Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten

Schreiadler - Aquila pomaria

Natura 2000-Code: A 089; Bearbeitungstand: III

Wirkfaktorengruppe: 2 Veränderung der Habitatstruktur / Nutzung
Wirkfaktor: 2-3 Intensivierung der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung
Relevanz des Wirkfaktors:  regelmäßig relevant - besondere Intensität (3)

     Auswertekategorien:

  1. Empfindlichkeiten/Wirkungen (11)
  2. Regenerationsfähigkeit (0)
  3. Prognosemethoden (1)
  4. Relevanzschwelle (2)
  5. Erheblichkeitsschwelle (4)

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1. Empfindlichkeiten/Wirkungen

1.06 Meyburg, B.-U., Scheller, W. & Bergmanis, U. (2004)

Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung nach dem politischen Wechsel 1989 führte in den ostdeutschen Brutgebieten zu einem zunehmenden Verlust an geeigneten Nahrungshabitaten. Infolgedessen vergrößerten sich die Schreiadlerreviere, so dass sie mittlerweile doppelt so groß sind, wie die von in Lettland brütenden Paaren (Scheller et al. 2000).

Qualifizierung der Quelle: A



1.21 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

B: Intensivierung der Forstwirtschaft

Anthropogene Veränderungen der Wälder hatten schon in frühen Epochen der Siedlungsgeschichte des Menschen prägenden Einfluss auf die Brutvogelgemeinschaften dieses Lebensraumes. Nach langer Zeit der Austragsnutzung sind in Mitteleuropa die letzten beiden Jahrhunderte der Waldnutzung und forstlichen Bewirtschaftung durch Aufbau, Zunahme der Waldfläche, des Durchschnittsalters und auch der Strukturdiversität geprägt gewesen (Gatter 2004). Die Entwicklung der Waldvögel und deren Gefährdungssituation stellen sich demzufolge relativ günstiger als in der Landwirtschaft dar. So sind die Waldarten in den aktuellen Roten Listen vergleichsweise wenig vertreten. Dies ist jedoch Ergebnis einer signifikanten Zunahme dieser Arten im Siedlungsbereich, im Gegensatz zu Stagnation und Abnahme in Wäldern (Flade & Schwarz 2004). Die waldbauliche Entwicklung der Wälder insbesondere die Förderung des Holzertrages durch dichte Pflanzungen gehen zu Lasten v. a. der Lichtwaldbewohner, für die ein offenes Kronendach und lückige Bestände erforderlich sind.

Brutvogelgemeinschaften in ungenutzten Buchenwäldern zeichnen sich in Diversität, Siedlungsdichte und Bestand durch positivere Entwicklungen gegenüber bewirtschafteten Beständen aus. Solche Effekte sind bereits nach wenigen Jahren messbar. Deutliche Unterschiede ergeben sich erst über 50 Jahren Bewirtschaftungsruhe. In dieser Zeit sind natürliche Strukturentwicklungen eines kleinräumigen Waldentwicklungsphasen-Mosaiks und v. a. die Akkumulation von Totholz zu erwarten (Begehold & Schumacher 2017:232ff.).

Forstwirtschaft beeinflusst tiefgreifend Häufigkeitsverhältnisse, Artenzusammensetzung und Dominanzstrukturen der Waldvogelgemeinschaften. Bei intensiver Bewirtschaftung werden vorrangig störungsempfindliche Arten mit großen Raumansprüchen und v. a. Bewohner der Reifephase von Wäldern benachteiligt (Flade et al. 2004). Qualität und Quantität des Totholzes haben einen elementaren Einfluss auf die Artenzusammensetzung und Abundanz der Brutvogelgemeinschaft des Waldes. Im Wirtschaftswald wird jedoch die Kontinuität v. a. der Altersstadien des Lebensraumangebotes unterbrochen. Hohe Artenzahlen von Großvogelarten und höhlenbewohnenden Arten sind deshalb Indikatoren für wenig durch forstliche Nutzung gestörte Verhältnisse.

Häufige Holzentnahme v. a. von Starkholz verhindert die Entwicklung naturnaher Altersstrukturen insbesondere von Reife- und Zerfallsstadien (s. a. Wirkfaktor 2-1), die als wichtige Habitatelemente spezialisierter bestandsgefährdeter Vogelarten von existenzsichernder Bedeutung sind. Für deren Vorkommen ist das Belassen von Totholz und Höhlenbäumen von größerer Wichtigkeit als die Schonung bzw. Entwicklung starker Bäume bei intensiver Einzelbaumentnahme (Müller et al. 2007). Selbst naturgemäße Waldbewirtschaftungen fördern durch Selektion geradschaftige Baumindividuen, während ökologisch bedeutsame Strukturvielfalt am Stamm durch Wuchs- und Zerfallsformen entfernt wird.

