Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten

Ringdrossel - Turdus torquatus

Natura 2000-Code: A 282; Bearbeitungstand: III

Wirkfaktorengruppe: 5 Nichtstoffliche Einwirkungen
Wirkfaktor: 5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
Relevanz des Wirkfaktors:  gegebenenfalls relevant (1)

     Auswertekategorien:

  1. Empfindlichkeiten/Wirkungen (8)
  2. Regenerationsfähigkeit (0)
  3. Prognosemethoden (2)
  4. Relevanzschwelle (0)
  5. Erheblichkeitsschwelle (0)

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1. Empfindlichkeiten/Wirkungen

1.62 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

A: Störwirkungen durch jagdliche Aktivitäten

Von einigen Autoren wird betont, dass jagdliche Aktivitäten ursächlich für 'schreckhafte Reaktionen' von Tieren auf menschliche Anwesenheit und Aktivitäten sind. 'An der Furcht vor dem Menschen ist in vielen Fällen die Jagd in ausschlaggebender Weise beteiligt' (Georgii 2001:39). Nach dem aktuellen Kenntnisstand kann außerdem kein Zweifel daran bestehen, dass jagdliche Aktivitäten direkt negative, gebietsbezogene Auswirkungen auf Verhalten, Anzahl und Verteilung von Arten haben können. Insbesondere ist dies für Wasservögel belegt, bei denen sich speziell winterliche Störungen auch auf die Vitalität der betroffenen Individuen auswirken können (z. B. Meile 1991, Stock et al. 1994, Madsen & Fox 1995). Gerade in den letzten Jahren wurden durch mehrere Studien die quantitativen Auswirkungen der Wasservogeljagd deutlich gemacht (vgl. z. B. Geiersberger & Zach 1997, Lonchampt & Michelat 2000) bzw. für Gänse (Mooij 1999:164ff., Kruckenberg et al. 2008:169ff.). Wille (1999) zeigte eindrucksvoll, dass die Bejagung eine langanhaltende, sensibilisierende Wirkung auf Wildgänse für alle Störreize hatte, so dass jede Störung zu intensiveren Fluchtreaktion führten als bei der unbejagten Vergleichsgruppe.

Zu jagdlichen Aktivitäten gehören auch die Errichtung von Hochsitzen, Kirrungen oder Fütterungen. Diese werden oft in entlegenen störungsarmen Landschaftsteilen errichtet, die gleichzeitig Rückzugsräume für störempfindliche Vogelarten sind. Dadurch und aufgrund der zeitlichen Überschneidung von Jagdzeiten und empfindlichen Zeiträumen von Ansiedlung, Paarfindung und Nestbau können sich nachhaltige Störungen in ansonsten störungsarmen Habitaten wie z. B. in Waldgebieten mit Nistplätzen von Großvögeln ergeben.

Differenzierte Ausführungen zur Störung von Vögeln durch Jagd, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Frenzel & Schneider (1987), Tempel (1992).

Qualifizierung der Quelle: E



1.71 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

B: Störwirkungen durch Sport- und Freizeitaktivitäten / menschliche Anwesenheit

Nach Analyse vogelkundlicher Datenerhebungen gehören heute Störwirkungen durch Sport- und Freizeitaktivitäten zu den wichtigsten Gefährdungsfaktoren von Brutvögeln (Stickroth 2005:120ff.). Für Vogelarten der Küsten und Meere sowie der Gewässer und Verlandungszonen wird dieser Faktor von den Autoren für Brut- und Gastvögel als vorrangig angeführt. In diesen deckungsarmen Vogellebensräumen können bereits einzelne Störungen großer Vogelkonzentrationen während der Rast- und Überwinterung starke und nachhaltige Folgewirkungen haben.

Durch die Förderung und Zunahme sogenannter Outdoor-Sportarten werden zunehmend unberührte oder schwer zugängliche und ansonsten wenig besuchte Landschaftsteile gestört. Insbesondere für Habitatspezialisten ergeben sich dadurch Stressbelastungen infolge von Geräuschemissionen und starken optischen Reizen (Südbeck & Spitznagel 2001:340ff.). Aufgrund des Meideverhaltens störempfindlicher Arten reduziert sich i. d. R. deren besiedelbarer Raum. Gleichzeitig erhöhen sich die inter- und intraspezifische Habitatkonkurrenz sowie der Prädatorendruck.

Im Hochgebirge können die störungsbedingten Flächenverluste und Fragmentierungen der Lebensräume durch Sportaktivitäten sogar zu Verinselungen von Teilpopulationen z. B. der Rauhfußhühner führen. Aus dem Rückzug in suboptimale Biotope, Gelegeverlusten und Beunruhigungen im Winter ergeben sich hier für Standvögel gleich mehrere bestandsmindernde Faktoren (Ajathi & Krumme 2002).

Differenzierte Ausführungen zur Störung von Vögeln durch Anwesenheit und Aktivitäten des Menschen und eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Frenzel & Schneider (1987), Nehls (1994), Stock et al. (1994), Keller (1995), Zeitler (1995a,b), Schnidrig-Petrig & Inghold (1995), Szemkus et al. (1998), Brendel et al. (2001), Ruddock & Whitfield (2007).

Sammelbände: z. B. Laufener Seminarbeiträge 1/2001, Berichte der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz, Bd. 25.

Datenbank: BfN-Literaturdatenbank mit differenzierten Hinweisen zu den Auswirkungen von Sport- und Freizeitaktivitäten auf die Tier- und Pflanzenwelt (siehe: www.natursportinfo.de).

Qualifizierung der Quelle: E



1.91 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

III: Störwirkungen durch Bewegung und Reflektionen von Anlagen

Störwirkungen durch optische Störreize in Form von Bewegung, Reflektionen, Lichtblitzen etc. sind bisher wenig untersucht. Verschiedene diesbezügliche Ansätze der Vertreibung von Vögeln im landwirtschaftlichen, garten- und obstbaulichen bzw. fischereilichen Bereich oder bei der Flugsicherheit scheinen jedoch auf eine gewisse Wirkung hinzuweisen. Die spezifischen Wirkungsbezüge dürften in den meisten Fällen allerdings noch schwer bestimmbar sein.

Häufig treten sie ohnehin nicht singulär, sondern nur in Verbindung mit anderen optischen oder akustischen Störreizen auf. So dürften die Störwirkungen aufgrund der Bewegungen oder Reflektionen von Fahrzeugen (Kfz, Züge, Flugzeuge) methodisch in den Untersuchungen zu deren allgemeinen Störwirkungen subsumiert sein (vgl. Wirkfaktor 5-1). Die Störwirkung der bewegten Rotoren von Windenergieanlagen ist unter den strukturbedingten Störwirkungen von WEA subsumiert. Auf die Störwirkungen durch die Bewegung von Personen und/oder bestimmten Geräten des Flug- oder Wassersports ist bereits unter dem Punkt menschliche Anwesenheit und Tätigkeit hingewiesen worden.

Allerdings kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass nicht bestimmte bauliche Anlagen (wie z. B. Solaranlagen, Spiegelteleskope) ggf. zu eigenständigen Störwirkungen durch Reflektionen, Blinken, Spiegeln oder Ähnlichem führen. Hierzu gibt es Hinweise, dass die Reflektion bei großflächigen Solaranlagen (häufig mehrere ha groß) vermeintlich als Wasserfläche erscheint und die Vögel zur Landung verführt, und ggf. auch Kollisionen hervorrufen kann (vgl. Wirkfaktor 4-2). Ähnliche Irritationen lösen Spiegelungen regennasser Straßen aus. Auch wenn in Einzelfällen (möglicherweise tödliche) Landeversuche nicht auszuschließen sind, so wird dieser Wirkpfad anhand der wenigen vorliegenden Untersuchungen von den Autoren in der Regel als vernachlässigbar eingestuft; vgl. Aussagen von GfN (2007) in ARGE Monitoring PV-Anlagen (2007).

Qualifizierung der Quelle: E


3. Prognosemethoden

3.72 Gassner, E., Winkelbrandt, A. & Bernotat, D. (2010)

Artengruppen- und artspezifische Stör- bzw. Fluchtdistanzen nach Gassner et al. (2010:191ff.)

Die Prognose der Auswirkungen muss die artspezifisch stark variierenden Störungsempfindlichkeiten berücksichtigen. Nach Gassner et al. (2010:191ff.) indizieren 'Fluchtdistanzen' die Empfindlichkeit gegenüber Störreizen wie sie u. a. durch menschliche Anwesenheit hervorgerufen werden. Unter 'Fluchtdistanz' wird die Entfernung verstanden, die, sofern sie bei einer Störung unterschritten wird, ein Vogelindividuum sowie mehr oder weniger große Gruppierungen (z. B. Rasttrupps) zur Flucht (z. B. durch Wegschleichen, Weglaufen, Wegtauchen, Auffliegen) veranlasst. Sie ist der am leichtesten messbare Parameter für eine durch Störreize verursachte Verhaltensänderung. Die Fluchtdistanz markiert eine sehr starke Störung, die von den Individuen nicht mehr toleriert werden kann. Selbst in größeren Distanzen ohne Meidung bzw. Fluchtreaktionen ergeben sich z. B. für Gänse Störwirkungen und Qualitätsminderungen der Habitate durch häufigeres Sichern und Warnen der Vögel zu Lasten des Fressverhaltens (Kruckenberg et al. 1998:172). Fluchtdistanzen werden meist für punktuelle Störungen ermittelt (Fußgänger, Radfahrer, Fahrzeug etc.).

Fluchtdistanzen variieren nicht nur von Art zu Art, sondern auch von Individuum zu Individuum sowie jahreszeitlich. Rastvögel sind häufig empfindlicher als Brutvögel, größere Schwärme sind empfindlicher als kleine und Individuen in der freien Landschaft sind i. d. R. empfindlicher als Vögel in städtischen oder suburbanen Räumen. Jungeführende Vögel reagieren teilweise auf größere Distanz als Einzelvögel, zudem reagieren Vögel in bzw. aus bejagten Bereichen (z. B. Gänse oder Enten) deutlich störungsempfindlicher als jene in bzw. aus Bereichen ohne Jagd. Grundsätzlich spielen auch die Offenheit, Weiträumigkeit bzw. Strukturiertheit des Geländes oder die Erreichbarkeit des Nestes eine Rolle. Diese vielfältigen und variierenden Faktoren erklären u. a. die zum Teil relativ unterschiedlichen Werte in der Literatur. Zudem werden in Untersuchungen zum Teil Flucht-, zum Teil Stördistanzen ermittelt sowie Spannen, Durchschnitts- oder Maximalwerte angegeben, was jeweils zu berücksichtigen ist. Für folgende Gruppen wurden besonders hohe Fluchtdistanzen ermittelt:

- Die heimischen Großvögel wie Großtrappe, Schwarzstorch und Kranich gehören zu den störungsempfindlichsten Vögeln überhaupt; eingeschränkt gilt dies auch für Reiher.

- Auch Gänse, Schwäne und Limikolen (z. B. Großer Brachvogel, Rotschenkel, Säbelschnäbler, Waldwasserläufer, Alpenstrandläufer oder Kiebitz) können - insbesondere in den Rastgebieten - als sehr störungsempfindlich bezeichnet werden.

- Wasservögel, wie z. B. Gänsesäger, Kormoran und viele Enten- sowie Taucherarten weisen ebenfalls hohe Fluchtdistanzen auf.

- Greifvögel werden aufgrund ihrer Empfindlichkeit insbesondere beim Brutgeschäft oder auch bei der Ansitzjagd leicht und noch auf große Entfernungen gestört.

- Auch die Gruppe der Raufußhühner (z. B. Birkhuhn, Haselhuhn und Auerhuhn) ist durch hohe Fluchtdistanzen gekennzeichnet.

Als relativ unempfindlich gegenüber anthropogener Störung gelten dagegen im Allgemeinen wald- oder gebüschbewohnende Kleinvögel (insbesondere außerhalb der Brutzeit).

Für die unterschiedlichen Freizeit- bzw. Sporttätigkeiten (mit verschiedenen Wasserfahrzeugen, Flugsportgeräten etc.) liegen zum Teil eigenständige Untersuchungen vor, die höhere oder aber niedrigere Fluchtdistanzen nachgewiesen haben und die nach Ansicht der Autoren im jeweils vergleichbaren Anwendungsfall heranzuziehen sind (vgl. auch die BfN-Literaturdatenbank www.natursportinfo.de).

Nach Gassner et al. (2010:191ff.) ist bei der Bewertung von Beeinträchtigungen entsprechend dem in den Rechtsinstrumenten fixierten Vorsorgeprinzip von den oberen Angaben zu den ermittelten Fluchtdistanzen auszugehen, da nachgewiesener Maßen bis zu diesen Entfernungen Beeinträchtigungen auftreten 'können'. Dies gilt auch, da die Fluchtdistanz - wie oben dargelegt - in der Skalierung von Störungen bereits eine sehr hohe Intensität abbildet. Die Autoren geben Orientierungswerte für die planerisch zu berücksichtigenden Fluchtdistanzen von Vogelarten an. Bis zu diesen Entfernungen ist bei häufiger Störung von einer signifikanten Beeinträchtigung bzw. von einem (teilweisen) Funktionsverlust des Lebensraums als Habitat für die Art auszugehen.

Qualifizierung der Quelle: E



3.73 Gassner, E., Winkelbrandt, A. & Bernotat, D. (2010)

Die Autoren geben für die Ringdrossel als Empfindlichkeit gegenüber anthropogenen Störungen 40 m als planerisch zu berücksichtigende Fluchtdistanz an.

Qualifizierung der Quelle: A



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Reports: aktueller Wirkfaktor   aktuelle Wirkfaktorengruppe   alle Wirkfaktoren
 

Qualifizierung der Quellen für Vogelarten

Averallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art
Bin der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall
Cin der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird
Din der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe
Eeigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung)
Fkeine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt

Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"

-bislang noch nicht bearbeitet
Iderzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden
IIzudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden
IIIzudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden
ihre meinung

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dirk.bernotat@bfn.de