Auswahl: Wirkfaktoren


Wirkfaktorengruppe

Definition - Wirkfaktoren

6 Stoffliche Einwirkungen >> 6-5 Salz

Eintrag von Salzen, vor allem über den Boden- und Wasserpfad, die i. d. R. zu indirekten Schädigungen von Pflanzen oder Tieren bzw. zu Veränderungen der Standortbedingungen führen (können). Daneben sind auch direkte Schädigungen von Organismen möglich.

Vertiefende Ausführungen - Wirkfaktoren

6 Stoffliche Einwirkungen >> 6-5 Salz

Der Salzgehalt von Böden sowie der Eintrag von Salzen in terrestrische oder aquatische Ökosysteme können einen erheblichen Einfluss auf die dort siedelnde Flora und Fauna ausüben. Dies wird bereits aus den Gradienten der Besiedlung durch Arten bzw. Zönosen an natürlichen oder anthropogenen Salzstellen des Binnenlandes sowie der Küstenökosysteme und der ihnen zufließenden Fließgewässer deutlich (z. B. GÜRLICH 1999, BRÖRING 2001). Salzbeeinflusste Standorte haben dabei teilweise hochspezifische und unter naturschutzfachlichen Aspekten besonders wertvolle Artenspektren aufzuweisen; dies kann auch für anthropogene Standorte gelten (z. B. TRAUTNER 1993).

Nichtsdestoweniger können Salzeinträge über den Wasser- oder Luftpfad zu direkten Schädigungen von relevanten Pflanzen- oder Tierarten, oder aber zu indirekten negativen Effekten wie dem Verschwinden notwendiger Nahrungsressourcen oder der Veränderung wesentlicher struktureller Parameter in Lebensraumtypen führen. Je nach Stärke des Einflusses und der artbezogenen Empfindlichkeiten (Grad der Halotoleranz) kann es dabei auch zu einem vollständigen Wechsel der Zönose bzw. des Lebensraumtyps kommen.

Fragen des Salzeintrages wurden v. a. im Rahmen dessen negativer Auswirkung auf straßennahe und innerstädtische Gehölze als Folge des Winterdienstes behandelt (z. B. WENTZEL 1974, DIMITRI & BROD 1982, ZELLER 1984, GIESA & GUMPRECHT 1990). RASSMUS et al. (2003: 100) schreiben: "Streusalzimmissionen können [..] zu direkten Schädigungen von Organismen führen. Einträge von Salzen in den Boden bewirken dort zudem eine erhöhte Löslichkeit von Schwermetallen, so dass diese Stoffe pflanzenverfügbar werden oder ins Sickerwasser gelangen können (MOSHER et al. 1992)."

Speziell zu Auswirkungen von Auftausalzen auf Pflanzen führen WRESOWAR & SIEGHARDT (2000) aus: "Na und Cl werden von Pflanzen sowohl über unterirdische (Wurzelhaare, Mykorrhiza) als auch oberirdische Organe (vor allem Blätter oder Nadeln) aufgenommen. Die durch Tausalz verursachten Schäden äußern sich in Form von Chlorosen, Nekrosen, vorzeitigem Blattabwurf und Wachstumsrückgang. Sie sind nicht spezifisch - eine Analyse des pflanzlichen Gewebes ist erforderlich, um ein Ursachen-Wirkungs-Konzept zu erarbeiten. Salzschäden werden durch progressive Wurzelschädigung und Absterben der Ektomykorrhiza durch anhaltende Salzapplikation hervorgerufen; das Wurzelsystem ist nicht mehr in der Lage, den Baum ausreichend mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen (GUTTAY 1976)".

Untersuchungen zur Auswirkung auf die Fauna finden sich nur in geringem Umfang. Ein Beispiel bildet die bei GLITZNER et al. (1999) zitierte Arbeit von RÖSGEN et al. (1993). Jene Autoren "untersuchten die Wirkung zweier Streusalze auf Collembolengemeinschaften eines Wiesenbodens und konnten dabei eine Verschiebung in der Artenzusammensetzung feststellen: Während salztolerante Arten zunahmen, wurde bei salzempfindlichen Arten eine starke Abnahme der Abundanz beobachtet. Salztolerante Arten erreichten sehr hohe Abundanzen, die die Erniedrigung der Gesamtabundanz jedoch nicht ausgleichen konnten."

Mit Bezug auf die aquatische Fauna schreiben GLITZNER et al (1999): "In offenen Gewässern sind Schädigungen des Fischbestandes durch das mit dem Schmelzwasser eingebrachte Streusalz nicht wahrscheinlich, da eine Konzentration von 10g/l Salz auch bei längerer Einwirkung bei Fischen nicht toxisch wirkt. [...] Andererseits scheint es aber durchaus möglich, dass das ökologische Gleichgewicht von Fließgewässerbiozönosen angesichts viel niedrigerer Toleranzgrenzen für Invertebraten gestört werden kann. Für Forelle, Elritze und Stichling werden bei MADER (1981) zwar 10 g/l als Letalitätsgrenze angegeben, doch liegt diese Grenze für Süßwassermuscheln bei 0,5-3,0 und für Gammariden bei 2,3 g Salz/l. Im Besonderen besitzen Süßwassermollusken nur eine geringe osmoregulatorische Anpassungsfähigkeit und durch das Abwandern stenhaliner Arten kann es zur Verschiebung des Artengleichgewichtes kommen. Außerdem wurden bei einzelnen Tierarten Störungen wie Infertilität, Missbildungen oder verändertes Sozialverhalten auch bei viel niedrigeren Konzentrationen als den angegebenen Letalitätsgrenzen beobachtet (MADER 1981)."

Die Prognose möglicher Auswirkungen muss speziell auf die Standort- bzw. Habitatansprüche und Salztoleranzgrenzen der jeweiligen Lebensraumtypen, charakteristischen Arten bzw. direkt relevanten Arten nach FFH-RL u. VRL abgestellt werden.

Zur Beurteilung stofflicher Wirkungen auf Arten und Lebensraumtypen können sog. Beurteilungswerte herangezogen werden. Dabei kann mit abnehmender Eignung und Genauigkeit zwischen
1. lebensraumtyp- und artenspezifische Wirkungswerten,
2. kompartimentspezifischen Zielvorgaben und Qualitätsnormen und
3. Hintergrundwerten
unterschieden werden (vgl. insbesondere die Vollzugshilfe des LANDESUMWELTAMTES BRANDENBURG zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in FFH-Gebieten).

In der Studie des LUA wird als Beurteilungswert >100 mg/l für den Eintrag von Chlorid zur Prüfung der Erheblichkeit in den Wasserkörper aufgeführt (LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG 2008:Anhang 2E).

Relativ differenzierte gewässerspezifische Beurteilungswerte bzw. Qualitätsindikatoren sind auch in den Anhängen der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) genannt. Für die Parameter Sauerstoff, TOC, BSB5, Chlorid, Gesamtphosphor, Orthophosphat-Phosphor und Ammonium-Stickstoff werden dort in Anlage 6 Anforderungswerte für den sehr guten ökologischen Zustand und das höchste ökologische Potenzial formuliert.
In Anlage 5 finden sich Umweltqualitätsnormen für flussgebietsspezifische Schadstoffe zur Beurteilung des ökologischen Zustands und des ökologischen Potenzials.
In Anlage 7 werden Umweltqualitätsnormen zur Beurteilung des chemischen Zustands definiert.

Im Rahmenkonzept Monitoring des LAWA AO Teil B "Bewertungsgrundlagen und Methodenbeschreibungen" sind darüber hinaus zusätzlich Orientierungswerte für physikalisch-chemische Komponenten zur Charakterisierung des guten ökologischen Zustandes bzw. Potentials enthalten, die differenziert nach Gewässertypen eine spezifische Beurteilung ermöglichen.

HAYBACH & KÖNIG (2010) haben sich in einer Studie mit der Ableitung ökologisch begründeter Schwellenwerte des Chloridgehaltes und der Abschätzung des Einflusses der Gewässerstruktur auf das Makrozoobenthos in NRW beschäftigt.
ihre meinung

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dirk.bernotat@bfn.de