Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten
Ringdrossel - Turdus torquatus
Natura 2000-Code: A 282; Bearbeitungstand: IIIWirkfaktorengruppe: | 5 Nichtstoffliche Einwirkungen |
Wirkfaktor: | 5-1 Akustische Reize (Schall) |
Relevanz des Wirkfaktors: | regelmäßig relevant (2) |
Auswertekategorien:
- Empfindlichkeiten/Wirkungen (6)
- Regenerationsfähigkeit (0)
- Prognosemethoden (8)
- Relevanzschwelle (6)
- Erheblichkeitsschwelle (2)
Datensatz:
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3. Prognosemethoden
3.04 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
Verfahren nach Reck et al. (2001b)
Von Reck et al. (2001b) wurde, basierend auf einer breiten Literaturauswertung (einschließlich der niederländischen Untersuchungen) und einer Fachveranstaltung, eine Fachkonvention mit Eckwerten zur Beurteilung von Lärmwirkungen auf Vögel entwickelt. In dieser Fachkonvention wird definierten Lärmzonen bzw. -bändern unterschiedlicher Schallpegel jeweils eine prozentuale Minderung der Lebensraumeignung zugewiesen. Die in Klammern genannten weiten Spannen reflektieren die zur Lärmquelle hin stark zunehmenden Lebensraumbeeinträchtigungen. Zur Vereinfachung der Beurteilung können den Lärmzonen jedoch i. d. R. die angeführten Mittelwerte als Orientierungswerte zugewiesen werden.
>90 dB(A) 100 % = Lebensraumverlust
90 bis 70 dB(A) 85 % (ca. 70 bis 100 %)
70 bis 59 dB(A) 55 % (ca. 40 bis 70 %)
59 bis 54 dB(A) 40 % (ca. 30 bis 50 %)
54 bis 47 dB(A) 25 % (ca. 10 bis 40 %)
Sofern naturschutzrelevante Vorkommen von Arten betroffen sind, können die angeführten Orientierungswerte zur Beurteilung der Eingriffsschwere, zur Bilanzierung betroffener Flächen und Habitate sowie zur Ableitung des Kompensationsumfangs herangezogen werden.
Bei der Anwendung von Schallpegeln besteht die Schwierigkeit, dass in verschiedenen Ländern und bei verschiedenen Fachplanungen bzw. Verkehrsträgern unterschiedliche Mess- und Berechnungsverfahren verwendet werden. So wird von Garniel et al. (2007) kritisiert, dass die nach niederländischer Methode ermittelten Lärmpegel der Arbeitsgruppe um Reijnen und Foppen auf die deutsche Methodik der Lärmprognose über Mittelungspegel nach RLS 90 nicht übertragbar seien, sondern danach in ihren Auswirkungen überschätzt würden. Dies hätte auch Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der Werte von Reck et al. (2001b).
3.05 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
Verfahren nach Garniel et al. (2007)
Von Garniel et al. (2007) wurde in einem Forschungsvorhaben ein Ansatz entwickelt, der auf der Kombination einer Prognose der Empfindlichkeit der Vogelarten gegen Verkehrslärm und einer Auswertung der Verteilungsmuster von Vögeln an Straßen unterschiedlicher Verkehrsstärke basiert.
Für 132 überwiegend gefährdete Brutvogelarten der Mittelgebirge und des norddeutschen Tieflands wurden die Bedeutung der akustischen Kommunikation aus verhaltensbiologischer Sicht sowie die akustischen Eigenschaften der artspezifischen Rufe und Gesänge analysiert. Die Prognose der artspezifischen Empfindlichkeit der Vögel gegenüber Straßenverkehrslärm basiert auf einem attributbasiertes Rankingmodell.
Durch die Auswertung des Verteilungsmusters von Vögeln an Straßen unterschiedlicher Verkehrsbelastungen wurden die Modellprognosen validiert und kritische Schallpegel ermittelt. Eine Validierung war allerdings nur für eine Teilmenge der untersuchten Arten möglich, was auf die Seltenheit mancher Arten zurückgeführt wird.
Anhand der für alle Arten vorliegenden Modellprognose werden die für einzelne Arten ermittelten kritischen Schallpegel auf Arten mit vergleichbarer Empfindlichkeit für Straßenverkehrslärm übertragen.
Für 12 Brutvogelarten werden kritische Schallpegel benannt, die je nach Aktivitätszeitraum für die Tag- oder Nachtzeit gültig sind und die zwischen 47 dB(A) nachts und 58 dB(A) tags liegen (Mittelungspegel nach RLS-90). Für 9 weitere Brutvogelarten wird bei Schallpegeln über 55 dB(A) tags ein Risiko erhöhter Verluste durch Fressfeinde (Prädation) angenommen. Die genannten Schallpegel gelten nicht für Straßen mit weniger als 10.000 Kfz/24 h, bei denen keine negativen Effekte des Verkehrslärms angenommen werden.
Für die übrigen Arten wird angenommen, dass der Verkehrslärm i. d. R. nicht der Wirkfaktor mit der größten Reichweite ist und dass sich seine Auswirkungen nicht von den Folgen weiterer Störfaktoren (z. B. optische Störeffekte) trennen lässt. Dieses treffe für Brutvogelarten zu, für die das Modell eine mittlere bis geringe Empfindlichkeit für Straßenverkehrslärm prognostiziert. Für einige dieser Arten werden 'kritische Effektdistanzen' vorgeschlagen, in denen sich die Gesamtwirkung der Effekte des Komplexes 'Straße und Verkehr' manifestiere. Die festgestellten Effektdistanzen seien artspezifisch und könnten je nach Verkehrsbelastung 100 bis 500 m vom Fahrbahnrand betragen.
Für Rastvögel des Offenlands und der Gewässer werden weder für den Straßen- noch für den Schienenverkehr kritische Schallpegel benannt. Die Reichweite der akustischen Störwirkungen sei im Störradius der aus der Fachliteratur bekannten optischen Scheucheffekte (artspezifisch 100 bis 500 m) eingeschlossen (Garniel et al. 2007:1f.).
Basierend auf dem Forschungsvorhaben wurde vom BMVBS (2010) die Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr veröffentlicht, die u. a. auch Orientierungswerte zur Identifikation und Quantifizierung von Beeinträchtigungen von Brut- und Rastvögeln durch Straßenverkehr umfasst und derzeit zur Prognose und Bewertung der Störwirkungen auf Vögel angewandt wird.
3.06 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
Die Herangehensweise, mit verschiedenen Wirkzonen unterschiedliche Beeinträchtigungsintensitäten abzubilden, wurde bei Straßenplanungen vielfach angewandt und hat sich dort bewährt. Sie ist deutlich differenzierter und die Realität besser widerspiegelnd als Ansätze, die nur mit einer einzigen Wirkdistanz arbeiten.
Bei Zonierungsmodellen sind auch Vorbelastungen bzw. Auswirkungen durch Erhöhungen des Verkehrsaufkommens prognostizierbar und die aus dem Lärmzuwachs resultierende Verlagerung und Vergrößerung der Beeinträchtigungszonen lässt sich abbilden (vgl. auch Gassner et al. 2010:212).
Zonierungsmodelle mit zugeordneten Funktionsverlusten haben zudem den planungsmethodischen Vorteil, dass damit - sofern aus Gründen der Vergleichbarkeit gewünscht - die graduell beeinträchtigten Habitatflächen anhand der angegebenen prozentualen Beeinträchtigungen pro Zone ermittelt und zu einem fiktiven vollständigen Funktionsverlust einer gewissen Dimension umgerechnet werden können. Die rechnerische Ermittlung solcher "Äquivalentflächen" hat sich in verschiedenen Projekten bereits im Rahmen der planerischen Ermittlung des quantitativen Kompensationsbedarfs bewährt (vgl. z. B. Bernotat 1997:63ff.).
