Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten
Ringdrossel - Turdus torquatus
Natura 2000-Code: A 282; Bearbeitungstand: IIIWirkfaktorengruppe: | 5 Nichtstoffliche Einwirkungen |
Wirkfaktor: | 5-1 Akustische Reize (Schall) |
Relevanz des Wirkfaktors: | regelmäßig relevant (2) |
Auswertekategorien:
- Empfindlichkeiten/Wirkungen (6)
- Regenerationsfähigkeit (0)
- Prognosemethoden (8)
- Relevanzschwelle (6)
- Erheblichkeitsschwelle (2)
Datensatz:
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3. Prognosemethoden
3.06 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
Die Herangehensweise, mit verschiedenen Wirkzonen unterschiedliche Beeinträchtigungsintensitäten abzubilden, wurde bei Straßenplanungen vielfach angewandt und hat sich dort bewährt. Sie ist deutlich differenzierter und die Realität besser widerspiegelnd als Ansätze, die nur mit einer einzigen Wirkdistanz arbeiten.
Bei Zonierungsmodellen sind auch Vorbelastungen bzw. Auswirkungen durch Erhöhungen des Verkehrsaufkommens prognostizierbar und die aus dem Lärmzuwachs resultierende Verlagerung und Vergrößerung der Beeinträchtigungszonen lässt sich abbilden (vgl. auch Gassner et al. 2010:212).
Zonierungsmodelle mit zugeordneten Funktionsverlusten haben zudem den planungsmethodischen Vorteil, dass damit - sofern aus Gründen der Vergleichbarkeit gewünscht - die graduell beeinträchtigten Habitatflächen anhand der angegebenen prozentualen Beeinträchtigungen pro Zone ermittelt und zu einem fiktiven vollständigen Funktionsverlust einer gewissen Dimension umgerechnet werden können. Die rechnerische Ermittlung solcher "Äquivalentflächen" hat sich in verschiedenen Projekten bereits im Rahmen der planerischen Ermittlung des quantitativen Kompensationsbedarfs bewährt (vgl. z. B. Bernotat 1997:63ff.).
Dieser fiktive vollständige Habitatverlust kann zudem für die verschiedenen Lärm-Zonen aufsummiert und mit den in den Fachkonventionsvorschlägen zum dauerhaften Habitatverlust enthaltenen Orientierungswerten ins Verhältnis gesetzt werden (siehe dazu auch die Ausführungen bei Gassner et al. 2010:223 oder bei Lambrecht & Trautner 2007:83ff.). Dadurch ist grundsätzlich eine Vergleichbarkeit zwischen vollständigen und graduellen Funktionsverlusten möglich, wobei unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls mehr Objektivität und Nachvollziehbarkeit in den Bewertungsentscheidungen erreicht wird.
Sofern valide Aussagen auf Artniveau möglich sind, sind diese genauer als die auf Vogelgemeinschaften allgemein bezogenen Methoden. Allerdings wird dadurch die Komplexität der Beeinträchtigungsprognose und -bewertung deutlich erhöht.
Bei Straßen mit einem geringen Verkehrsaufkommen dürfte die Bedeutung des Lärms von den anderen Störfaktoren (optische Reize, Bewegung etc.) stark überlagert werden. Die Effekte, die aus der Maskierung artspezifischer Äußerungen resultieren, sind stark reduziert.
Garniel et al. (2007:225f.) gehen davon aus, dass ab weniger als ca. 10.000 Kfz/Tag keine kontinuierliche Lärmkulisse entstünde und daher die Verwendung lärmbezogener Pegel nicht mehr sinnvoll sei. Im Verfahren nach Reijnen et al. (1995) werden in den Tabellen allerdings noch lärmbezogene Effektdistanzen für DTV von 2.000-5.000 Kfz angegeben.
Bei Straßen bzw. Wegen mit einem sehr geringen Verkehrsaufkommen dürfte die Bedeutung des Lärms von den anderen Störfaktoren überlagert werden. Aus den jedoch ebenfalls reduzierten Gewöhnungseffekten resultiert - insbesondere bei Arten offener und halboffener Landschaften - jedoch eine Zunahme der Schreckreaktionen. Daher sollten hier eher die unter dem Wirkfaktor 5-2 (optische Reizauslöser) dokumentierten Flucht- bzw. Stördistanzen herangezogen und ggf. im Sinne kumulativer Effektdistanzen verwendet werden. Als Orientierungswert für ein diesbezüglich sehr geringes Verkehrsaufkommen und die damit verbundenen eher punktuellen Störungen kann nach Bernotat (1997) eine Verkehrsdichte von <1.000 Kfz/Tag angenommen werden.
3.21 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
B: Schienenverkehr
An Schienenwegen werden die zu prognostizierenden Lärmemissionen in der Regel anhand der Richtlinie der Deutschen Bundesbahn zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen (Schall 03) berechnet. Das Berechnungsverfahren ist allerdings zur Bemessung des Schalls im Hinblick auf das Hörvermögen des Menschen entwickelt worden.
Für die Höhe von Lärmemissionen (Roll-, Antriebs-, Brems- sowie aerodynamische Geräusche) sind insbesondere die Zugfrequenz und -länge, die Fahrgeschwindigkeit, die Zugarten aber auch Konstruktion, Kurvenradius, Qualität und Wartungszustand der Schienenfahrfläche verantwortlich.
Die Ausbreitung der Emissionen ist abhängig von Topographie, der baulichen Trassenführung (Damm > Gleichlage > Einschnitt), der Planung von Lärmschutzstrukturen, der landschaftlichen Situation (weiträumiges Grünlandgebiet > strukturiertes Heckengebiet > Wald) sowie durchschnittlichen Windstärken und -richtungen. Grundsätzlich sind vorbeifahrende Züge deutlich lauter als vorbeifahrende PKW und LKW.
Das Umweltbundesamt (vgl. UBA 2003) hat im Rahmen eines Forschungsvorhabens an 365 Messorten die Geräuschemission von 13.000 Zugvorbeifahrten gemessen. Dabei wurde festgestellt, dass die gemessene Lärmentwicklung aller Zugarten etwas 2 dB(A) höher lag, als die berechneten Daten. Dies müsse bei der Überarbeitung der Berechnungsvorschriften für Bahnlärm berücksichtigt werden (UBA, Fachgebiet I.3.4 2006).
Für Schienenverkehr wurde von Tulp et al. (2002) in einer ausführlichen Studie an Wiesenvögeln eine eindeutige Korrelation zwischen Lärmintensität und Brutvogeldichtereduktion ermittelt. Roll (2004:47) entwickelte daraus für Wiesenvögel in Anlehnung an die etablierten Zonierungsansätze im Bereich des Straßenverkehrs ein Modell, das ebenfalls bestimmten Lärmzonen entsprechende Funktionsverluste zuweist. Dabei wurden für die verschiedenen Lärmzonen grob folgende Orientierungswerte für eine reduzierte Siedlungsdichte angesetzt:
54 dB(A): 25 %
59 dB(A): 50 %
65 dB(A): 75 %
70 dB(A): 90 %
Inwieweit diese Ergebnisse auf gehölzbewohnende Arten übertragen werden können, wird offen gelassen. Es wird auch hervorgehoben, dass Bahnlärm möglicher Weise auch nur in Kombination mit den optischen Störwirkungen solche negativen Auswirkungen haben könnte (ebd.). Im Jahr 2006 wurden die Werte von Roll (06.11.2006) basierend auf den vorläufigen Ergebnissen von Garniel et al. (2007) nicht mehr aufrechterhalte, sondern davon ausgegangen, dass erhebliche Auswirkungen des Schienenverkehrs auf die Avifauna nur bei einer begrenzteren Anzahl von Arten und bei sehr hohen Verkehrsdichten anzunehmen sei.
Waterman et al. (2004) haben in den Niederlanden ein Verfahren entwickelt, mit dem Störungen von Schienenwegen auf Wiesenvögel bewertet werden können. Die Schallwerte werden dabei als geeigneter Komplexindikator für die vielfältigen Störwirkungen der Schienenwege aufgefasst. Für bestimmte Arten bzw. Artengruppen (Knäkente, Feldlerche, Uferschnepfe, Wiesenvögel allgemein, Watvögel allgemein) werden Schwellenwerte in dB(A) angegeben, die zwischen 42 und 49 dB(A) liegen, und ab denen von relevanten Störwirkungen ausgegangen wird. Die dB(A)-Werte sind jedoch nach dem niederländischen Standard-Verfahren ermittelt und nicht unmittelbar auf deutsche Lärmprognosen übertragbar. Sie schlagen dann vor, über die Lärmbänder die betroffene Habitatfläche, die Funktionsverluste in den Habitaten bzw. die Anzahl betroffener Brutreviere zu prognostizieren.
Sofern es sich um eher gering frequentierte Strecken handelt, ist von einer eher diskontinuierlichen Lärmeinwirkung, von verringerten Maskierungseffekten aber auch von reduzierten Gewöhnungseffekten auszugehen. In solchen Fällen dürften die aus punktuellen Störreizen resultierenden Stör- bzw. Schreckwirkungen dominieren.
Für die Differenzierung zwischen eher kontinuierlichem und eher diskontinuierlichem Verkehrsaufkommen kann die durchschnittliche Zugfrequenz (z. B. Züge pro Stunde) sowie die von Länge und Geschwindigkeit des Zuges abhängende durchschnittliche Dauer der Lärmeinwirkung pro Zug herangezogen werden. Danach kann abgeschätzt werden, welcher zeitliche Anteil (pro Stunde) durch Verlärmung beeinträchtigt wird. Liegt dieser Wert unter 10 %, kann eher von diskontinuierlichem Lärm ausgegangen werden, bei dem einerseits die Problematik der Maskierung reduziert ist, andererseits aber auch die Chance zur Gewöhnung, womit die Schreckreaktionen und die daraus resultierenden Störwirkungen wieder zunehmen.
Garniel et al. (2007) schlagen etwas höhere Schwellen vor, die sie für 11 besonders empfindliche Brutvogelarten bei einer Störzeit von 12 Min. pro Stunde (20 %) und für die Große Rohrdommel bei 6 Min. pro Stunde (10 %) ansetzen. Die Autoren betonen jedoch selber, dass dies nur Arbeitshypothesen für weiterführende Untersuchungen sein sollen.
3.41 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
C: Flugverkehr
Für die Lärmprognosen im Flugverkehr kann ggf. auf die dort etablierten Lärmberechnungsverfahren zurückgegriffen werden. Allerdings konnten bislang keine Methoden ermittelt werden, welche die Lärmwerte / -zonen hinsichtlich ihrer Störwirkungen auf Vögel weiter operationalisieren.
Es ist zudem deutlich erkennbar, dass, bezogen auf Flug-/Luftfahrzeuge eine sehr enge Verzahnung optischer und akustischer Störwirkungen besteht und dass die verschiedenen Flugobjekte sich hinsichtlich ihrer Störwirkungen nicht allein aufgrund ihrer akustischen Störreize unterscheiden (vgl. Ausführungen zu optischen Reizen unter Wirkfaktor 5-2). Insofern dürften Ansätze, die nur auf Lärmwirkungen abstellen, höchstens einen Charakter als Komplexindikatorenmodell für Störwirkungen insgesamt aufweisen. Vermutlich sollten eher Methoden entwickelt werden, die für die verschiedenen Luftfahrzeugtypen die optischen und akustischen Störwirkungen gemeinsam operationalisieren.
Im konkreten Fall sind projekt- und artspezifische Einschätzungen im Sinne einer störungsökologischen Beeinträchtigungsbewertung erforderlich. Dennoch können aus dem bisherigen Wissen einige grundsätzliche Aussagen zur methodischen Operationalisierung der Störwirkungen und als Hilfestellung für die Einzelfallprüfung abgeleitet werden.
Für die Störintensität auf Projektseite sind v. a. folgende Parameter relevant:
1. Die Regelmäßigkeit und Kalkulierbarkeit der Flugbewegung ist relevant für etwaige Gewöhnungseffekte. Wendige Flugobjekte mit unregelmäßigem Erscheinen, Kurvenflug, unkalkulierbaren Flugmanövern verbunden mit hohen Winkelgeschwindigkeiten und Überraschungskomponenten (wie insbesondere Modell- und Ultraleichtflugzeuge oder Helikopter) haben deutlich größere Störwirkungen als Flugobjekte mit geradlinigen Flugbewegungen innerhalb festgelegter Flugkorridore. Auch zeitlich ist eine regelmäßige Nutzung ggf. weniger störungsintensiv als unregelmäßige Nutzungen.
2. Die Störwirkung nimmt mit abnehmender seitlicher Entfernung (Horizontalabstand) eindeutig zu.
3. Die Störwirkung nimmt mit abnehmender Überflughöhe (Vertikalabstand) eindeutig zu.
4. Die Störwirkung kann mit zunehmender Lärmintensität zunehmen, wobei wie bereits betont, die Lärmeffekte i. d. R. nicht allein maßgebend sind. Innerhalb desselben Flugobjekttyps sind die Störwirkungen mit zunehmender Lärmintensität größer. So ist z. B. der Störeinfluss von Segelflugmodellen ohne Motor offenbar geringer, als der von motorisierten Modellen. Durch Überschall-Knall werden zum Teil starke Schreckreaktionen hervorgerufen.
5. Inwieweit die unterschiedlichen Frequenzspektren der akustischen Reize verschiedener Luftfahrzeuge relevant sind, kann nicht abschließend beurteilt werden.
6. Auch der Einfluss der Geschwindigkeit des Flugobjekts ist nicht eindeutig. So können sowohl sehr schnelle (z. B. Düsenjets) als auch sehr langsame Luftfahrzeuge (z. B. Heißluftballons bei der periodischen Befeuerung für den Aufstieg) zu signifikanten Störwirkungen führen. Schnelle Bewegungen können den Überraschungseffekt erhöhen und die Schreckreaktionen steigern.
Das Störpotenzial von Luftfahrzeugen ist daher unterschiedlich und nimmt offenbar von großen Transportflugzeugen über Militärjets zu Kleinflugzeugen und Helikoptern zu, wobei insbesondere bei der besonders kritischen Einschätzung der zuletzt genannten breite Übereinstimmung zu herrschen scheint. Auch von Ultraleichtflugzeugen, Motorseglern, Hängegleitern und Heißluftballonen kann eine erhebliche Störwirkung ausgehen. Aufgrund ihrer speziellen Charakteristik geht von Modellflugzeugen zudem eine besondere Störwirkung aus (vgl. Kempf & Hüppop 1998, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005).
Für die Empfindlichkeit der Arten gegenüber Flug-/Luftfahrzeugen sind v. a. folgende Parameter relevant:
1. Rast-/Gastvögel scheinen meist störungsempfindlicher als Brutvögel. Allerdings weisen brütende Vögel eine natürliche Hemmung auf, das Nest zu verlassen und ggf. sind zudem besonders empfindliche Arten innerhalb der gestörten Bereiche nicht mehr anwesend und somit auch nicht mehr nachweisbar. Vögel in der Brutzeit zeigen weniger sichtbare Reaktionen als die mobileren Vogelansammlungen außerhalb der Brutzeit. Allerdings können nicht erkennbare physiologische Reaktionen in der kritischen Zeit der Fortpflanzung ggf. gravierendere Auswirkungen auf die Vogelpopulationen haben als erkennbare Ortsveränderungen außerhalb der Brutphase (Bruderer & Komenda-Zehnder 2005).
2. Entenvögel, Limikolen und Gänse scheinen besonders empfindlich auf Flugzeuge zu reagieren (Kempf & Hüppop 1998:19, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005). Inwieweit diese Feststellungen jedoch auch von den Untersuchungsgebieten bedingt sind, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Zusätzlich werden Störreaktionen auf Flugbetrieb auch genannt für Haubentaucher, Kormoran, Rauhfußhühner etc. (vgl. Kempf & Hüppop 1998:19f.). Pütsch et al. (2006) nennen als durch Luftfahrzeuge besonders störsensible Arten Kraniche, Großtrappen, Störche, Gänse, Wat- und Wasservögel, Rauhfußhühner und Adler.
3. Generell scheinen Vögel in offenem Gelände (Wasserflächen, Watt, weiträumiges Grünland etc.) stärker auf Luftfahrzeuge zu reagieren als versteckt in der Vegetation lebende Arten; allerdings sind letztere kaum beobachtbar (z. B. Bruderer & Komenda-Zehnder 2005). Die häufigeren Beeinträchtigungen von Wiesenvögeln sind sicher auch darin begründet, dass sie wie der Flugverkehr die weiträumigen, offenen, gehölzfreien Lebensräume präferieren (Ranftl 1988).
4. Große Schwärme scheinen - wie auch sonst im Kontext von Störungen - empfindlicher zu sein als Einzelvögel (z. B. Kempf & Hüppop 1998:19, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005). Dies gilt in besonderem Maße auch für Brutkolonien - insbesondere von Meeresvögeln (wie z. B. Baßtölpel, Trottellummen, Dickschnabellummen, Tordalken, Brandseeschwalben, Adeliepinguinen), wo zum Teil gravierende Beeinträchtigungen berichtet wurden (vgl. Kempf & Hüppop 1998:19f.).
5. Verschiedene Greifvögel und auch andere Arten wie der Große Brachvogel scheinen sich durch Segelflieger, Drachenflieger, Gleitschirmflieger und Modellflugzeuge bedroht zu fühlen und reagieren mit Scheinangriffen und echten Attacken (Kempf & Hüppop 1998:18).
6. Grundsätzlich dürften zudem weitgehend ungestörte und wenig vorbelastete Landschaftsräume gegenüber projektbedingt neuen Störwirkungen deutlich empfindlichere Vogelbestände aufweisen als bereits entsprechend vorbelastete Gebiete.
4. Relevanzschwelle
4.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
Soweit die Bestände der Art bzw. ihre Habitate nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen zu bewahren oder zu entwickeln sind, wird die Relevanzschwelle grundsätzlich bei jeder möglichen signifikanten Störung der Individuen bzw. ihrer (Teil-)Habitate im Gebiet überschritten.
Im Einzelfall können Störungen auch außerhalb des Gebietes zu berücksichtigen sein, sofern die betroffenen (Teil-)Habitate eine wesentliche funktionale Bedeutung für die Bestände der Art im Gebiet aufweisen.
Um eine erhebliche Beeinträchtigung durch ein Vorhaben mit der rechtlich gebotenen Sicherheit ausschließen zu können, sind i. d. R. die oberen Angaben zu Stör-, Flucht- bzw. Meidedistanzen heranzuziehen und auf die potenziell geeigneten Lebensräume im Untersuchungsgebiet zu übertragen. Vorhaben, deren maximale Wirkzonen außerhalb der Gebiete bzw. der Habitate der geschützten Arten liegen, können i. d. R. zu keinen relevanten Störwirkungen und somit Beeinträchtigungen führen.
Bei einer Einschätzung von Stördistanzen bzw. -wirkungen sind jedoch immer auch die Aktionsräume und Mobilitäten der geschützten Arten mit zu berücksichtigen (vgl. dafür ggf. Angaben unter: 'Raumbedarf und Aktionsräume von Arten').
Daher werden auch die nachfolgenden Datensätze nach den entsprechenden Lärmquellen bzw. Projekttypen A: 'Straßenverkehr', B: 'Schienenverkehr' sowie C: 'Flugverkehr' sortiert.
4.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
A: Straßenverkehr
Hinsichtlich der Störwirkungen durch Straßenverkehr kann die Relevanzschwelle möglicher Störwirkungen v. a. auf zwei Weisen operationalisiert werden. Entweder wird versucht, einen Schallpegel zu identifizieren, ab dem es zu Störwirkungen kommen kann, oder es wird dargestellt, bis zu welchen räumlichen Distanzen erkennbare Auswirkungen von Straßen auf Vögel nachweisbar waren.
Schallpegel:
Klump (2001:16ff.) verdeutlicht, dass aufgrund bekannter Labordaten zur Wahrnehmung von Signalen in Störschall zu erwarten sei, dass bereits bei Störschallpegeln von 47 dB(A) bei vielen Vogelarten eine Maskierung relevanter Informationen in Kommunikationssignalen möglich ist.
Nach Reck et al. (2001a,b) kann daher für den Beginn der lärmbedingten Minderung der Lebensraumeignung bei Vögeln ein Mittelungspegel von 47 dB(A) gewissermaßen als 'Relevanzschwelle' angenommen werden. Unterhalb dieses Wertes können Beeinträchtigungen i. d. R. ausgeschlossen werden, oberhalb dieses Wertes sind sie i. d. R. zu erwarten und daher differenzierter zu untersuchen.
Auch Garniel et al. (2007) haben für einzelne Arten Schallpegel als Orientierungswerte vorgeschlagen.
Stördistanzen:
In einer Vielzahl an Untersuchungen wurden durchschnittliche und/oder maximale Stördistanzen von Straßen ermittelt. Dabei sind die Untersuchungen in ihren Rahmenbedingungen bezüglich Straßenparameter, Landschaften, Artenspektren ebenso vielfältig wie ihre Mess- und Bewertungsweisen.
Die Untersuchungen von Veen (1973), Van der Zande et al. (1980) sowie von Reijnen & Foppen (1991a), Reijnen et al. (1995) bzw. Reijnen et al. (1996) ermittelten auch in Abhängigkeit der Verkehrsdichte Stördistanzen von Straßen auf Vögel, die artspezifisch stark variierten und bei stark befahrenen Straßen zum Teil bis weit über 1.000 m reichten. So können z. B. Störungen im Verhalten der Vögel nach Reijnen et al. (1996, 1996) im Bereich vielbefahrener Straßen (bis zu 60.000 Autos täglich) einen Störkorridor von etwa drei Kilometern Breite und an wenig befahrenen Straßen (bis zu 10.000 Autos täglich) noch von 1.500 m umfassen.
Unabhängig von den starken artspezifischen Differenzen wurden von Reijnen et al. (1996) für die Dichte aller Arten zusammen Stördistanzen von durchschnittlich 120 m (bei 5.000 Kfz/Tag) und von 560 m (bei 50.000 Kfz/Tag) auf Wiesenvögel ermittelt (ebd.:255).
Reijnen et al. (1987:312f.) fanden in ihrer Studie heraus, dass von Autobahnen (30.000-40.000 Kfz/Tag) auch auf gehölzbewohnende Vogelarten Störbänder von mehreren hundert Metern Breite ausgehen. Nahezu alle untersuchten Arten zeigten in straßennahen Probeflächen geringere Fortpflanzungsdichten. Nur eine Art trat straßennah häufiger auf. Die durchschnittliche Wirkdistanz lag bei ca. 500 m und die Reduktion der Dichte für alle Arten zusammen bei 15 %.
Reijnen & Foppen (1991a:9f.) bzw. Reijnen et al. (1995:187ff.) wiesen in ihren Untersuchungen in Laub- und Nadelwäldern für 26 der 43 festgestellten Arten (= 60 %) eine reduzierte Siedlungsdichte in Straßennähe nach. Um diesen Effekt zu quantifizieren, wurde die Dichte mit dem Lärmpegel (als Maß für die Belastungsintensität der Straße) in Beziehung gesetzt. Auf Grundlage dieser Relation wurden die Wirkdistanz (die Distanz von der Straße bis zu der eine reduzierte Dichte bestand) und die Abnahme der Dichte ermittelt. Die Zunahme der Wirkdistanz war eng an die Verkehrsdichte geknüpft, wohingegen der Waldanteil entlang der Straße die Wirkdistanz verminderte.
Aus den Untersuchungsergebnissen entwickelten Reijnen et al. (1995) das unter 'Prognosemethoden' vorgestellte und auf den Durchschnittswerten der Siedlungsdichten aller Arten basierende Verfahren zur Prognose straßenbedingter Beeinträchtigungen auf Brutvogelpopulationen.
Forman et al. (2002:782) kommen in ihren Untersuchungen in den USA zu dem Ergebnis, dass Straßenverkehr zu reduzierten Siedlungsdichten bei Wiesenvögeln führt. Die Wirkungen waren in Abhängigkeit von der Verkehrsdichte unterschiedlich. Bei einem Verkehrsaufkommen von 3.000-8.000 Kfz/Tag konnte kein signifikanter Effekt auf die Verteilung von Wiesenvögeln nachgewiesen werden. Bei einem Verkehrsaufkommen von 8.000-15.000 Kfz/Tag war kein Effekt auf die Anwesenheit von Vögeln nachweisbar, aber bis zu einer Entfernung von 400 m fand kein 'normales Brutgeschehen' statt. Für ein Verkehrsaufkommen von 15.000-30.000 Kfz/Tag war sowohl die Anwesenheit als auch das Brutgeschehen bis zu einer Entfernung von 700 m reduziert. Und bei einem Verkehrsaufkommen von >30.000 Kfz/Tag war sowohl die Anwesenheit als auch das Brutgeschehen bis zu einer Entfernung von 1.200 m reduziert.
Bei mehreren Gänsearten wurden von verschiedenen Autoren an Straßen unterschiedlicher Verkehrsintensitäten Störzonen von bis zu 400-500 m festgestellt (vgl. z. B. Mooij 1982:73ff., Madsen 1985:53ff., Keller 1991:229ff., Gerdes 1994:174ff., Kruckenberg 1995:1, Kruckenberg & Jaene 1999, Schreiber 2000, Handke et al. 2004, Reichenbach & Steinborn 2004 bzw. die Datensätze bei den entsprechenden Arten).
Eine Untersuchung von Bay & Rodi (1990:85ff.) an Baggerseen im Hinblick auf Auswirkungen einer angrenzenden stark befahrenen Bundesstraße (16.000 Kfz/Tag) ergab geringere Siedlungsdichten bei Singvögeln und eine geringere Anwesenheit bei Wasservögeln in Straßennähe. Die Straße bewirkte zumindest bei der ökologischen Gruppe der 'Flachwasservögel' nachgewiesenermaßen Störungen bis zu einem Abstand von 150 m. Von den zehn untersuchten Singvogelarten wiesen acht bis zu einem Abstand von 150 m signifikant weniger Brutreviere auf.
Räty (1979:169f.) hat in einigen Waldgebieten Finnlands Auswirkungen von Straßen mit 750-3.000 Kfz/Tag auf Rauhfußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn und Moorschneehuhn) festgestellt. Die Siedlungsdichten waren in einem Bereich bis 250 m um 2/3 und daher signifikant reduziert und noch bis in eine Entfernung von 500 m deutlich verringert.
Illner (1992:467) stellte in einem Agrargebiet Mittelwestfalens (47,5 qkm) in bis zu 300 m Abstand zu einer Autobahn eine signifikant niedrigere Dichte an Rebhuhnrevieren fest als in Vergleichsgebieten. Die Territoriendichten in verschiedenen Abstandszonen unterschiedlicher Straßentypen waren signifikant negativ korreliert mit dem durchschnittlichen Verkehrslärmaufkommen. Verschiedene Indizien sprächen dafür, dass die verminderte Dichte des Rebhuhns in der Brutzeit entlang stark befahrener Straßen das Ergebnis von durch den Verkehr ausgelösten 'Vermeidereaktionen' ist.
Clark & Karr (1979) kommen in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass Autobahnen zwar artspezifisch unterschiedliche Wirkungen auf Vögel haben, dass man aber bei zukünftigen Planungen von Straßen Effekte bis in Bereiche in 500 m Entfernung zur Straße berücksichtigen sollte.
Aufgrund der systemimmanenten Unterschiede der verschiedenen Untersuchungsergebnisse ist eine Relevanzschwelle nicht einfach ableitbar. Sofern differenzierte publizierte Untersuchungen mit den Rahmenbedingungen des Vorhabens weitgehend übereinstimmen, können sie ggf. als Herleitung herangezogen werden.
Ansonsten kann nur grob eingeschätzt werden, dass straßenbedingte Störungen in vielen Fällen sicher bis zu 500 m Entfernung auf Vogelbestände wirken dürften. Insbesondere in offenen Landschaften und bei Vorkommen besonders störungsempfindlicher Arten und/oder besonders hohen Verkehrsintensitäten, sind jedoch auch Störwirkungen bis zu 1.000 m (in Einzelfällen sogar darüber hinaus) zu erwarten.
Auch Garniel et al. (2007) haben eine Vielzahl u. a. der oben genannten Quellen ausgewertet und artspezifische Effektdistanzen als Orientierungswerte vorgeschlagen, die i. d. R. in der "Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr" des BMVBS (2010) aufgegriffen wurden.
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Reports: aktueller Wirkfaktor aktuelle Wirkfaktorengruppe alle Wirkfaktoren
Qualifizierung der Quellen für Vogelarten
A | verallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art |
B | in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall |
C | in der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird |
D | in der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe |
E | eigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung) |
F | keine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt |
Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"
- | bislang noch nicht bearbeitet |
I | derzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden |
II | zudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden |
III | zudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden |