Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten

Uferschwalbe - Riparia riparia

Natura 2000-Code: A 249; Bearbeitungstand: III

Wirkfaktorengruppe: 5 Nichtstoffliche Einwirkungen
Wirkfaktor: 5-2 Optische Reizauslöser / Bewegung (ohne Licht)
Relevanz des Wirkfaktors:  regelmäßig relevant (2)

     Auswertekategorien:

  1. Empfindlichkeiten/Wirkungen (10)
  2. Regenerationsfähigkeit (0)
  3. Prognosemethoden (4)
  4. Relevanzschwelle (2)
  5. Erheblichkeitsschwelle (3)

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1. Empfindlichkeiten/Wirkungen

1.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Optische Störwirkungen können unterschiedlichste anlage-, betriebs- oder baubedingte Ursachen haben (s. auch "Vertiefende Ausführungen" unter "Wirkfaktoren"). Häufig sind die daraus resultierenden Beeinträchtigungen nicht ausschließlich optischen Reizen zuzurechnen, sondern entstehen aus einer Kombination verschiedener optischer und akustischer Wirkfaktoren (vgl. auch Wirkfaktor 5-1).

Die ebenfalls kumulativ auftretenden optischen Störwirkungen durch Straßen-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehr werden nur unter Wirkfaktor 5-1 behandelt, da bei diesen Projekttypen i. d. R. die akustischen Störwirkungen in ihrer Reichweite und Bedeutung überwiegen. Empfindlichkeiten gegenüber vorherrschend licht- bzw. beleuchtungsbedingten Effekten werden unter Wirkfaktor 5-3 beschrieben.

Vögel gelten grundsätzlich als eine gegenüber optischen Störreizen hoch empfindliche Artengruppe. Visuell wahrnehmbare Störreize können je nach Art, Frequenz, Stärke, Zeitpunkt und Dauer Beeinträchtigungen unterschiedlicher Intensität hervorrufen.

Optische Störreize können bei Vögeln Fluchtreaktionen auslösen sowie bei längerer Dauer und häufiger Wiederkehr zu Stressreaktionen und verändertem Verhalten führen. So unterscheiden Ruddock & Whitfield (2007) bei den Störwirkungen durch Menschen bzw. deren Aktivitäten Stördistanz "alert distance", bei der Verhaltensänderungen von Vögeln auftreten und Fluchtdistanz "flight inition distance", die Auffliegen oder aktives Ausweichen gegenüber der Annäherung der Störquelle auslöst. Allgemein resultieren die Auswirkungen in einer verminderten Kondition oder Fitness der Individuen. Als weitere Folgen ergeben sich Zeitverluste bei der Nahrungsaufnahme und Regeneration, wodurch die Energiebilanzen der Vögel (z. B. bei Brut, Überwinterung oder während des Vogelzugs) und schließlich auch die Entwicklungen der Populationen negativ beeinflusst werden (vgl. z. B. Belanger & Bedard 1990, Keller 1995, Kempf & Hüppop 1998, Hüppop 1993, 1995, 1999, 2001). Ebenso können sich Fluchtreaktionen brütender oder Junge führender Elterntiere über eine erhöhte Verlust- oder Prädationsrate beeinträchtigend auf die Populationsentwicklung auswirken (vgl. z. B. Kempf & Hüppop 1998). Auf optische Störwirkungen zurückzuführende Veränderungen von Aktivitätsmustern (Sell 1991) bzw. Raumnutzungen bewirken u. U. eine partielle oder vollständige Meidung von Gebieten und damit eine Verringerung der Siedlungsdichte (vgl. z. B. Putzer 1983, Keller 1995, Silva et al. 2010) oder eine verringerte Habitatnutzung in den Rast- und Überwinterungsgebieten (z. B. Schneider-Jacoby et al. 1993:1ff., Gädtgens & Frenzel 1997:191ff., Spilling et al. 1999:325ff.).

Darüber hinaus können die Empfindlichkeiten mehr oder weniger ausgeprägten Lern- und Gewöhnungseffekten unterliegen, in Abhängigkeit z. B. von der Konstanz und Berechenbarkeit der Störquellen (z. B. Wille & Bergmann 2002:293ff.), der Struktur des umgebenden Habitats oder der Dauer der Aufenthalte. Das Flucht- und Meideverhalten kann auch von anderen Faktoren wie z. B. Konkurrenzverhalten oder Witterungseinflüsse überlagert sein.

Optische Störwirkungen können unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren zu einer verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit von Individuen, zum Verlust oder zur funktionalen Entwertung von (Teil-)Habitaten, zu reduziertem Bruterfolg, Brutpaarverlust, Bestandsrückgang oder Beeinträchtigung bzw. Erlöschen lokaler (Teil-)Populationen führen. In analoger Weise können auch bedeutsame Rast- und Überwinterungshabitate in reduzierter Weise oder gar nicht mehr genutzt - und somit aufgegeben - werden.

