Detaildaten zu Beinträchtigungen: Vogelarten

Sperlingskauz - Glaucidium passerinum

Natura 2000-Code: A 217; Bearbeitungstand: III

Wirkfaktorengruppe: 5 Nichtstoffliche Einwirkungen
Wirkfaktor: 5-1 Akustische Reize (Schall)
Relevanz des Wirkfaktors:  regelmäßig relevant - besondere Intensität (3)

     Auswertekategorien:

  1. Empfindlichkeiten/Wirkungen (6)
  2. Regenerationsfähigkeit (0)
  3. Prognosemethoden (8)
  4. Relevanzschwelle (5)
  5. Erheblichkeitsschwelle (2)

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1. Empfindlichkeiten/Wirkungen

1.01 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Akustische Reize können unterschiedlichste anlage-, betriebs- oder baubedingte Ursachen haben (s. auch 'Vertiefende Ausführungen' unter 'Wirkfaktoren'). Grundsätzlich können dabei eher kontinuierliche von eher diskontinuierlichen Schallereignissen unterschieden werden. Häufig sind die daraus resultierenden Beeinträchtigungen nicht ausschließlich akustischen Reizen zuzurechnen, sondern entstehen aus einer Kombination verschiedener akustischer und optischer Wirkfaktoren (vgl. Wirkfaktoren 5-2 bis 5-5).

Die akustischen Störwirkungen durch menschliche Freizeit- bzw. Erholungsaktivitäten etc. werden mit unter Wirkfaktor 5-2 behandelt. Auch die akustischen Störwirkungen von Windenergieanlagen werden primär aus Gründen der Praktikabilität weitgehend unter Wirkfaktor 5-2 (optische Störwirkungen) subsumiert. Unter Wirkfaktor 5-1 werden lediglich Hinweise zur Relevanzschwelle der Schallemissionen von WEA gegeben.

Vögel gelten grundsätzlich als eine gegenüber akustischen Störreizen besonders empfindliche Artengruppe. Schallimmissionen können je nach Art, Frequenz, Stärke, Zeitpunkt und Dauer Beeinträchtigungen unterschiedlicher Intensität hervorrufen.

- Hohe Schalldruckpegel können bei Vögeln zu physiologischen Schädigungen des Gehörapparates führen, die aber offenbar bei den meisten, nicht jedoch allen Arten und anders als bei Säugetieren mit der Zeit weitgehend regeneriert werden können (vgl. z. B. Dooling & Ryals 1995, Klump 2001).

- Auch typische Stressreaktionen auf Lärm konnten nachgewiesen werden, die ggf. zu einer verminderten Kondition oder Fitness der Individuen führen können (vgl. z. B. Clark 1991, Dooling & Ryals 1995, Klump 2001, Hüppop 2001, Hayward et al. 2011, Blickley et al. 2012).

- Akustische Reize können bei Vögeln Schreck- und Störwirkungen hervorrufen, die zu verändertem Verhalten (z. B. Unterbrechung der Nahrungsaufnahme) oder zu Fluchtreaktionen führen. Dies kann die Energiebilanz der Tiere (z. B. bei Brut, Überwinterung oder während des Vogelzugs) negativ beeinflussen und unter diesen Umständen zu negativen Konsequenzen für die Populationen führen (vgl. z. B. Keller 1995, Kempf & Hüppop 1998, Hüppop 1999, 2001, Klump 2001, Bruderer & Komenda-Zehnder 2005, Wright et al. 2010).

- Störungsbedingte Fluchtreaktionen brütender oder Junge führender Elterntiere können auch die Verlustrate von Gelegen und Jungvögeln durch Auskühlen oder Predation stark erhöhen (vgl. z. B. Kempf & Hüppop 1998).

- Aufgrund von lärmbedingten Störwirkungen kann es zu einem veränderten Aktivitätsmuster bzw. zu veränderter Raumnutzung und somit zur partiellen oder vollständigen Meidung von verlärmten Gebieten bzw. zu verringerten Siedlungsdichten kommen (vgl. z. B. Reijnen et al. 1987, Bairlein & Sonntag 1994, Foppen & Reijnen 1994, Kruckenberg et al. 1998, Reck et al. 2001, Habib et al. 2007, Bayne et al. 2008, Blickley et al. 2012, McLaughlin & Kunc 2013, McClure et al. 2013).

- Bei lang anhaltenden Schallimmissionen werden (akustische) Wahrnehmung, Kommunikation und Verhaltensweisen gestört. Bei Vögeln stellen akustische Signale vielfach das bedeutendste Mittel der Kommunikation dar. Sie sind daher von vielfältiger verhaltensökologischer Bedeutung. Die artspezifischen Laute und Gesänge dienen unter anderem zu Arterkennung, Revierabgrenzung, Paarfindung und -bindung, zur Kommunikation zwischen Eltern- und Jungtieren, zur Warnung vor Feinden, zur Nahrungssuche etc. Es ist daher davon auszugehen, dass die Überlagerung und Maskierung dieser Kommunikation durch anthropogene Störgeräusche einen negativen Einfluss auf die Ökologie und den Fortpflanzungserfolg von Individuen und somit auf den Bestand vieler Arten haben kann (vgl. z. B. Illner 1992a, Reijnen et al. 1995, Kroodsma & Miller 1996, Klump 2001, Rheindt 2003, Brumm 2004, 2006, Fuller et al. 2007, Garniel et al. 2007, Halfwerk et al. 2011a, b, McLaughlin & Kunc 2013).

Darüber hinaus umfassen akustische Reize auch Einwirkungen im Infraschallbereich. Der Kenntnisstand zu Empfindlichkeiten von Vogelarten gegenüber Vibrationen und Erschütterungen im Infraschallbereich ist jedoch noch sehr gering. Vögel können Infraschall bis 0,1 Hz wahrnehmen. Deshalb ist grundsätzlich von einer hohen Sensitivität und möglichen Irritationen durch Interferenzen starker Infraschallquellen auszugehen. Empfindlichkeiten ergeben sich dadurch, dass Vögel Sinneswahrnehmungen im Infraschallbereich zur Navigation nutzen (Berthold 2008). Vögel setzen ihre Fähigkeit des 'Bildhörens' anscheinend auch bei längeren Flügen über Meeresgebiete ein, indem sie sich an verschiedenen weittragenden Infraschallquellen orientieren (Berthold, pers. Mitt.). Auerhähne erzeugen bei ihren Flattersprüngen sogar Infraschallanteile mit Frequenzen und Maximalpegeln unter 20 Hz, die zwar nicht zur Kommunikation genutzt werden, aber möglicherweise im Rahmen des Territorialverhaltens oder bei der Orientierung von Bedeutung sind (Lieser et al. 2005). Projektbezogen ergeben sich z. B. beim Betrieb von WEA und auch als Anteil von Straßenlärm Infraschallemissionen und damit zumindest eine Relevanz als Störpotenzial bei Verträglichkeitsprüfungen. Die Rotorflügel von WEA sind Erzeuger von luftgeleitetem Infraschall. Bei der Frequenz von 5 Hz erreichen Windblätter im Normalbetrieb den Pegel von 85 dB, Kompressoren und Rammbären können bei der Frequenz von 10 Hz Pegel bis 120 dB erreichen.

Die unterschiedlichsten akustischen Störwirkungen können zu einer verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit von Individuen, zum Verlust oder zur funktionalen Entwertung von Teilhabitaten, zu reduziertem Bruterfolg, Brutpaarverlust, Bestandsrückgang oder Beeinträchtigung bzw. Erlöschen lokaler (Teil-) Populationen führen.

Wenngleich sich teilweise verschiedene Störwirkungen (z. B. optische Reize) mit Schall überlagern, so kann doch grundsätzlich abgeleitet werden, dass lärmbelastete Zonen - gegenüber vergleichbaren Flächen ohne Lärm - für Vogelarten Bereiche mit verringerter Lebensraumeignung darstellen.

Dabei können sich die Beeinträchtigungen nicht nur in Form reduzierter Siedlungsdichten abbilden. So bedeutet z. B. das Auftreten von einzelnen Individuen oder auch von revierabgrenzenden Männchen noch nicht, dass es in diesem Habitat zu einer erfolgreichen Paarfindung und Brut kommt. Es ist zudem möglich, dass insbesondere konkurrenzschwache Individuen in die weniger geeigneten Habitate 'abgedrängt' werden (vgl. z. B. auch Reijnen & Foppen 1994). Und selbst eine nach den üblichen Erhebungsmethoden ermittelte unverminderte Siedlungsdichte garantiert keinesfalls, dass in diesen Bereichen ein vergleichbarer Bruterfolg bzw. eine entsprechende Reproduktionsrate wie in unbeeinträchtigten Lebensräumen besteht. Daher sind auch Aussagen zu etwaigen bzw. vermeintlichen Gewöhnungseffekten bei Individuen bzw. Arten nur unter Vorbehalt z. B. möglicher Langzeitwirkungen zu betrachten.

Auch wenn bezüglich der differenzierten Art und Wirkweise sowie der qualitativen und quantitativen Intensität lärmbedingter Beeinträchtigungen noch immer Fragen offen sind, so besteht doch ein breiter fachlicher Konsens darin, dass jedenfalls bei vielen Arten von funktionalen Beeinträchtigungen unterschiedlichster Art auszugehen ist.

Differenzierte Ausführungen zu den Auswirkungen von Lärm auf Vögel finden sich z. B. bei Maczey & Boye (1995), Stone (2000), Klump (2001), Hüppop (2001), Reck et al. (2001a,b), Garniel et al. (2007), Francis & Barber (2013) sowie in den nachfolgenden Datensätzen, die - sofern für die Art relevant - nach den Konfliktfeldern A: 'Straßenverkehr', B: 'Schienenverkehr', C: 'Flugverkehr' sowie D: 'Schiffsverkehr' sortiert sind.

Bibliographien: Keller (1995).

Sammelbände: Reck (2001).

Qualifizierung der Quelle: E



1.02 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

A: Straßenverkehr

Straßenverkehr führt in der Regel zu relativ hohen Dauerschallpegeln. Sofern es sich um durchschnittlich bis stark befahrene Straßen handelt, ist (zumindest tagsüber) von einem mehr oder weniger kontinuierlichen Verkehrsfluss und somit von mehr oder weniger kontinuierlicher Verlärmung auszugehen. Daher dürften hierbei neben den aus punktuellen Störreizen resultierenden Störwirkungen primär auch die aus Dauerlärm resultierenden Beeinträchtigungen eine Rolle spielen. Lediglich bei Straßen bzw. Wegen mit sehr geringem Verkehrsaufkommen (z. B. weniger als 1.000 Kfz/Tag) oder bei zusätzlichen Radwegen spielen v. a. die einzelnen punktuellen Störwirkungen eine Rolle.

Bezüglich der Beeinträchtigungsursachen ist i. d. R. nicht zu unterscheiden, welchen Anteil die akustischen und welchen die optischen Störwirkungen von Straßen ausmachen, wobei für die besonders weit reichenden Auswirkungen v. a. die akustischen Lärmwirkungen verantwortlich gemacht werden (vgl. z. B. Reijnen et al. 1995:187). In offenen, weiträumigen Landschaften können die optischen Reize dagegen durchaus ein wesentlicher Störfaktor - vergleichbar der Verlärmung - sein (Reijnen & Foppen 1991:31, Reijnen et al. 1996:260).

Die inzwischen doch recht zahlreich vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass es zu negativen Auswirkungen sowohl auf Brutvogelbestände (z. B. Bay & Rodi, Reijnen & Foppen 1991a, Foppen & Reijnen 1994, Reijnen et al. 1995) als auch auf Rastvögel kommt (z. B. Mooij 1982, Keller 1991, Madsen 1985, Belting & Belting 1992, Spilling 1998, McClure et al. 2013). Zudem wurden Auswirkungen auf Arten aus nahezu allen taxonomischen Gruppen und ökologischen Gilden sowie in unterschiedlichsten Lebensräumen (Wälder, Hecken, Grünland, Äcker, Gewässer) registriert.

Obwohl bei den kontinuierlichen Lärmreizen durch Straßenverkehr gewisse Gewöhnungseffekte bei einigen Arten nicht unwahrscheinlich sind und obwohl die quantitative Bilanzierung der Störwirkungen nach wie vor schwierig ist, geht doch die klare Mehrzahl der Fachpublikationen und Fachautoren bei den meisten Vogelarten von dauerhaft reduzierten Siedlungs- bzw. Aufenthaltsdichten im Verlärmungsbereich von Straßen aus (vgl. z. B. Van der Zande et al. 1980, Ellenberg et al. 1981, Mooij 1982, Madsen 1985, Keller 1991, Bay & Rodi 1991, Foppen & Reijnen 1994, Gerdes 1994, Reijnen et al.1995, Sayer & Schaefer 1995, Reijnen et al. 1997, Kruckenberg et al. 1998, Spilling 1998, Kuitunen et al. 1998, Green et al. 2000, Stone 2000, Forman & Deblinger 2000, Reck et al. 2001a,b, Brotons & Herrando 2001, Weiserbs & Jacob 2001, Forman et al. 2002, Sayer et al. 2003, Rheindt 2003, Gutzwiller & Barrow 2003). McClure et al. (2013) haben vermutlich das erste Mal anhand einer "experimentellen Straße" (phantom road) durch Lautsprechereinspielungen von Verkehrslärm signifikant reduzierte Abundanzen bei etlichen Vogelarten und die nahezu vollständige Meidung bei einzelnen Arten nachgewiesen.

Differenzierte Ausführungen zu Lärmwirkungen von Straßen auf Vögel, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:
Veen (1973), Ferris (1979), Van der Zande et al. (1980), Adams & Geis (1981), Ellenberg et al. (1981), Mooij (1982), Verstrael et al. (1983), Madsen (1985), Räty (1979, 1985), Reijnen et al. (1987a,b), Keller (1991), Reijnen & Foppen (1991), Bay & Rodi (1991), Illner (1992a,b), Boschert (1993), Foppen & Reijnen (1994), Bairlein & Sonntag (1994), Gerdes (1994), Sayer & Schäfer (1995), Reijnen et al. (1995), Reijnen et al. (1996), Reijnen et al. (1997), Bernotat (1997), Kuitunen et al. (1998), Forman & Alexander (1998), Kruckenberg et al. (1998), Stone (2000), Forman & Deblinger (2000), Weiserbs & Jacob (2001), Brotons & Herrando (2001), Reck et al. (2001a,b), Foppen et al. (2002), Forman et al. (2002), Rheindt (2003), Sayer et al. (2003), Helldin & Seiler (2003), Peris & Pescador (2004), Bautista et al. (2004), Kwak et al. (2006), Reijnen & Foppen (2006), Garniel et al. (2007), BMVBS (2010), Benites-Lopez et al. (2010), Hayward et al. (2011), Halfwerk et al. (2011a, b), McLaughlin & Kunc (2013), Helldin et al. (2013), McClure et al. (2013).

In Deutschland ist derzeit i. d. R. die "Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr" (BMVBS 2010) für die Bewertung der Auswirkungen von Straßenlärm auf Vögel maßgeblich.

Internet-Bibliographien: U.S. Department of Transportation Federal Highway Administration siehe unter: http://www.fhwa.dot.gov/environment/noise/effects/index.htm.

Qualifizierung der Quelle: E



1.21 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

B: Schienenverkehr

Schienenwege führen in der Regel zu relativ hohen Spitzen-Schallpegeln und je nach Verkehrsaufkommen zu unterschiedlich hohen Dauerschallpegeln. Sofern es sich um gering frequentierte Strecken handelt, ist von einem mehr oder weniger diskontinuierlichen Verkehrsfluss und somit von mehr oder weniger diskontinuierlicher Lärmeinwirkung auszugehen.

In solchen Fällen dürften nicht primär die aus Dauerlärm resultierenden Beeinträchtigungen eine Rolle spielen, sondern die aus punktuellen Störreizen resultierenden Störwirkungen. Gewöhnungseffekte dürften zudem nur in reduzierter Form auftreten.

Lediglich bei Schienenwegen mit hohem Verkehrsaufkommen reihen sich die einzelnen Störereignisse so dicht aneinander, dass auch die Effekte der Maskierung durch Lärm etc. in relevanter Form hinzukommen dürften.

Bezüglich der Beeinträchtigungsursachen ist auch bei Schienenverkehr i. d. R. nicht exakt zu unterscheiden, welchen Anteil die akustischen und welchen die optischen Störwirkungen ausmachen. Verglichen mit einem einzelnen Kfz sind Züge aufgrund ihrer Größe und ihrer Lautstärke mit relativ hohen Schreckwirkungen verbunden. Die schreckhafte Flucht beim Herannahen eines Zuges erhöht zudem die potenzielle Mortalität an den Leitungen (vgl. auch Wirkfaktor 4-2).

Die wenigen vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass es zu negativen Auswirkungen auf Arten aus mehr oder weniger allen taxonomischen Gruppen und ökologischen Gilden sowie in unterschiedlichsten Lebensräumen kommen kann.

Besonders betroffen scheinen allerdings die Vögel des Offenlandes zu sein, was auch dafür spricht, dass es sich vermutlich um eine Kombinationswirkung aus optischen und akustischen Störwirkungen handelt.
Auch Schienenwege dürften neben sonstigen Beeinträchtigungen zu dauerhaft reduzierten Siedlungs- bzw. Aufenthaltsdichten im Verlärmungsbereich führen (vgl. z. B. auch Tulp et al. 2002, Roll 2004, Waterman et al. 2004).

Ausführungen zu Lärm-/Störwirkungen von Zügen auf Vögel, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:
Havlin (1987b), Cuisin (1992), Klump (2001), Tulp et al. (2002), COCHET CONSULT (2003, zit. in Roll 2004), Roll (2004), Waterman et al. (2004), Garniel et al. (2007).
Bibliographien: Roll (2004).

Qualifizierung der Quelle: E



1.41 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

C: Flugverkehr

Flugzeuge und Helikopter erzeugen i. d. R. sehr hohe Spitzen-Schallpegel und je nach Verkehrsaufkommen hohe Dauerschallpegel. Je nach Frequentierung können im Bereich der Flughäfen durch räumlich konzentrierte Flugbewegungen (zumindest tagsüber) mehr oder weniger kontinuierlich hohe Lärmwerte bestehen, die nur vereinzelt durch Lärmpausen unterbrochen sind. In anderen Bereichen stellen Flugzeuge primär punktuelle und unregelmäßige Störereignisse z. B. durch Überflug dar.

In der Literatur sind Störwirkungen durch militärische oder zivile Flugzeuge und Helikopter vielfach dokumentiert. Dies gilt darüber hinaus auch für die verschiedenen anderen Formen von Luftfahrzeugen und Fluggeräten wie z. B. Ultraleichtflugzeuge, Segelflugzeuge, Heißluftballons, Drachenflieger/Gleitschirme oder Modellflugzeuge (vgl. die unten genannten Bibliographien).

Bezüglich der Beeinträchtigungsursachen ist auch bei Flugzeugen i. d. R. nicht exakt zu unterscheiden, welchen Anteil die akustischen und welchen die optischen Störwirkungen ausmachen. Da die Bewegung von Flugkörpern in bestimmten Entfernungen bei einigen Arten zudem dem Schema eines Beutegreifers (Greifvogel) entsprechen dürfte, sind hier z. T. auch diesbezüglich zusätzliche optische Störwirkungen (s. Wirkfaktor 5-2) zu vermuten (vgl. z. B. Keil 1988, Kempf & Hüppop 1998).

Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass es zu negativen Auswirkungen auf Arten aus mehr oder weniger allen taxonomischen Gruppen und ökologischen Gilden sowie in unterschiedlichsten Lebensräumen kommen kann.

Die Aussagen der Studien divergieren allerdings zum Teil deutlich. Dies liegt zum einen daran, dass die Reaktionen sich sowohl hinsichtlich der verschiedenen Luftfahrzeuge und deren Auftreten als auch hinsichtlich der verschiedenen Vogelarten unterscheiden. Außerdem können sich auch innerhalb einer Art je nach Jahreszeit, Tageszeit, Lebensphase, Gewöhnungsgrad bzw. populationsökologischer, räumlicher oder landschaftlicher Konstellation deutliche Unterschiede in den feststellbaren Auswirkungen ergeben.

Hüppop & Hagen (1990) stellten bei ihren Untersuchungen an einem brütenden Austernfischer fest, dass u. a. auch Flugzeuge aller Art (selbst Sportflugzeuge in 2 km Entfernung) eine Erhöhung der Herzschlagrate bewirken können (vgl. z. B. auch Dietrich et al. 1989, Culik et al. 1990). In vielen Fällen kann der Überflug von Flugzeugen darüber hinaus Störreaktionen bis hin zum panikartigen Auffliegen des Vogels erzeugen (vgl. z. B. Visser 1986, Zonfrillo 1993, Stock 1994, Kempf & Hüppop 1998). Teilweise werden Brutgebiete aufgrund von Störungen durch Flugzeuge auch ganz aufgegeben (vgl. z. B. Kempf & Hüppop 1998, Komenda-Zehnder & Bruderer 2002).

Andererseits können (Rand-) Bereiche von Flughäfen zum Teil durchaus größere Bestände verschiedenster Vogelarten beherbergen. Dies dürfte zum Teil auf eine gewisse Gewöhnung bestimmter Individuen und Arten an relativ gleichmäßige Flugbewegungen zurückzuführen sein, insbesondere jedoch darauf, dass die abiotischen und biotischen Habitatbedingungen dort für manche Arten sehr günstig sind und es sich dabei zugleich um Lebensräume handelt, die in der Durchschnittslandschaft bzw. Umgebung z. T. fehlen oder selten geworden sind (z. B. offene, weiträumige, nährstoffarme Grünlandbereiche).

Da diese Vogelbestände jedoch zum Teil aufgrund von Kollisionen Gefahren für die Flugsicherheit darstellen, besteht an vielen Flughäfen das grundsätzliche Ziel, durch Bird Control-Maßnahmen eine bewusste Reduzierung der Vogelbestände zu erreichen. Dafür werden neben anderen Mechanismen gezielt auch pyroakustische Maßnahmen (Munition, Schreckschussanlagen, Signalpistolen) zur Vergrämung eingesetzt (vgl. z. B. Jackson & Allan 2002, Barela & Nelson 2004, Hahn-Becker 2004, Büttner 2005 oder Weitz 2005). Dies verdeutlicht zum einen, dass akustische Störreize vielfach eine nachgewiesene Vertreibungswirkung besitzen und zum anderen, dass Flughäfen selbst bei geeigneten Habitatstrukturen nur suboptimale Lebensräume für Vögel darstellen.

Differenzierte Ausführungen zu Lärm-/Störwirkungen von Flug- bzw. Luftfahrzeugen auf Vögel, eine Zusammenstellung verschiedener Fakten und Beispiele sowie Hinweise für die Planung finden sich z. B. bei:
Visser (1986), Putzer (1989), Brown (1990), Niemann & Sossinka (1991), Kempf & Hüppop (1996, 1998), Conomy et al. (1998), Komenda-Zehnder & Bruderer (2002), Bruderer & Komenda-Zehnder (2005).

Bibliographien: Kempf & Hüppop (1998), Komenda-Zehnder & Bruderer (2002).

Sammelbände: Deutscher Aero Club e.V. & Bundesamt für Naturschutz (2003).

Internetdatenbank u. a. zu Flugsportarten: http://www.natursportinfo.de.

Qualifizierung der Quelle: E



1.42 BearbeiterInnen FFH-VP-Info (siehe Impressum) (o. J.)

Literaturstudie von Bruderer & Komenda-Zehnder (2005:17-19)

Die Studie fasst rund 190 Publikationen über die Störwirkung von zivilen und militärischen Luftfahrzeugen (inkl. Heißluftballone, Hängegleiter und Modellflugzeuge) auf Vögel zusammen. Die bearbeiteten Publikationen sind in drei Tabellen (Energie-Zeitbudget außerhalb der Brutsaison, Verbreitung und Raumnutzung außerhalb der Brutsaison, Fortpflanzungsverhalten und Fortpflanzungserfolg) zusammengestellt. Aus diesen Arbeiten lassen sich folgende Aussagen ableiten:

Vögel in der Brutzeit zeigen (abgesehen von äußerlich nicht erkennbarem Stress) weniger sichtbare Reaktionen als die mobileren Vogelansammlungen außerhalb der Brutzeit. Allerdings können nicht erkennbare physiologische Reaktionen in der kritischen Zeit der Fortpflanzung gravierendere Auswirkungen auf die Vogelpopulationen haben als erkennbare Ortsveränderungen außerhalb der Brutphase.

In verschiedenen Fällen wurden störungsbedingte Beeinträchtigungen des Zeit-/Energiebudgets festgestellt. Größte Energieverluste ergaben sich, wenn die Vögel aufflogen und die Wiederaufnahme der vorherigen Aktivität erheblich verzögert wurde. Zeitverluste verursachen zum Teil eine Verminderung der Ruhephasen. Energieverluste können sich in späteren Lebensphasen negativ auswirken, beispielsweise durch verminderten Bruterfolg. Verlassen der Nester kann, besonders wenn es sich um ein rasches, störungsbedingtes Verhalten handelt, zu unmittelbarem Brutverlust oder zu indirektem Verlust durch Prädation führen. Störungsbedingte Flucht kann erhöhte Unfallgefahr oder Prädation induzieren. Lebensraumverlust ergibt sich, wenn gewisse Gebiete zeitweise nur eingeschränkt oder gar nicht mehr genutzt werden können.

Das Gewöhnungspotenzial von Vögeln gegenüber Flugzeugen ist generell groß. Es scheint von großen Transportflugzeugen über Militärjets zu Kleinflugzeugen und Helikoptern abzunehmen, wobei diese Abnahme vermutlich mit abnehmender Überflugfrequenz korreliert ist. Das Störpotenzial von Luftfahrzeugen nimmt von großen Transportflugzeugen über Militärjets zu Kleinflugzeugen und Helikoptern zu. Dabei könnte wiederum die in dieser Reihenfolge zunehmende Unregelmäßigkeit der Überflüge eine Rolle spielen.

Zum Störpotenzial von Heißluftballonen, Ultraleichtflugzeugen, Motorseglern und Hängegleitern existieren nur sporadische Hinweise. Es scheint jedoch, dass von diesen - wohl aufgrund ihres besonders unregelmäßigen Auftretens - eine erhebliche Störwirkung ausgeht. Das Störpotenzial wird verstärkt, wenn die Flugobjekte überraschend in geringer Höhe erscheinen. Erfahrungen im Bereich von schweizerischen Naturschutzgebieten zeigen, dass motorisierte Modellflugzeuge im Kurzdistanzbereich ein sehr großes Störpotenzial haben. Die gravierendsten Auswirkungen ergeben sich, wenn der Störeinfluss in der Nähe von Schutzgebieten zeitlich und räumlich 'geklumpt' auftritt, wie etwa bei Modellflugplätzen mit Hochbetrieb an einzelnen Wochenenden.

Der Störeinfluss von Segelflugmodellen ohne Motor ist bedeutend geringer. Die Autoren haben in ihrer Literaturstudie die wichtigsten publizierten Hinweise zum Thema (motorisierte) Modellfliegerei zusammengefasst:

Modellflugzeuge verdienen besondere Beachtung, weil sie in ihrer Größe und Wendigkeit am nächsten an Greifvögel herankommen und damit am besten dem angeborenen Feindschema der Vögel entsprechen (Keil 1988). Die unkalkulierbaren Flugmanöver der Modelle (horizontal und vertikal), verbunden mit hohen Winkelgeschwindigkeiten, rufen eine besonders starke Reaktion hervor (Rossbach 1982). Dies ist besonders ausgeprägt bei motorisierten Modellen, die zudem eine gewisse Lärmbelastung mit sich bringen. Die Fluchtdistanzen verschiedener Vogelarten gegenüber motorisierten Modellen liegen im Bereich von 200 bis 400 m, maximal 600 m. Reduzierter Bruterfolg oder Abnahme der Anzahl Brutpaare, wie im Falle des Grossen Brachvogels in Süddeutschland, können die Vorstufe für das spätere Verschwinden einer Art sein (Opitz 1975, Boschert 1993, Boschert & Rupp 1993). Es kann angenommen werden, dass andere Wiesenbrüter gleichermaßen davon betroffen sind (Riederer 1976).

Auf wiesenbrütende Limikolen (Brachvogel, Uferschnepfe) hatten Kleinflugzeuge geringere Auswirkung als Modell- und Ultraleichtflugzeuge (Dietrich et al. 1989). Verglichen mit anderen anthropogenen Störungen können Luftfahrzeuge in gewissen Gebieten einen erheblichen Anteil am Störungsvolumen ausmachen.

Qualifizierung der Quelle: E



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Reports: aktueller Wirkfaktor   aktuelle Wirkfaktorengruppe   alle Wirkfaktoren
 

Qualifizierung der Quellen für Vogelarten

Averallgemeinerbarer, in der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art
Bin der Literatur dokumentierter Nachweis für diese spezielle Art, aber möglicherweise Ausnahmefall
Cin der Literatur dokumentierter Nachweis für verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe, der als übertragbar eingestuft wird
Din der Literatur dokumentierter Hinweis für diese spezielle Art oder verwandte Arten bzw. andere Arten dieser Artengruppe
Eeigene Einschätzung oder Aussage Dritter, ohne in der Literatur dokumentierten Nachweis/Hinweis (Experteneinschätzung)
Fkeine Literatur verfügbar / Auswertung bzw. Einschätzung mit aktuellem Bearbeitungsstand noch nicht erfolgt

Legende: Bearbeitungsstand zum Bereich "Beeinträchtigungen"

-bislang noch nicht bearbeitet
Iderzeit nur Einschätzungen zur Relevanz der Wirkfaktoren vorhanden
IIzudem Detaildaten zur Auswertekategorie "1. Empfindlichkeiten/Wirkungen" vorhanden
IIIzudem Detaildaten zu den weiteren Auswertekategorien "2. bis 5." vorhanden
ihre meinung

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