Dieser fiktive vollständige Habitatverlust kann zudem für die verschiedenen Lärm-Zonen aufsummiert und mit den in den Fachkonventionsvorschlägen zum dauerhaften Habitatverlust enthaltenen Orientierungswerten ins Verhältnis gesetzt werden (siehe dazu auch die Ausführungen bei Gassner et al. 2010:223 oder bei Lambrecht & Trautner 2007:83ff.). Dadurch ist grundsätzlich eine Vergleichbarkeit zwischen vollständigen und graduellen Funktionsverlusten möglich, wobei unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls mehr Objektivität und Nachvollziehbarkeit in den Bewertungsentscheidungen erreicht wird.
Sofern valide Aussagen auf Artniveau möglich sind, sind diese genauer als die auf Vogelgemeinschaften allgemein bezogenen Methoden. Allerdings wird dadurch die Komplexität der Beeinträchtigungsprognose und -bewertung deutlich erhöht.
Bei Straßen mit einem geringen Verkehrsaufkommen dürfte die Bedeutung des Lärms von den anderen Störfaktoren (optische Reize, Bewegung etc.) stark überlagert werden. Die Effekte, die aus der Maskierung artspezifischer Äußerungen resultieren, sind stark reduziert.
Garniel et al. (2007:225f.) gehen davon aus, dass ab weniger als ca. 10.000 Kfz/Tag keine kontinuierliche Lärmkulisse entstünde und daher die Verwendung lärmbezogener Pegel nicht mehr sinnvoll sei. Im Verfahren nach Reijnen et al. (1995) werden in den Tabellen allerdings noch lärmbezogene Effektdistanzen für DTV von 2.000-5.000 Kfz angegeben.
Bei Straßen bzw. Wegen mit einem sehr geringen Verkehrsaufkommen dürfte die Bedeutung des Lärms von den anderen Störfaktoren überlagert werden. Aus den jedoch ebenfalls reduzierten Gewöhnungseffekten resultiert - insbesondere bei Arten offener und halboffener Landschaften - jedoch eine Zunahme der Schreckreaktionen. Daher sollten hier eher die unter dem Wirkfaktor 5-2 (optische Reizauslöser) dokumentierten Flucht- bzw. Stördistanzen herangezogen und ggf. im Sinne kumulativer Effektdistanzen verwendet werden. Als Orientierungswert für ein diesbezüglich sehr geringes Verkehrsaufkommen und die damit verbundenen eher punktuellen Störungen kann nach Bernotat (1997) eine Verkehrsdichte von <1.000 Kfz/Tag angenommen werden.
3.21 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
B: Schienenverkehr
An Schienenwegen werden die zu prognostizierenden Lärmemissionen in der Regel anhand der Richtlinie der Deutschen Bundesbahn zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen (Schall 03) berechnet. Das Berechnungsverfahren ist allerdings zur Bemessung des Schalls im Hinblick auf das Hörvermögen des Menschen entwickelt worden.
Für die Höhe von Lärmemissionen (Roll-, Antriebs-, Brems- sowie aerodynamische Geräusche) sind insbesondere die Zugfrequenz und -länge, die Fahrgeschwindigkeit, die Zugarten aber auch Konstruktion, Kurvenradius, Qualität und Wartungszustand der Schienenfahrfläche verantwortlich.
Die Ausbreitung der Emissionen ist abhängig von Topographie, der baulichen Trassenführung (Damm > Gleichlage > Einschnitt), der Planung von Lärmschutzstrukturen, der landschaftlichen Situation (weiträumiges Grünlandgebiet > strukturiertes Heckengebiet > Wald) sowie durchschnittlichen Windstärken und -richtungen. Grundsätzlich sind vorbeifahrende Züge deutlich lauter als vorbeifahrende PKW und LKW.
Das Umweltbundesamt (vgl. UBA 2003) hat im Rahmen eines Forschungsvorhabens an 365 Messorten die Geräuschemission von 13.000 Zugvorbeifahrten gemessen. Dabei wurde festgestellt, dass die gemessene Lärmentwicklung aller Zugarten etwas 2 dB(A) höher lag, als die berechneten Daten. Dies müsse bei der Überarbeitung der Berechnungsvorschriften für Bahnlärm berücksichtigt werden (UBA, Fachgebiet I.3.4 2006).