Weitere Ausführungen finden sich in den nachfolgenden Datensätzen, die nach den folgenden drei Grundtypen optischer Störwirkungen gegliedert sind:

I: Strukturbedingte visuelle Störwirkungen, v. a. durch hohe Anlagen (z. B. WEA, Energiefreileitungen, Brücken, Gebäude) bzw. Silhouetten,

II: Störwirkungen durch menschliche Anwesenheit und Aktivitäten sowie

III: Störwirkungen durch Bewegung und Reflektionen von Anlagen.

Bibliographien: Keller (1995), Richarz et al. (2001:350ff.).

Qualifizierung der Quelle: E



1.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Die Relevanzeinstufung für die Art erfolgte aufgrund der Empfindlichkeit gegenüber Anwesenheit und Aktivitäten von Menschen. Hinweise auf Empfindlichkeiten gegenüber Barriere- und Scheuchwirkungen von Windenergieanlagen und Freileitungen liegen für die Art nach dem derzeitigen Bearbeitungsstand nicht vor.

Qualifizierung der Quelle: E



1.61 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

II: Störwirkungen durch menschliche Anwesenheit und Aktivitäten

Die Störwirkungen von Personen bzw. menschlicher Anwesenheit und Aktivität resultieren häufig aus der Kombination verschiedener akustischer und optischer Wirkfaktoren, die sich aus der jeweiligen Tätigkeit v. a. im Rahmen von Bautätigkeiten, verschiedenen Sport- und Freizeitaktivitäten, den genutzten Verkehrsmitteln, (Sport-)Geräten oder der etwaigen Begleitung durch Hunde etc. ergeben. Hierbei ist vielfach nicht klar zwischen einzelnen Wirkfaktoren zu trennen. Insbesondere mit dem Wirkfaktor 5-1 (Akustische Reize) bestehen enge Verknüpfungen, da mit menschlichen Aktivitäten zumindest Einzelschallereignisse verbunden sind.

Das Mitführen von Hunden stellt ein besonderes Störungspotenzial dar, das sich u. a. aus dem natürlichen Feindschema vieler Arten herleiten lässt. Dies gilt insbesondere - aber nicht nur - für nicht angeleinte, unruhig umherlaufende Hunde. Vögel reagieren bei Störungen durch Hunde früher mit Flucht als bei Menschen (Yalden & Yalden 1990, Lord et al. 2001, zit. in Langston et al. 2007:27ff.) und bleiben länger dem Nistplatz fern, wenn sie von Hunden gestört worden sind (Taylor et al. 2007, zit. in Langston et al. 2007:27ff.). Hunde werden daher im Übrigen auch erfolgreich zur Vergrämung von Vogelbeständen an Flughäfen eingesetzt (vgl. z. B. Carter 2002).

Dennoch spielt auch die bloße Anwesenheit des Menschen eine wesentliche Rolle, da offenbar auch der Mensch bei vielen Arten weitgehend unabhängig von realen oder unmittelbaren Bedrohungen aufgrund langjähriger Tradierung von Verfolgung und Bejagung als Feindbild wahrgenommen wird. Zu deutlich höheren Fluchtdistanzen und damit stärkeren Beeinträchtigungen kommt es aber in erster Linie bei Arten, die bejagt und/oder gezielt vergrämt werden (z. B. Gänse, Kormorane). Bei konsequenter Beruhigung (vor allem Jagdruhe) kann es in speziellen Gebieten jedoch auch bei diesen Arten zu deutlich geringeren Fluchtdistanzen kommen (Wille et al. 2002:293ff.). Hinweise auf die artspezifischen Fluchtdistanzen und ihre planerische Berücksichtigung finden sich in der Auswertekategorie 'Prognosemethoden'.

Sofern für die Art relevant, sind die nachfolgenden Datensätze nach A: Jagd sowie B: Sport- und Freizeitaktivitäten gegliedert.

Qualifizierung der Quelle: E



1.62 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

A: Störwirkungen durch jagdliche Aktivitäten

Von einigen Autoren wird betont, dass jagdliche Aktivitäten ursächlich für 'schreckhafte Reaktionen' von Tieren auf menschliche Anwesenheit und Aktivitäten sind. 'An der Furcht vor dem Menschen ist in vielen Fällen die Jagd in ausschlaggebender Weise beteiligt' (Georgii 2001:39). Nach dem aktuellen Kenntnisstand kann außerdem kein Zweifel daran bestehen, dass jagdliche Aktivitäten direkt negative, gebietsbezogene Auswirkungen auf Verhalten, Anzahl und Verteilung von Arten haben können. Insbesondere ist dies für Wasservögel belegt, bei denen sich speziell winterliche Störungen auch auf die Vitalität der betroffenen Individuen auswirken können (z. B. Meile 1991, Stock et al. 1994, Madsen & Fox 1995). Gerade in den letzten Jahren wurden durch mehrere Studien die quantitativen Auswirkungen der Wasservogeljagd deutlich gemacht (vgl. z. B. Geiersberger & Zach 1997, Lonchampt & Michelat 2000) bzw. für Gänse (Mooij 1999:164ff., Kruckenberg et al. 2008:169ff.). Wille (1999) zeigte eindrucksvoll, dass die Bejagung eine langanhaltende, sensibilisierende Wirkung auf Wildgänse für alle Störreize hatte, so dass jede Störung zu intensiveren Fluchtreaktion führten als bei der unbejagten Vergleichsgruppe.

Zu jagdlichen Aktivitäten gehören auch die Errichtung von Hochsitzen, Kirrungen oder Fütterungen. Diese werden oft in entlegenen störungsarmen Landschaftsteilen errichtet, die gleichzeitig Rückzugsräume für störempfindliche Vogelarten sind. Dadurch und aufgrund der zeitlichen Überschneidung von Jagdzeiten und empfindlichen Zeiträumen von Ansiedlung, Paarfindung und Nestbau können sich nachhaltige Störungen in ansonsten störungsarmen Habitaten wie z. B. in Waldgebieten mit Nistplätzen von Großvögeln ergeben.

Differenzierte Ausführungen zur Störung von Vögeln durch Jagd, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Frenzel & Schneider (1987), Tempel (1992).

Qualifizierung der Quelle: E



1.71 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

B: Störwirkungen durch Sport- und Freizeitaktivitäten / menschliche Anwesenheit

Nach Analyse vogelkundlicher Datenerhebungen gehören heute Störwirkungen durch Sport- und Freizeitaktivitäten zu den wichtigsten Gefährdungsfaktoren von Brutvögeln (Stickroth 2005:120ff.). Für Vogelarten der Küsten und Meere sowie der Gewässer und Verlandungszonen wird dieser Faktor von den Autoren für Brut- und Gastvögel als vorrangig angeführt. In diesen deckungsarmen Vogellebensräumen können bereits einzelne Störungen großer Vogelkonzentrationen während der Rast- und Überwinterung starke und nachhaltige Folgewirkungen haben.

Durch die Förderung und Zunahme sogenannter Outdoor-Sportarten werden zunehmend unberührte oder schwer zugängliche und ansonsten wenig besuchte Landschaftsteile gestört. Insbesondere für Habitatspezialisten ergeben sich dadurch Stressbelastungen infolge von Geräuschemissionen und starken optischen Reizen (Südbeck & Spitznagel 2001:340ff.). Aufgrund des Meideverhaltens störempfindlicher Arten reduziert sich i. d. R. deren besiedelbarer Raum. Gleichzeitig erhöhen sich die inter- und intraspezifische Habitatkonkurrenz sowie der Prädatorendruck.

Im Hochgebirge können die störungsbedingten Flächenverluste und Fragmentierungen der Lebensräume durch Sportaktivitäten sogar zu Verinselungen von Teilpopulationen z. B. der Rauhfußhühner führen. Aus dem Rückzug in suboptimale Biotope, Gelegeverlusten und Beunruhigungen im Winter ergeben sich hier für Standvögel gleich mehrere bestandsmindernde Faktoren (Ajathi & Krumme 2002).

Differenzierte Ausführungen zur Störung von Vögeln durch Anwesenheit und Aktivitäten des Menschen und eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Frenzel & Schneider (1987), Nehls (1994), Stock et al. (1994), Keller (1995), Zeitler (1995a,b), Schnidrig-Petrig & Inghold (1995), Szemkus et al. (1998), Brendel et al. (2001), Ruddock & Whitfield (2007).

Sammelbände: z. B. Laufener Seminarbeiträge 1/2001, Berichte der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz, Bd. 25.

Datenbank: BfN-Literaturdatenbank mit differenzierten Hinweisen zu den Auswirkungen von Sport- und Freizeitaktivitäten auf die Tier- und Pflanzenwelt (siehe: www.natursportinfo.de).

Qualifizierung der Quelle: E



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Reports: aktueller Wirkfaktor   aktuelle Wirkfaktorengruppe   alle Wirkfaktoren
 

Qualifizierung der Quellen für Vogelarten

Averallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art
Bin der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall
Cin der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird
Din der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe
Eeigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung)
Fkeine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt

Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"

-bislang noch nicht bearbeitet
Iderzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden
IIzudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden
IIIzudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden
ihre meinung

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dirk.bernotat@bfn.de