Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten

Wiesenweihe - Circus pygargus

Natura 2000-Code: A 084; Bearbeitungstand: III

Wirkfaktorengruppe: 6 Stoffliche Einwirkungen
Wirkfaktor: 6-1 Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag
Relevanz des Wirkfaktors:  regelmäßig relevant (2)

     Auswertekategorien:

  1. Empfindlichkeiten/Wirkungen (4)
  2. Regenerationsfähigkeit (0)
  3. Prognosemethoden (1)
  4. Relevanzschwelle (1)
  5. Erheblichkeitsschwelle (1)

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1. Empfindlichkeiten/Wirkungen

1.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Eutrophierungen durch Melioration und hohe Düngergaben in der Landwirtschaft sowie sekundärer Nährstoffeintrag über Niederschläge, das bodennahe Grundwasser (einschließlich der Folgen von Entwässerung und Torfzehrung) und das Entwässerungssystem sowie zusätzliche Belastungen aus Abflüssen von Kläranlagen verändern und destabilisieren die hydrochemischen Verhältnisse aquatischer Vogellebensräume (vgl. z.B. Heubach et al. 2007). Als sekundärer Effekt kann sich im Verlandungsbereich der Bodengrund im Schilfröhricht verfestigen und damit Prädatoren wie Wildschwein, Waschbär und Marderhund den Zugang erleichtern (Meier-Peithmann 2018). In Landlebensräumen wirken sich Eutrophierungen über Veränderungen der Vegetation (Artenzusammensetzung, Deckungsgrad und Struktur) und der Nahrungsressourcen im Oberboden aus (Verschiebung Makrofauna zu Mikrofauna).

Die Problematik von Nährstoffeinträgen wurde auch im Zusammenhang der Wirkfaktoren 2-3 Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft und 3-4 Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse bearbeitet. Unter Wirkfaktor 6-1 zusammengefasste ergänzende bzw. weiterreichende Aspekte von Projekten und Planungen werden für Vogelarten oft erst bei summativer und kumulativer Betrachtung relevant. In Gewässern, die als Vorflut des landwirtschaftlich intensiv genutzten Umfeldes fungieren, findet häufig eine starke Nährstoffakkumulation statt (vgl. z.B. Meier-Peithmann 2018). Sanierungsmaßnahmen stellen sich demensprechend aufwändig dar und scheitern oft an zu kleinen Abgrenzungen der Schutzgebiete.

Nährstoffeintrag in Gewässer, v. a. Stillgewässer sowie eulitorale Nahrungsflächen der Ästuare und des Wattenmeeres, kann zusammen mit Erhöhungen der Wassertemperatur (vgl. Wirkfaktor 3-5) und daraus folgender Reduzierung des Sauerstoffgehaltes zu einem deutlich erhöhten Risiko von Botulismusausbrüchen in Vogelgemeinschaften führen. Diese können für Wasservögel seuchenhafte Ausmaße mit einer hohen Mortalitätsrate annehmen (vgl. Westphal 1991, Hemmerling & Hälterlein 1992, Wiesner in Richarz 2001:154ff.). Die Belastungssituation ist in solchen Fällen i. d. R. auf eine Vielzahl von Quellen zurückzuführen. Neben dem Stickstoffeintrag aus Luft bzw. Niederschlägen, der heute das Düngeniveau der 1960er Jahre erreicht (Dahl et al. 2000), sind v. a. Nährstofffreisetzungen insbesondere durch intensive Nutzung von Niedermoorböden und Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen Ursache für die Überdüngung von Gewässersystemen.

Als sekundäre Beeinträchtigung ist zu berücksichtigen, dass die auf Eutrophierung zurückzuführende Planktonbiomasse an ihrer Oberfläche Schadstoffe adsorbiert und über den Wassertransport v. a. in Seen oder Küstengewässer verfrachtet, die hier akkumuliert und sedimentiert werden (Brockmann et al. 1994). Dadurch entsteht ein ständiges Gefährdungs- und Kontaminationspotenzial (s. Wirkfaktoren 6-2 und 6-3) für die Vögel dieser Lebensräume. Schadstoffe reichern sich durch Akkumulation in der Nahrungskette der Vögel v. a. in der Carnivorenbiomasse an und verursachen insbesondere in dieser Vogelgruppe physiologische Beeinträchtigungen.

Nährstoffeintrag in terrestrische Vogellebensräume bewirkt verstärkt durch NPK-Startdüngungen im Frühjahr über Verdichtung der Vegetation v. a. durch Untergräser eine Erhöhung des Raumwiderstandes im Grünland für nestflüchtende Jungvögel bodenbrütender Limikolen. Der Verdichtung der Vegetation folgt eine Veränderung des Mikroklimas, die schließlich zu einer Verringerung des Angebotes wärme- und lichtbedürftiger epigäischer Nahrungstiere führt. Unter diesen Bedingungen verschlechtert sich die Energiebilanz der Wiesenlimikolen-Küken (Gefahr des Verklammens) und der Huderaufwand der Altvögel wird erhöht (Südbeck & Krüger 2004). Zusätzlich wirkt sich der Klimawandel mit gestiegenen Mitteltemperaturen und erhöhtem CO2-Gehalt der Atmosphäre (auf >300 ppm) über eine verlängerte Vegetationsperiode nachteilig auf die Habitatqualität aus. Unter diesen Bedingungen entwickelt sich die Vegetation auf Grünlandflächen schneller und dichter, so dass dieser nutzungsabhängige Lebensraum für die in Nordwest- und Mitteleuropa traditionell brütende Vogelgemeinschaft zunehmend ungeeignet wird (Schuster 2014).

Eutrophierung von standortbedingt nährstoffarmen Wiesenlandschaften wird schließlich zum Schlüsselproblem bodenbrütender Vogelarten, wenn sich daraus Zunahmen von Wühlmausdichten und generalistischen Prädatoren ergeben. Letztlich kommt es zur Zerschneidung feindarmer Räume und der Zunahme großräumiger Randeffekte (Steiner 2006).

Der flächendeckende Eintrag von Stickstoff über Niederschläge fördert in lichten Wäldern den Aufwuchs einer zunehmend verdichteten Krautschicht. Für Wald- und Waldrandarten, die auf mehr oder weniger offenen Waldböden Nahrung suchen, geht in großem Umfang Lebensraum verloren (z. B. Zang, zit. in: Zang & Heckenroth 2001:130).

Die Präparierung von Skipisten erfolgt teilweise mittels schneeverfestigender Chemikalien. Schneefestiger sind meist Mischungen von Düngesalzen verschiedenster Art. Für eine 30 Stunden wirksame Schneefestigung sind je nach Situation 20-50 g 'Schneefestiger' je qm erforderlich (Greif 1987:87). Bei der Anwendung von 30 g Schneefestiger je qm würde dies einer Düngergabe von 300 kg je ha entsprechen. Sollten beispielsweise fünf Einsätze auf ein und derselben Fläche nötig werden, so entspräche dies einer Gesamtdüngermenge von 1.500 kg je Hektar, was einer starken Überdüngung gleich käme (Greif 1987).

Die Düngung führt zu einem gegenüber den natürlichen Verhältnissen überhöhten Angebot an Nährstoffen, dadurch verändert sich die Vegetationszusammensetzung und -struktur von Lebensräumen bodenoffener Habitate, z. B. von Alpenschneehuhn, Alpenbraunelle, Steinschmätzer und Schneefink.

Konsequenzen können - abhängig vom Umfang - z. B. Verlust von Teilhabitaten, Verringerung des Bruterfolgs bzw. der Überlebenswahrscheinlichkeit von Individuen, Brutpaarverlust, Bestandsrückgang oder Beeinträchtigung bzw. Erlöschen lokaler (Teil-) Populationen sein.

Qualifizierung der Quelle: E



1.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Die Düngung von Grünland hat höher und dichter aufwachsende Vegetationsbestände zur Folge. Für die Wiesenweihe ist dadurch die Beute am Boden nicht mehr sichtbar und erreichbar. Durch Düngung werden auch hohe Feldmausdichten gefördert und damit eine Zunahme von Prädatoren der Wiesenweihe und anderer Bodenbrüter begünstigt. Die auch bekannte Nutzung hoher Feldmausdichten als Nahrungsressource ist anscheinend ein regional und zeitlich begrenztes Phänomen von bereits intensiv bewirtschafteten Kulturlandschaften.

Qualifizierung der Quelle: E



1.03 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

In den Niederlanden ergab die Auswertung der Nahrungssuche besenderter Wiesenweihen eine Bevorzugung von Habitaten auf Sandböden (De Voogd 2004:14). Auf ärmeren Böden stellen sich zumindest bei extensiver Nutzung oder in Saumstrukturen heterogene schüttere Vegetationsstrukturen ein, die den Jagderfolg der Wiesenweihe begünstigen.

Qualifizierung der Quelle: E



1.04 Heckenroth, H. & Heins, J.-U. (1989)

'Durch Änderungen der Vegetationsstruktur und -dichte auch durch Eutrophierung der Gewässer und somit Ausbreitung der Phragmitesröhrichte in den Verlandungszonen [...] wurde die Rohrweihe begünstigt.'

Qualifizierung der Quelle: A


3. Prognosemethoden

3.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

I. d. R. erfolgt die Wirkungsbeurteilung durch Überlagerung der vom Projekt entsprechend beeinflussten Flächen mit allen nach den Erhaltungszielen zu bewahrenden bzw. zu entwickelnden (Teil-)Habitaten.

Die betroffenen Habitate bzw. Habitatstrukturen sind hinsichtlich ihrer längerfristigen Entwicklung und der qualitativen Abweichung zu bewerten. Soweit erforderlich, sind unterschiedliche Teilhabitate der Art in der Prognose differenziert zu betrachten. Dabei sind zum einen die absoluten Habitatverluste bzw. -verschlechterungen (qm/ha) sowie die relativen (%) bezogen auf den Gesamtbestand im Gebiet bzw. die funktional zusammengehörenden Habitate der Art zu ermitteln bzw. abzuschätzen.

Darauf aufbauend sind die qualitativen und quantitativen Funktionsverluste für die betroffenen Individuen bzw. (Teil-)Bestände zu beurteilen. Soweit möglich, ist die Prognose durch Vergleich mit standörtlich und strukturell ähnlichen Habitaten bzw. solchen, die bereits entsprechenden Veränderungen unterlagen, abzusichern.

Im Einzelfall können auch Flächen außerhalb des Gebietes zu berücksichtigen sein, sofern die betroffenen (Teil-)Habitate eine wesentliche funktionale Bedeutung für die im Gebiet vorkommenden Bestände der Art aufweisen.

Etwaige kumulative Wirkungen additiver oder synergistischer Art durch andere Wirkfaktoren des Projekts/Plans oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten/Plänen sind zu berücksichtigen.

Qualifizierung der Quelle: E



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Reports: aktueller Wirkfaktor   aktuelle Wirkfaktorengruppe   alle Wirkfaktoren
 

Qualifizierung der Quellen für Vogelarten

Averallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art
Bin der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall
Cin der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird
Din der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe
Eeigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung)
Fkeine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt

Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"

-bislang noch nicht bearbeitet
Iderzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden
IIzudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden
IIIzudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden
ihre meinung

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dirk.bernotat@bfn.de