Für Schienenverkehr wurde von Tulp et al. (2002) in einer ausführlichen Studie an Wiesenvögeln eine eindeutige Korrelation zwischen Lärmintensität und Brutvogeldichtereduktion ermittelt. Roll (2004:47) entwickelte daraus für Wiesenvögel in Anlehnung an die etablierten Zonierungsansätze im Bereich des Straßenverkehrs ein Modell, das ebenfalls bestimmten Lärmzonen entsprechende Funktionsverluste zuweist. Dabei wurden für die verschiedenen Lärmzonen grob folgende Orientierungswerte für eine reduzierte Siedlungsdichte angesetzt:
54 dB(A): 25 %
59 dB(A): 50 %
65 dB(A): 75 %
70 dB(A): 90 %
Inwieweit diese Ergebnisse auf gehölzbewohnende Arten übertragen werden können, wird offen gelassen. Es wird auch hervorgehoben, dass Bahnlärm möglicher Weise auch nur in Kombination mit den optischen Störwirkungen solche negativen Auswirkungen haben könnte (ebd.). Im Jahr 2006 wurden die Werte von Roll (06.11.2006) basierend auf den vorläufigen Ergebnissen von Garniel et al. (2007) nicht mehr aufrechterhalte, sondern davon ausgegangen, dass erhebliche Auswirkungen des Schienenverkehrs auf die Avifauna nur bei einer begrenzteren Anzahl von Arten und bei sehr hohen Verkehrsdichten anzunehmen sei.
Waterman et al. (2004) haben in den Niederlanden ein Verfahren entwickelt, mit dem Störungen von Schienenwegen auf Wiesenvögel bewertet werden können. Die Schallwerte werden dabei als geeigneter Komplexindikator für die vielfältigen Störwirkungen der Schienenwege aufgefasst. Für bestimmte Arten bzw. Artengruppen (Knäkente, Feldlerche, Uferschnepfe, Wiesenvögel allgemein, Watvögel allgemein) werden Schwellenwerte in dB(A) angegeben, die zwischen 42 und 49 dB(A) liegen, und ab denen von relevanten Störwirkungen ausgegangen wird. Die dB(A)-Werte sind jedoch nach dem niederländischen Standard-Verfahren ermittelt und nicht unmittelbar auf deutsche Lärmprognosen übertragbar. Sie schlagen dann vor, über die Lärmbänder die betroffene Habitatfläche, die Funktionsverluste in den Habitaten bzw. die Anzahl betroffener Brutreviere zu prognostizieren.
Sofern es sich um eher gering frequentierte Strecken handelt, ist von einer eher diskontinuierlichen Lärmeinwirkung, von verringerten Maskierungseffekten aber auch von reduzierten Gewöhnungseffekten auszugehen. In solchen Fällen dürften die aus punktuellen Störreizen resultierenden Stör- bzw. Schreckwirkungen dominieren.
Für die Differenzierung zwischen eher kontinuierlichem und eher diskontinuierlichem Verkehrsaufkommen kann die durchschnittliche Zugfrequenz (z. B. Züge pro Stunde) sowie die von Länge und Geschwindigkeit des Zuges abhängende durchschnittliche Dauer der Lärmeinwirkung pro Zug herangezogen werden. Danach kann abgeschätzt werden, welcher zeitliche Anteil (pro Stunde) durch Verlärmung beeinträchtigt wird. Liegt dieser Wert unter 10 %, kann eher von diskontinuierlichem Lärm ausgegangen werden, bei dem einerseits die Problematik der Maskierung reduziert ist, andererseits aber auch die Chance zur Gewöhnung, womit die Schreckreaktionen und die daraus resultierenden Störwirkungen wieder zunehmen.
Garniel et al. (2007) schlagen etwas höhere Schwellen vor, die sie für 11 besonders empfindliche Brutvogelarten bei einer Störzeit von 12 Min. pro Stunde (20 %) und für die Große Rohrdommel bei 6 Min. pro Stunde (10 %) ansetzen. Die Autoren betonen jedoch selber, dass dies nur Arbeitshypothesen für weiterführende Untersuchungen sein sollen.
3.41 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)
C: Flugverkehr
Für die Lärmprognosen im Flugverkehr kann ggf. auf die dort etablierten Lärmberechnungsverfahren zurückgegriffen werden. Allerdings konnten bislang keine Methoden ermittelt werden, welche die Lärmwerte / -zonen hinsichtlich ihrer Störwirkungen auf Vögel weiter operationalisieren.
Es ist zudem deutlich erkennbar, dass, bezogen auf Flug-/Luftfahrzeuge eine sehr enge Verzahnung optischer und akustischer Störwirkungen besteht und dass die verschiedenen Flugobjekte sich hinsichtlich ihrer Störwirkungen nicht allein aufgrund ihrer akustischen Störreize unterscheiden (vgl. Ausführungen zu optischen Reizen unter Wirkfaktor 5-2). Insofern dürften Ansätze, die nur auf Lärmwirkungen abstellen, höchstens einen Charakter als Komplexindikatorenmodell für Störwirkungen insgesamt aufweisen. Vermutlich sollten eher Methoden entwickelt werden, die für die verschiedenen Luftfahrzeugtypen die optischen und akustischen Störwirkungen gemeinsam operationalisieren.
Im konkreten Fall sind projekt- und artspezifische Einschätzungen im Sinne einer störungsökologischen Beeinträchtigungsbewertung erforderlich. Dennoch können aus dem bisherigen Wissen einige grundsätzliche Aussagen zur methodischen Operationalisierung der Störwirkungen und als Hilfestellung für die Einzelfallprüfung abgeleitet werden.
Für die Störintensität auf Projektseite sind v. a. folgende Parameter relevant:
1. Die Regelmäßigkeit und Kalkulierbarkeit der Flugbewegung ist relevant für etwaige Gewöhnungseffekte. Wendige Flugobjekte mit unregelmäßigem Erscheinen, Kurvenflug, unkalkulierbaren Flugmanövern verbunden mit hohen Winkelgeschwindigkeiten und Überraschungskomponenten (wie insbesondere Modell- und Ultraleichtflugzeuge oder Helikopter) haben deutlich größere Störwirkungen als Flugobjekte mit geradlinigen Flugbewegungen innerhalb festgelegter Flugkorridore. Auch zeitlich ist eine regelmäßige Nutzung ggf. weniger störungsintensiv als unregelmäßige Nutzungen.
2. Die Störwirkung nimmt mit abnehmender seitlicher Entfernung (Horizontalabstand) eindeutig zu.
3. Die Störwirkung nimmt mit abnehmender Überflughöhe (Vertikalabstand) eindeutig zu.
4. Die Störwirkung kann mit zunehmender Lärmintensität zunehmen, wobei wie bereits betont, die Lärmeffekte i. d. R. nicht allein maßgebend sind. Innerhalb desselben Flugobjekttyps sind die Störwirkungen mit zunehmender Lärmintensität größer. So ist z. B. der Störeinfluss von Segelflugmodellen ohne Motor offenbar geringer, als der von motorisierten Modellen. Durch Überschall-Knall werden zum Teil starke Schreckreaktionen hervorgerufen.
5. Inwieweit die unterschiedlichen Frequenzspektren der akustischen Reize verschiedener Luftfahrzeuge relevant sind, kann nicht abschließend beurteilt werden.
6. Auch der Einfluss der Geschwindigkeit des Flugobjekts ist nicht eindeutig. So können sowohl sehr schnelle (z. B. Düsenjets) als auch sehr langsame Luftfahrzeuge (z. B. Heißluftballons bei der periodischen Befeuerung für den Aufstieg) zu signifikanten Störwirkungen führen. Schnelle Bewegungen können den Überraschungseffekt erhöhen und die Schreckreaktionen steigern.
Das Störpotenzial von Luftfahrzeugen ist daher unterschiedlich und nimmt offenbar von großen Transportflugzeugen über Militärjets zu Kleinflugzeugen und Helikoptern zu, wobei insbesondere bei der besonders kritischen Einschätzung der zuletzt genannten breite Übereinstimmung zu herrschen scheint. Auch von Ultraleichtflugzeugen, Motorseglern, Hängegleitern und Heißluftballonen kann eine erhebliche Störwirkung ausgehen. Aufgrund ihrer speziellen Charakteristik geht von Modellflugzeugen zudem eine besondere Störwirkung aus (vgl. Kempf & Hüppop 1998, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005).
Für die Empfindlichkeit der Arten gegenüber Flug-/Luftfahrzeugen sind v. a. folgende Parameter relevant:
1. Rast-/Gastvögel scheinen meist störungsempfindlicher als Brutvögel. Allerdings weisen brütende Vögel eine natürliche Hemmung auf, das Nest zu verlassen und ggf. sind zudem besonders empfindliche Arten innerhalb der gestörten Bereiche nicht mehr anwesend und somit auch nicht mehr nachweisbar. Vögel in der Brutzeit zeigen weniger sichtbare Reaktionen als die mobileren Vogelansammlungen außerhalb der Brutzeit. Allerdings können nicht erkennbare physiologische Reaktionen in der kritischen Zeit der Fortpflanzung ggf. gravierendere Auswirkungen auf die Vogelpopulationen haben als erkennbare Ortsveränderungen außerhalb der Brutphase (Bruderer & Komenda-Zehnder 2005).
2. Entenvögel, Limikolen und Gänse scheinen besonders empfindlich auf Flugzeuge zu reagieren (Kempf & Hüppop 1998:19, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005). Inwieweit diese Feststellungen jedoch auch von den Untersuchungsgebieten bedingt sind, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Zusätzlich werden Störreaktionen auf Flugbetrieb auch genannt für Haubentaucher, Kormoran, Rauhfußhühner etc. (vgl. Kempf & Hüppop 1998:19f.). Pütsch et al. (2006) nennen als durch Luftfahrzeuge besonders störsensible Arten Kraniche, Großtrappen, Störche, Gänse, Wat- und Wasservögel, Rauhfußhühner und Adler.
3. Generell scheinen Vögel in offenem Gelände (Wasserflächen, Watt, weiträumiges Grünland etc.) stärker auf Luftfahrzeuge zu reagieren als versteckt in der Vegetation lebende Arten; allerdings sind letztere kaum beobachtbar (z. B. Bruderer & Komenda-Zehnder 2005). Die häufigeren Beeinträchtigungen von Wiesenvögeln sind sicher auch darin begründet, dass sie wie der Flugverkehr die weiträumigen, offenen, gehölzfreien Lebensräume präferieren (Ranftl 1988).
4. Große Schwärme scheinen - wie auch sonst im Kontext von Störungen - empfindlicher zu sein als Einzelvögel (z. B. Kempf & Hüppop 1998:19, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005). Dies gilt in besonderem Maße auch für Brutkolonien - insbesondere von Meeresvögeln (wie z. B. Baßtölpel, Trottellummen, Dickschnabellummen, Tordalken, Brandseeschwalben, Adeliepinguinen), wo zum Teil gravierende Beeinträchtigungen berichtet wurden (vgl. Kempf & Hüppop 1998:19f.).
5. Verschiedene Greifvögel und auch andere Arten wie der Große Brachvogel scheinen sich durch Segelflieger, Drachenflieger, Gleitschirmflieger und Modellflugzeuge bedroht zu fühlen und reagieren mit Scheinangriffen und echten Attacken (Kempf & Hüppop 1998:18).
6. Grundsätzlich dürften zudem weitgehend ungestörte und wenig vorbelastete Landschaftsräume gegenüber projektbedingt neuen Störwirkungen deutlich empfindlichere Vogelbestände aufweisen als bereits entsprechend vorbelastete Gebiete.
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Reports: aktueller Wirkfaktor aktuelle Wirkfaktorengruppe alle Wirkfaktoren
Qualifizierung der Quellen für Vogelarten
A | verallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art |
B | in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall |
C | in der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird |
D | in der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe |
E | eigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung) |
F | keine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt |
Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"
- | bislang noch nicht bearbeitet |
I | derzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden |
II | zudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden |
III | zudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden |