen (Schmiedel 2001), Störreize durch Kunstlicht wirken hier oft verstärkend. Empfindlichkeiten gegenüber Kunstlicht variieren art- und populationsspezifisch (Zhang et al. 2014, Jong De 2016). Für einzelne Seevogelarten hat Licht in Form bioluminiszenter Beutetiere, die nachts vertikale Wanderungen durchführen, auch eine natürliche Attraktionswirkung (Wiese et al. 2001:1286). Seevögel können deshalb besonders empfindlich auf zusätzliche künstliche Lichtreize reagieren.

Es ist nicht geklärt, wie groß die Reichweite des Anlockeffektes ist. Literaturauswertungen ergaben Hinweise auf größere Reichweiten der Attraktionswirkung sowie eine mögliche Meidung von Lichtquellen und der beleuchteten Strukturen bei guter Sicht (Ballasus et al. 2009). Ausweichbewegungen (Änderung der Zugrichtung, -geschwindigkeit und/oder -höhe) als Reaktion auf eine starke Lichtquelle konnten bis in eine Entfernung von etwa 1 km beobachtet werden (Bruderer et al. 1999). Dieser Wert darf jedoch nicht als allgemeingültig angenommen werden, da hierbei die Lichtintensität, aber auch andere Einflussfaktoren eine Rolle spielen. Nach Einschätzung von Dierschke et al. (2021) entspricht die Attraktionsreichweite wahrscheinlich dem natürlichen Sehvermögen und dessen witterungsbedingten Einschränkungen.

Die Masse der lichtbedingten Kollisionen findet in nur wenigen Nächten pro Zugzeit statt, wenn viele (Sing-)Vögel ziehen und die Anlockung durch Licht begünstigende Wetterbedingungen mit schlechter Sicht, starker Bewölkung, Nebel und Nieselregen herrschen (z. B. Brewer & Ellis 1958, Abt & Schultz 1995, Ballasus et al. 2009). Dann sind die Tiere oftmals unfähig, den beleuchteten Bereich wieder zu verlassen und ihren Flug fortzuführen und flattern oder kreisen dann stundenlang im Lichtkegel (z. B. Abt & Schultz 1995, Evans Ogden 1996). Die Kollisionsgefahr steigt, wenn dichte Schichtwolken unterflogen werden. So laufen die Vögel Gefahr, mit Seilen, Pylonen oder anderen Hindernissen zu kollidieren ("blind collision") oder erschöpft landen zu müssen (Erschöpfungsflüge) (z. B. Cochran & Graber 1958, Evans Ogden 1996, Richarz 2001:152). Seevögel kollidieren auch außerhalb von Zugzeiten mit stark beleuchteten Küstenformationen (Rodriguez et al. 2015, 2017).

Schlechte Wetterbedingungen, die zu eingeschränkten Sichtweiten führen, erhöhen generell die Wahrscheinlichkeit von lichtbedingten Verhaltensänderungen und ggf. Kollisionen, da die Vögel tiefer ziehen und dadurch stärker von Lichtquellen angelockt oder geblendet werden (Schmiedel 2001). Mondlose Nächte (ggf. bedingt durch schlechtes Wetter) scheinen stärker betroffen als solche mit Mondlicht (z.B. Gjerdrum et al. 2021, Rebke et al. 2019). Bei Nebel und Niederschlag ergibt sich zudem durch die Lichtbrechung an den Wassertropfen eine Streuung und somit eine Vergrößerung der beleuchteten Fläche. Die größten Verluste treten im Herbst, bei weitgehender oder völliger Bedeckung des Himmels (mehr als 80 %), bei geringer Wolkenhöhe (<500 m), schlechter Sicht bei Nebel und Dunst, bei Tiefdruckwetterlagen und nach Durchzug einer Kaltfront auf (z. B. Brewer & Ellis 1958).

Haupt stellte bei Untersuchungen am "Post-Tower" in Bonn fest, dass die überwiegende Mehrzahl der 213 beobachteten Kleinvögel im Bereich des Lichtkegels auffällige Verhaltensweisen zeigten (34,7 % kreisend/umkehrend; 38,5 % Richtungsänderungen > 45 Grad; deutliche Verringerungen der Fluggeschwindigkeit, zögerlicher, teils ungerichtet schwankender Flug 19,2 %). Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei den beobachteten Verhaltensänderungen um mehr als nur kurze Störungen der Orientierung handelt (Haupt & Schillemeit 2011:166f.). Drosseln und andere nächtliche Durchzügler rufen während des Zuges über beleuchteten Siedlungen wesentlich mehr als in dunkleren Regionen (Gillings & Scott 2021, Watson et al. 2016). Ob und wie stark dies die Fitness der Tiere beeinflusst, ist nicht geklärt. Über beleuchteten Siedlungsgebieten wurde unter bestimmten Bedingungen statt einer Attraktion die Zunahme der Flughöhe registriert (Cabrera-Cruz et al. 2019) und im Golf von Mexiko fanden Cabrera-Cruz et al. (2020) Hinweise darauf, dass beleuchtete Gebiete als Rastplätze gemieden werden. Atlantiksturmtaucher beispielsweise vermieden es nahe einer Brutkolonie, einen beleuchteten Bereich zu befliegen (Syposz et al. 2021).

2: Indirekte Auswirkungen von Lichtemissionen

Straßenbeleuchtungen wirken ebenso wie die Beleuchtung von Fahrzeugen anziehend auf dämmerungs- und nachtaktive Fluginsekten. Im Anlockbereich von Lichtquellen konzentrieren sich potenzielle Nahrungstiere von nachtaktiven Vogelarten wie dem Ziegenmelker (Steiof, schriftl.) oder die begünstigenden Lichtverhältnisse werden zur Jagd genutzt (Abt & Schultz 1995, Richarz 2001:152). Dabei sind die Vögel einem erhöhten Kollisionsrisiko ausgesetzt (vgl. Ausführungen zu Straßenverkehr und Mortalität unter Wirkfaktor 4-3). Aber auch für tagaktive insektenfressende Vögel können sich durch das massenhafte Sterben von Kunstlicht im Straßenraum angelockter Insekten reduzierte Nahrungsressourcen ergeben. Einflussgrößen auf Quantität und Qualität des Anfluges von Insekten an Lichtquellen wurden z. B. von Höttinger & Graf (2003) in Wien eingehend untersucht und beschrieben. Der für die vergangenen drei Jahrzehnte dokumentierte drastische Rückgang der Insektenbiomasse in der Normallandschaft sowie in Schutzgebieten (Hallmann 2017) kann auch mit überdurchschnittlichen Lichtverschmutzungen in Verbindung gebracht werden (Vogel 2017, Grubisic et al. 2018).
Die erleuchtete Nacht beeinflusst den Lebensrhythmus von Vögeln. Viele Aktivitäten der Vögel wie Brut- oder Zugbeginn sind zwar von circadianen Uhr gesteuert. Diese "innere Uhr" ist jedoch ungenau und wird durch den Lauf der Tageslänge justiert. Wenn die Nacht zum Tag wird, wird auch die innere Uhr orientierungslos (Hunziker & Stapfer 2005). Schon Aschoff & Weaver (1962, zit. in Richarz 2001:152) haben nachgewiesen, dass lichtorientiert gesteuerte tagesperiodische Rhythmen der Vögel durch Kunstlicht beeinflusst werden können. Frühaktive Arten mit niedriger Singhelligkeitsschwelle sind offenbar am stärksten von Lichtimmissionen betroffen (Abt 1997, zit. in Richarz 2001:153). Den geringeren Bruterfolg von städtischen Kohlmeisenpopulationen führten Schmidt & Steinbach (1983) z. B. auf die mangelhafte Synchronisation von Nahrungsangebot und Brutzeit zurück. Als Ursache des verfrühten Beginns der Brutsaison um bis zu 2,5 Wochen werden extreme Temperatur- und Lichtverhältnisse der Innenstädte angegeben (Schmidt & Einloft-Achenbach 1984).

3: Einwirkungen auf Paarungs- und Reproduktionssysteme

Verhaltensänderungen durch Kunstlicht sind überwiegend auf lichtinduzierte Störungen des Hormonhaushaltes und der dadurch regulierten Stoffwechselprozesse von Vögeln zurückzuführen. Richarz (2001) verwies bereits auf mögliche, bisher wenig erforschte Veränderungen jahresperiodischer Phänomene wie Gonadenwachstum und Fortpflanzungsverhalten. Zwischenzeitlich beschreiben neuere Forschungen eine ganze Bandbreite unmittelbarer Einwirkungen von Lichtemissionen als Abweichungen in der Hormonausschüttung (Ouyang et al. 2015) und anderen physiologischen Parametern (Jong De et al. 2016, Raap et al. 2016). Mit dem verstärkten Auftreten von Polygynie an Waldrändern mit Straßenbeleuchtung kann sich Beleuchtung auch als Selektionsfaktor auswirken (Kempenaers et al. 2010).

Direkte und indirekte Auswirkungen von Lichtemissionen können somit - abhängig von Intensität und räumlicher Ausdehnung - zu einer verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit von Individuen, zu Verlust von Teilhabitaten, Verringerung des Bruterfolgs, zu Brutpaarverlust, Bestandsrückgang oder Beeinträchtigung bzw. Erlöschen lokaler (Teil-)Populationen führen.

Differenzierte Ausführungen zu Stör- und Gefährdungswirkungen von Lichtquellen auf Vögel sowie Handlungsempfehlungen zur Vermeidung negativer Effekte finden sich z. B. bei:
Abt & Schultz (1995), Molenaar et al. (1997), Bruderer et al. (1999), Health Council of the Netherlands (2000), Richarz (2001c), Böttcher (2001), Bachmann (2004), Bruderer (2005), Gauthreaux & Belser (2006), Evans et al. (2007), Longcore et al. (2008), Schmid et al. (2008), Ballasus et al. (2009), Haupt (2009, 2011b), Haupt & Schillemeit (2011), Schmid et al. (2012), Held et al. (2013), Huggins & Schlacke (2019), Schroer et al. (2019), Dierschke et al. (2021).

Ausführliche Informationen zu Wirkmechanismen von Skybeamern und Hinweise auf die Rechtslage finden sich z. B. bei Herrmann et al. (2006), Haupt & Schillemeit (2011), Huggins & Schlacke (2019).

Internetsite: Fatal Light Awareness Programm (FLAP) unter: www.flap.org (aufgerufen am 27.09.2021).
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Wenn möglich, sollte auf die Errichtung technischer Lichtquellen verzichtet werden. Insbesondere Skybeamer, Leuchtreklamen und Laser sollten generell, wenigstens aber in den Zugzeiten, verboten werden (so z. B. auch Haupt & Schillemeit 2011).

Falls die Installation von Lampen unverzichtbar ist, sollte auf ein vogelfreundliches Beleuchtungsdesign geachtet werden (z. B. Schroer et al. 2019): Lichtintensitäten sollten immer so gering wie möglich gewählt werden (z. B. Jones & Francis, Ballasus et al. 2009). Das Licht sollte nach unten gerichtet und nach oben abgeschirmt sein, bei Beleuchtung von Objekten dürfen nur diese angestrahlt werden (Schmid et al. 2008). Aber auch relativ schwache Beleuchtung von Siedlungen hat bereits einen Effekt auf das Rufverhalten von Drosseln während der Zugzeit (Gillings & Scott 2021). Zudem hatten auch schwache und nach unten gerichtete Scheinwerfer einen Einfluss auf die Flugwege ziehender Vögel (Cabrera-Cruz et al. 2021).

Rotes Licht hat beim Vergleich der Farbeinflüsse die geringste Anziehungskraft, während gelb bedingt, besonders aber Grün, Blau und Weiß zu verstärkter Anlockung (Rebke et al. 2019, Dierschke et al. 2021, vgl. auch Zhao et al. 2020 und Cabrera-Cruz et al. 2021) bzw. Meideverhalten (Syposz et al. 2021) führen.

Ziehende Vögel werden von Dauerlicht stärker angezogen als von Blinklicht - weitgehend unabhängig von der Farbe des Lichts (Dierschke et al. 2021). Blinklicht ist deshalb dauerhaft scheinendem unbedingt vorzuziehen, wobei die Hellphasen möglichst kurz, die Dunkelphasen möglichst lang sein sollten (Gauthreaux & Belser 2006, Evans et al. 2007, Longcore et al. 2008, Ballasus et al. 2009, Gehring et al. 2009, Syposz et al. 2021). Werden mehrere blinkende Lichter in einem Gebiet installiert (z. B. bei Windparks), so ist auf eine Synchronisation des Blinkrhythmus zu achten (Ballasus et al 2009).

Für den Schiffsverkehr werden Offshore Windparks (nur) in Deutschland zusätzlich mit einer gelben Dauerbeleuchtung des unteren Mastes der WEA ausgestattet. Dierschke et al. (2021) halten dies für vermeidbar und empfehlen, keine zusätzliche Beleuchtung in das zuvor dunkle Meeresareal zu bringen. Wo aus Sicherheitsgründen eine Beleuchtung unerlässlich sei, sollte eine bedarfsgerechte Befeuerung mit nur dann eingeschalteter Beleuchtung entwickelt und eingesetzt werden, wenn sich ein Luft- bzw. Wasserfahrzeug annähert. Regelungs- und Abschaltmöglichkeiten sollten verstärkt während des Vogelzuges vorgesehen werden, v. a. von Oktober bis März, und tagesperiodisch nach Mitternacht während des Sinkfluges und zur Landung der Vögel (Ballasus et al. 2009, Krijgsveld 2015).
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5-4 Erschütterungen / Vibrationen
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