Die dichte Erschließung mit netzartigen Holzabfuhrwegen, Rückegassen und Feuerschneisen kann v. a. siedlungsnah zu einer flächendeckenden Beunruhigung der Wälder und entsprechenden Einschränkung von Brutmöglichkeiten störempfindlicher Vogelarten führen (Scherzinger & Schumacher 2004, vgl. auch Wirkfaktor 5-2). Mangelfaktoren sind v. a. großräumige Bestände und Sonderstrukturen, Sekundärkronen, Höhlen, Mulmkörper und Mosaikbildung im Wald als Voraussetzung für das artenreiche Vorkommen von Großvögeln (Schumacher & Winter 2008).

Zur Praxis intensiver Forstwirtschaft gehört auch die Unterhaltung und der kontinuierliche Ausbau eines Entwässerungsnetzes. In der Folge gehen typische Qualitäten von Feucht- und Nasswäldern, das Nassstellenmosaik und damit die Biotopvielfalt der Wälder zunehmend verloren. Brut- und Nahrungsmöglichkeiten u. a. hoch spezialisierter und akut gefährdeter Vogelarten wie Schwarzstorch, Schreiadler oder Waldwasserläufer werden in mehr oder weniger großem Umfang eingeschränkt. Wirkungszusammenhänge und Empfindlichkeiten gegenüber morphologischen und hydrologischen Veränderungen im Zuge der Waldbewirtschaftung werden unter den Wirkfaktoren 3-2 und 3-3 beschrieben.

Weitere Beeinträchtigungen kann die Einführung und forstliche Förderung gebietsfremder Baumarten bewirken (s. Wirkfaktor 8-2), wie z. B. die Verdunklung der Wälder durch Förderung der Douglasie bei gleichzeitiger Ablösung der Kiefern- und Pionierwälder oder die forstliche Bekämpfung von Insektenkalamitäten wie z.B. Borkenkäfer oder Eichenprozessionsspinner (s. Wirkfaktor 8-3).

Differenzierte Ausführungen zur Beeinträchtigung von Vögeln durch forstwirtschaftliche Maßnahmen, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:

Hölzinger (1987:80ff.), Heinrich (2001:215ff.), Flade et al. (2004), Gatter (2004), Gatter & Schütt (2004), Scherzinger (2004), Scherzinger & Schumacher (2004), Mollet et al. (2005, 2006), Sauberer et al. (2007), Ammermann (2008), Kelm (2008), Wüst (2008), Linke (2013), Müller (2016).

Qualifizierung der Quelle: E



1.22 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Die Intensivierung forstlicher Nutzung (Auflichtung, Altholzbetrieb und Wegebau) wird als wesentlicher Gefährdungsfaktor für die Art benannt (Scheller & Meyburg 2001:70, Böhner & Langgemach 2004:271, Meyburg et al. 2004:603, Mammen & Stubbe 2005:56). Nach Bauer et al. (2001:302) wirken sich insbesondere der Einschlag in Altholzbeständen und Störungen durch die Forstwirtschaft in der Nähe von Horstbäumen negativ auf die Bestandssituatuion aus.

Qualifizierung der Quelle: E



1.23 Böhner, J. & Langgemach, T. (2004)

Die Intensivierungen in der Forstwirtschaft haben in Sachsen-Anhalt zur Abnahme des Schreiadlers von vier auf zwei Paare geführt (M. Stubbe & U. Mammen pers. Mitt.).

Qualifizierung der Quelle: A



1.24 Müller, T., Langgemach, T., Sulzberg, K. & Köhler, D. (2005)

'Ruhe und ein dichter Waldbestand im direkten Horstumfeld sind zusätzliche wertbestimmende Faktoren. [...]. Stärker durchforstete Baumbestände werden gemieden.'

Qualifizierung der Quelle: A



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Reports: aktueller Wirkfaktor   aktuelle Wirkfaktorengruppe   alle Wirkfaktoren
 

Qualifizierung der Quellen für Vogelarten

Averallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art
Bin der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall
Cin der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird
Din der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe
Eeigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung)
Fkeine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt

Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"

-bislang noch nicht bearbeitet
Iderzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden
IIzudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden
IIIzudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden
ihre meinung

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